Recht und Steuern

A1 Nr. 119

A1 Nr. 119
§§ 1040 Abs.2, 1059 Abs. 2 ZPO - Schiedsabrede der Tochtergesellschaft; keine Bindung derMutter trotz Schuldbeitritt und Schiedsrichterernennung. Rechtzeitige Rüge derUnzuständigkeit: Schiedsgericht muß zur Klagebeantwortung auffordern.Rechtliches Gehör
Die Schiedsabrede in einem Kontrakt der Tochtergesellschaft bindet dieMuttergesellschaft nicht. Dies gilt auch, wenn die Mutter erklärt hat, denKontrakt erfüllen zu wollen, und wenn sie einen Schiedsrichter ernannt hat.
Nach § 1040 Abs. 2 ZPO ist die Rüge der Unzuständigkeit desSchiedsgerichts spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen. Das setztvoraus, daß das Schiedsgericht - und zwar in der Zusammensetzung, in der esentschieden hat - die Partei zur Beantwortung der Klage aufgefordert hatte.
Wenn die Partei zugleich mit der Ernennung des Obmanns von derernennenden Stelle informiert wird, daß die Höhe des Honorars mit diesem zuvereinbaren sei, darf sie erwarten, daß das Schiedsgericht vor einerHonorarvereinbarung keine abschließende Entscheidung trifft.
Anderenfalls ist das Gebot des rechtlichen Gehörs verletzt.
HanseatischesOberlandesgericht Beschl.v. 8. November 2001 - 6 Sch 4/01; RKS A 1 Nr. 119
Aus denGründen:
Der Schiedsspruchist aufzuheben, weil sowohl ein Fall von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a als auch von §1059 Abs. 2 Nr. 1 b vorliegt.
DieSchiedsabrede im Kontrakt vom 27.6.2000 ist nicht mit der Antragstelleringetroffen worden, sondern mit ihrer Tochtergesellschaft. Diese ist rechtlichselbständig. Damit konnte die Schiedsabrede nicht gleichzeitig die Ast. [dieMuttergesellschaft] binden.
Das Schreibender Ast. vom 5.9. enthält kein Einverständnis mit der Schiedsabrede. Es befaßtsich ausschließlich mit dem Vertrag und seiner Erfüllung. Die Ast.erklärt lediglich, sie werde den Vertrag erfüllen und prompte Zahlung perScheck leisten. Damit hat sie keinesfalls erklärt, daß sie inhaltlich und invollem Umfange in den Vertrag eintritt, ihn übernimmt. Ihre Erklärung bedeutetlediglich eine Bürgschaftserklärung oder einen Schuldbeitritt. DieSchiedsvereinbarung wirkt nur zwischen den Parteien und ihrenRechtsnachfolgern. Sie bindet nicht den Bürgen, Schuldübernehmer und Garanten,da ihre Schuld selbständig neben der Hauptschuld steht und ein eigenesrechtliches Schicksal hat (Zöller/Geimer ZPO 22. Aufl. § 1029 Rd-Nr. 60).
Nach § 1040Abs. 2 ZPO wäre die Ast. zwar gehalten gewesen, die Rüge der Unzuständigkeitdes Schiedsgerichts spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen. ZurKlagebeantwortung hätte das Schiedsgericht aber auffordern müssen. Indes hates, nachdem das Dreier-Schiedsgericht sich konstituiert hatte, niemals eineAufforderung an die Ast. gegeben, ihre Einwendungen vorzutragen. Der Hinweisihrer damaligen Verfahrensbevollmächtigten, man werde auf die Sacheunaufgefordert zurückkommen, entband das Schiedsgericht nicht von seinerVerpflichtung, bei der Ast. eine Klagebeantwortung anzufordern. Die Bestellungeines Schiedsrichters allein nimmt der Ast. nicht das Rügerecht, § 1040Abs. 2 S. 2 ZPO. Da die Ast. die Frist des § 1040 Abs. 2 S. 1 ZPO nichtunentschuldigt versäumt hat, sie vielmehr keine Gelegenheit hatte, eineKlagebeantwortung einzureichen, kann sie die Rüge auch noch im Aufhebungsverfahrengeltend machen (Zöller/Geimer, ZPO § 1040 Rd-Nr.12).
Weiter liegtein Aufhebungsgrund im Sinne von § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b ZPO vor. Die Ast. istwohl von der Einleitung des Schiedsgerichtsverfahrens unterrichtet worden, undes hat sich auch bei ihr der Schiedsrichter S. der Gegenseitegemeldet. Dieses damals bestehende Schiedsgericht setzte sich aber aus zweiPersonen zusammen. Entschieden hat indes ein Schiedsgericht bestehend aus dreiPersonen, nachdem die Handelskammer Hamburg am 22.11.2000 Herrn O. zum Obmann ernannthatte. Das nunmehr so gebildete Schiedsgericht hat sich ausweislich der Akteund den eingereichten Unterlagen nicht bei der Ast. gemeldet. Diese hatlediglich eine Kopie des Schreibens der Handelskammer Hamburg vom 22.11.2000erhalten. Es sind keine Aufforderungen dieses Schiedsgerichts an die Parteienergangen, zur Sach- und Rechtslage Stellung zu nehmen, auch hat keine mündlicheVerhandlung stattgefunden. Damit ist es der Ast. verwehrt worden, vor Erlaß desSchiedsspruchs sich zur Sache zu äußern. Darin liegt eine Verletzung desrechtlichen Gehörs.
DieHandelskammer Hamburg hatte zugleich mit der Ernennung des Obmanns den Hinweiserteilt, daß die Höhe des Honorars mit diesem zu vereinbaren sei. Einederartige Vereinbarung ist nicht getroffen worden. Die Ast. konnte abererwarten, daß das Schiedsgericht auf sie zukommt und keine abschließendeEntscheidung trifft, bevor nicht die Honorarfrage geklärt ist. Der Ast. istkeine Antragsschrift der Antragsgegnerin übersandt worden, auf die sie hätteerwidern können. Die Ast. ist auch von dem Schiedsgericht bestehend aus dendrei Personen nach dessen Zusammensetzung nicht über die weiteren Ermittlungenin Kenntnis gesetzt worden. Hier ist entschieden worden, ohne daß die Ast.vorher Gelegenheit zur Äußerung gehabt hat. Damit ist der Grundsatz desrechtlichen Gehörs verletzt worden.
Hinweis:Vereinbart war das Schiedsgericht der Hamburger freundschaftlichen Arbitrage.