Recht und Steuern

A1 Nr. 117

A 1 Nr. 117

§ 401 BGB, §§ 489 ff. HGB, §§ 1031, 1066 ZPO - Eintritt in eine Partenreederei mit Schiedsvereinbarung: verschiedene Möglichkeiten
1. Eine Schiedsvereinbarung kann auch durch den Beitritt zu einer Partenreederei zustandekommen, wenn der Beitrittsvertrag auf den Partenreedereivertrag , der die Schiedsklausel enthält, derart Bezug nimmt, daß die Klausel auch Bestandteil des Beitrittsvertrages wird.
2. Dies gilt nicht, wenn der Beitretende zwecks privater Vermögensanlage und nicht im Rahmen einer gewerblichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit handelt: in diesem Fall fordert die Verbraucherschutz-Formvorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO eine gesonderte schriftliche Schiedsvereinbarung.
3. Die gesonderte schriftliche Schiedsvereinbarung ist nicht erforderlich, wenn der Beitretende einen vorhandenen Geschäftsanteil an der Partenreederei (Schiffspart) von einem Rechtsvorgänger übernimmt; analog § 401 BGB gehen bei der Abtretung eines Rechts aus einem Vertrag auch die Rechte und Pflichten aus der in dem Hauptvertrag (Reedereivertrag) enthaltenen Schiedsklausel auf den Erwerber über, ohne daß dessen gesonderter formgültiger Beitritt zum Schiedsvertrag gemäß § 1031 ZPO erforderlich wäre. Ein Beitritt als neuer Gesellschafter ist aber keine solche Rechtsnachfolge.
4. Ein neu eintretender Gesellschafter ist analog § 1066 ZPO an eine in der Satzung der Gesellschaft enthaltene Schiedsklausel gebunden. Das wird damit begründet, daß die Satzung auf einem Willensakt der Gesellschaft beruhe und daß, sobald die Gesellschaft ins Leben getreten sei, die Satzung als die vom Wechsel der Mitglieder unabhängige, losgelöste Verfassung des Eigenlebens der Gesellschaft gelte.
Diese Konstruktion knüpft aber maßgebend an die körperschaftliche Struktur von Vereinen und Kapitalgesellschaften an und paßt nicht für eine personenrechtlich strukturierte Partenreederei.
5. Eine Schiedsklausel für „sämtliche Streitigkeiten über das Zustandekommen und den Inhalt dieses Vertrages zwischen den Mitreedern oder zwischen der Reederei und einzelnen Mitreedern” gilt nicht für Forderungen, die dem Mitreeder persönlich und nicht in seiner Eigenschaft als Mitglied der Partenreederei zustehen.
OLG Oldenburg Urteil vom 23.5.2001 - 1 U 9/01; Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht 2002, 931 = RKS A 1 Nr. 117
Aus den Gründen:
1. Eine Schiedsvereinbarung ist nicht nach § 1031 Abs. 3 ZPO n.F. dadurch zu Stande gekommen, daß der Kl. am 31.10.1998 die Beitrittserklärung zur Partenreederei MS „K” unterzeichnet hat, der Vertreter der Reederei diese Beitrittserklärung angenommen hat und in der Beitrittserklärung auf den Reedereivertrag vom 26.8.1995 verwiesen worden ist, der in § 19 eine Schiedsklausel enthielt. Die Regelung des § 1031 Abs. 3 ZPO n.F., die zum 1.1.1998 in Kraft getreten ist, ist im vorliegenden Fall zwar grundsätzlich anwendbar.
2. Eine schlichte Verweisung in der Beitrittserklärung auf die Geltung des ursprünglichen Gesellschaftsvertrages vom 26.8.1995 reichte jedoch für die Vereinbarung auch der Schiedsklausel nicht aus, weil §1031 Abs. 5 ZPO zur Anwendung kommt. Danach muß eine Schiedsvereinbarung, an der ein „Verbraucher” beteiligt ist, in einer von den Parteien eigenhändig unterzeichneten Urkunde enthalten sein. Durch diese Regelung soll verhindert werden, daß Parteien außerhalb ihrer gewerblichen und selbständigen beruflichen Tätigkeit durch Unterzeichnung umfangreicher Klauselwerke sich einer Schiedsgerichtsvereinbarung unterwerfen und sich damit ihres Rechtsschutzes durch den gesetzlichen Richter des staatlichen Gerichts begeben, ohne dies zu merken (Zöller/Geimer ZPO 22. Aufl. § 1031 Rd-Nr. 35), § 1031 Abs. 5 S. 3 ZPO definiert dabei den Verbraucher als natürliche Person, die bei dem Geschäft, das Gegenstand der Streitigkeit ist, zu einem Zweck handelt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.
Der Kl. hat die Beteiligung an der Partenreederei MS „K” zu Zwecken der privaten Vermögensanlage gezeichnet, nicht im Rahmen einer gewerblichen oder sonstigen selbständigen Tätigkeit. Die Beitrittserklärung des Kl. fiel damit unter den Anwendungsbereich des § 1031 Abs. 5 ZPO, und eine damit zusammmenhängende Schiedsgerichtsvereinbarung bedurfte danach der nach dieser Vorschrift vorgesehenen Form, d.h. einer gesonderten schriftlichen Schiedsgerichtsvereinbarung. Diese Form ist nicht eingehalten worden.
3. Der Kl. ist an die Schiedsklausel des im Prospekt abgedruckten Reedereivertrages vom 26.8.1995/20.6.1997 und an den dort ebenfalls abgedruckten gesonderten Schiedsvertrag vom 26.8.1995/20.6.1997 auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Einzelrechtsnachfolge infolge Erwerbs eines Gesellschaftsanteils von einem Gründungsreeder gebunden. Zwar gehen bei der Abtretung eines Rechts aus einem Vertrag oder bei einer sonstigen Rechtsübertragung regelmäßig auch die Rechte und Pflichten aus einer mit dem Hauptvertrag verbundenen Schiedsvereinbarung auf den Erwerber über, ohne daß es dazu eines gesonderten Beitritts des Erwerbers zum Schiedsvertrag in der Form des § 1027 Abs. 1 ZPO a.F. bzw. der §§ 1029, 1031 ZPO n.F. bedarf; die Schiedsvereinbarung soll vielmehr in solchen Fällen der Einzelrechtsnachfolge kraft Gesetzes analog § 401 BGB auf den Erwerber übergehen. Dies gilt nach der Rechtsprechung insbesondere auch bei einer Übertragung von Kommanditanteilen einer KG, auch einer Publikums-KG (BGH NJW 1998, 371 = RKS A 1 Nr. 91; Zöller/Geimer ZPO § 1029 Rd-Nrn. 61 f.; Musielak/Voit ZPO § 1029 Rd-Nr. 8) und muß konsequenterweise auch bei der Übertragung vorhandener Gesellschaftsanteile (Parten) einer Partenreederei durch einen bisherigen Gesellschafter an einen Erwerber gelten. Eine solche Übertragung eines vorhandenen Gesellschaftsanteils der Partenreederei von einem Rechtsvorgänger an den Kl. ist im vorliegenden Fall aber nicht erkennbar. Zwar hat der Kl. von der Möglichkeit des unmittelbaren Eintritts in die Partenreederei durch entsprechenden Vertrag zwischen dem Eintretenden und der Reederei (vertreten durch den Korrespondentreder bzw. dessen Vertreter) bei Zeichnung seiner Beitrittserklärung vom 31.10.1998 Gebrauch gemacht. Nach der in diesem Zeitpunkt vorhandenen Gestaltung des Reedereivertrages vom 20.6.1997 und nach dem Inhalt der Beitrittsvereinbarung hat der Kl. aber nicht einen vorhandenen Geschäftsanteil von einem Rechtsvorgänger in der Partenreederei übernommen, sondern er sollte nach der vorliegenden Beitrittsvereinbarung als neuer Gesellschafter in die Partenreederei MS „K” eintreten. Bei einem solchen Beitritt als neuer Gesellschafter können aber die für eine Anteilsübertragung geltenden Grundsätze, die an eine Einzelrechtsnachfolge anknüpfen, nicht angewandt werden, und es kann nicht von einer automatischen Übernahme einer im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag vorhandenen Schiedsklausel ausgegangen werden (ebenso im Ergebnis für den Beitritt als Kommanditist zu einer KG (BGH NJW 1980, 1049 = HSG A 1 Nr. 29).
4. Schließlich läßt sich eine Bindung des Kl. an die Schiedsklausel in § 19 des Reedereivertrages auch nicht daraus herleiten, daß der Kl. als neu eingetretener Gesellschafter an die vorhandenen gesellschaftsvertraglichen Regelungen und damit gem. § 1048 ZPO a.F. (§ 1066 ZPO n.F.) auch an die in § 19 enthaltene Schiedsklausel gebunden ist. Nach § 1048 ZPO a.F., der auf Grund der Übergangsvorschrift in Art. 4 § 1 I des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes vom 22.12.1997 für die Wirksamkeit von vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes (1.1.1998) getroffenen Schiedsregelungen heranzuziehen ist, gelten die Vorschriften über die Schiedsgerichtsbarkeit entsprechend, wenn die Geltung der Schiedsgerichtsbarkeit in gesetzlich statthafter Weise durch letztwillige oder andere nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügungen angeordnet worden worden ist. Nach der Rechtsprechung gilt dies insbesondere auch für Schiedsklauseln, die in Satzungen rechtsfähiger und nicht rechtsfähiger Vereine sowie Aktiengesellschaften enthalten sind, weil die Satzung auf einem Willensakt des Vereins und nicht auf einem Vertrag beruhe und daß, sobald der Verein ins Leben getreten sei, die Satzung als die von dem Wechsel seiner Mitglieder unabhängige, losgelöste Verfassung des Eigenlebens des Vereins gelte (RGZ 153, 267 [ 270 ] ; BGH NJW 1980, 1049 = HSG A 1 Nr. 29). Diese Argumentation, die maßgebend an die körperschaftliche Struktur von Vereinen und Kapitalgesellschaften anknüpft, paßt jedoch nicht auf Personengesellschaften, etwa auf eine KG, wie in der Rechtsprechung bereits entschieden worden ist (BGHZ 45, 282 [ 286 ] = HSG A 1 Nr. 3; BGH NJW 1980, 1049 = HSG A 1 Nr. 29; OLG Karlsruhe NJW-RR 1991, 493 = RKS A 1 Nr. 62; zustimmend Musielak/Voit ZPO § 1066 Rd-Nr. 7 m.w.N. auch zur Gegenauffassung; Baumbach/Lauterbach/Albers ZPO 59. Aufl. § 1066 Rd-Nr. 5; MüKoZPO/Maier § 1048 Rd-Nr. 7; Schütze BB 1992, 1877 [ 1879 ] ; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 6. Aufl. Kap. 32 Rd-Nr. 3; a.A. Ebbing NZG 1999, 754 [ 756 ] ; K. Schmidt DB 1989, 2351). Sie paßt auch nicht auf die personenrechtlich strukturierte Partenreederei, die eine Gesamthandsgemeinschaft besonderer Art darstellt und bei der sich die Rechtsverhältnisse ihrer Mitglieder nach dem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag beurteilen (vgl. § 490 HGB; Rabe Seehandelsrecht 4. Aufl. § 489 Rd-Nrn. 2, 6 f.). Wenn - wie hier - sich die vereinbarte Partenreederei mangels eines noch nicht erworbenen bzw. gebauten Schiffs noch im Stadium einer Baureederei befindet, handelt es sich um eine GbR mit reedereirechtlichem Einschlag (vgl. Rabe SeehandelsR 4. Aufl. § 509 HGB Rd-Nr. 3); auf eine GbR findet § 1048 ZPO a.F. (§ 1066 ZPO) jedenfalls keine Anwendung. Für einen Beitritt zu einer Publikums-KG hat der BGH entschieden, daß eine Schiedsklausel im ursprünglichen Gesellschaftsvertrag über § 1048 ZPO a.F. später beigetretene Kommanditisten nicht bindet. Dabei hat der BGH nicht verkannt, daß eine Publikums-KG in manchen Beziehungen nicht der typischen KG mit den im Vordergrund stehenden personenrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter entspricht, sondern mehr einer Kapitalgesellschaft ähnelt. Dennoch hat er § 1048 ZPO a.F. nicht für anwendbar gehalten, sondern - entsprechend der vertragsrechtlichen Struktur, wie sie bei einem Gesellschaftsvertrag auch einer Publikums-KG vorliegt - eine der Formvorschrift des § 1027 ZPO (a.F.) entsprechende Schiedsvereinbarung mit dem eintretenden Kommanditisten verlangt. Dabei hat der BGH zutreffend hervorgehoben, daß der Schutzzweck der Formvorschrift des § 1027 ZPO a.F. (§1031 ZPO n.F.) die Anwendung dieser Regelung auch auf beitretende Kommanditisten gebietet; bei der Publikums-KG sei jedenfalls nicht weniger, sondern eher mehr als bei anderen Kommanditgesellschaften damit zu rechnen, daß sich unter ihren Kommanditisten auch geschäftlich weniger erfahrene und daher in besonderem Maße schutzbedürftige Personen befinden. Diese Erwägungen gelten in vollem Umfang auch für eine Partenreederei bzw. Baureederei der hier vorliegenden Art, die der steuerlich begünstigten Kapitalanlage dienen sollte, für eine erhebliche Zahl von Anlegern bestimmt gewesen und als Publikumsgesellschaft organisiert worden ist. Nicht nur die personenrechtliche Struktur der Gesellschaft und die Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen innerhalb der Gesellschaft auf vertragsrechtlicher Grundlage sprechen für die Notwendigkeit einer wirksamen Vereinbarung der Zuständigkeit der Schiedsgerichte nach §§ 1029, 1031 ZPO (§1027 ZPO a.F.). Dies wird vor allem auch durch die Schutzbedürftigkeit der vielfach nicht oder zumindest nicht in diesem Bereich erfahrenen Kapitalanleger einer Partenreederei und den dargestellten Formzweck des § 1031 ZPO geboten. Es kann nach alledem nicht von einer auch gegenüber dem Kl. wirksamen Schiedsklausel ausgegangen werden.
5. Letztlich kann das offen bleiben. Unabhängig von der subjektiven Anwendbarkeit der hier vorliegenden Schiedsgerichtsvereinbarung kann diese nämlich auch nach ihrem Regelungsgegenstand und ihrer objektiven Reichweite im vorliegenden Fall nicht eingreifen. Nach § 19 des Reedereivertrages sollten die Schiedsgerichte zuständig sein für „sämtliche Streitigkeiten über das Zustandekommen und den Inhalt dieses Vertrages zwischen den Mitreedern oder zwischen der Reederei und einzelnen Mitreedern”. Der gesonderte Schiedsgerichtsvertrag vom 26.8.1995/20.6.1997 beschreibt den Anwendungsbereich der Schiedsregelung dahingehend, daß „Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit der Gültigkeit, Auslegung und Erfüllung des Partenreedereiverhältnisses bei der Partenreederei MS „K” erfaßt werden sollten. In dem Gesellschaftsvertrag sind danach eindeutig lediglich die Rechtsstreitigkeiten aus dem Reedereivertrag zwischen der Partenreederei und ihren Gesellschaftern und evtl. Rechtsstreitigkeiten zwischen den Gesellschaftern angesprochen. Hierüber geht auch die Regelung in dem gesonderten Schiedsgerichtsvertrag nicht hinaus. Auch bei einer weiten Auslegung des Anwendungsbereichs der Schiedsgerichtsvereinbarung könnte könnte diese sich jedenfalls nur auf Streitigkeiten beziehen, die sich aus der Gesellschafterstellung des Kl. als Partenreeder ergeben oder jedenfalls mit dieser Rechtsposition untrennbar verbunden sind. Wenn hingegen der Gesellschafter nicht Ansprüche gegen die Gesellschaft oder gesellschaftsrechtliche Ansprüche gegen seine Mitgesellschafter verfolgt, sondern Forderungen geltend macht, die ihm persönlich und nicht in seiner Eigenschaft als Mitglieder der Partenreederei zustehen, liegt dies außerhalb des Anwendungsbereichs einer gesellschaftsvertraglichen Schiedsklausel (BGH NJW-RR 1991, 423 [ 424 ] = RKS A 1 Nr. 63). Im vorliegenden Rechtsstreit geht es nicht um die Klärung der gesellschaftsrechtlichen Position des Kl. als Partenreeder bei der Partenreederei MS „K” und um Streitfragen, die sich aus den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen oder dem Reedereivertrag ergeben, sondern um Schadensersatzansprüche auf Grund Prospekthaftung, auf Grund Verletzung eines vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses und aus Deliktsrecht wegen angeblich vorliegender arglistiger Täuschung seitens der Prospektbeteiligten und sonstiger Personen, die bei der Werbung, der Emission und Durchführung der Kapitalanlage beteiligt waren. Dies sind Ansprüche, die ihre Grundlage nicht in dem Reedereivertrag haben und die sich nicht notwendigerweise stets gegen die Partenreederei oder einen Mitreeder richten müssen. So nimmt der Kl. hier auch Personen in Anspruch, die nicht Mitreeder sind. Dies verdeutlicht vollends, daß es nicht um eine gesellschaftsrechtliche Streitigkeit innerhalb der Partenreederei und/oder eine solche um Anwendung und Auslegung des Gesellschaftsvertrages geht, für welche die Schiedsklausel konzipiert wurde. Selbst bei Annahme einer nach § 1048 ZPO a.F. (§ 1066 ZPO n.F.) auch gegenüber dem Kl. wirksamen Schiedsklausel würde diese jedenfalls nur Streitigkeiten erfassen können, die ihre Grundlage im Mitgliedschaftsverhältnis der Partenreederei haben (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 6. Aufl. Kap. 32 Rd-Nr. 9). Für die Klage ist danach die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts nicht ausgeschlossen.