Recht und Steuern

A1 Nr. 106

A1 Nr. 106
§§ 1025 ff.,1059, 1062 ZPO Verbandsschiedsgericht. Begriffe „Schiedsabrede”, „Schiedsgericht”,„Schiedsspruch”
Regelungsinhalt und Hauptwirkung einer Schiedsvereinbarung liegen in demzeitlich unbegrenzten Ausschluß der staatlichen Gerichtsbarkeit. DieBezeichnung des verbandsinternen Entscheidungsgremiums als Schiedsgericht unddie allgemeine Verweisung in der Satzung und in der Verfahrensordnung aufVorschriften der ZPO, ohne daß die §§ 1025 ff. ZPO ausdrücklich Erwähnungfinden, reichen nicht aus, eine Schiedsvereinbarung i.S.d. §§ 1025 ff. ZPOanzunehmen.
Eine Satzungsbestimmung des Inhalts, daß nach Durchführung desverbandsinternen „Schiedsverfahrens” der ordentliche Rechtsweg beschrittenwerden kann, kann keine Schiedsabrede i.S.d. §§ 1025 ff. ZPO sein.
Eine darauf gestützte Entscheidung ist kein Schiedsspruch i.S.d. §§ 1025ff ZPO, auch wenn sie so bezeichnet ist. Gegen sie kann nicht Aufhebunggemäß § 1059 ZPO beantragt werden. Für die Frage der Wirksamkeit ist nicht dieZuständigkeit des OLG gemäß § 1062 ZPO gegeben, sondern der ordentlicheRechtsweg.
OLG KoblenzBeschluss vom 17.6.1999 - 2 Sch 2/99; NJW-RR 2000 S. 1365 = RKS A 1Nr. 106
Aus denGründen:
Gegen denSchiedsspruch eines Schiedsgerichts kann der Antrag auf gerichtliche Aufhebungnach § 1059 gestellt werden. Voraussetzung ist ein formell wirksamer Schieds­spruch(MünchKomm ZPO § 1059 Rand-Nr. 1). Anderenfalls ist für die Frage derWirksamkeit der Entscheidung des „Schiedsgerichts” nicht die Zuständigkeit desörtlichen OLG nach § 1062 ZPO gegeben, sondern der normale Rechtsweg.
Voraussetzungfür einen Schiedsspruch i.S.d. §§ 1025 ff ZPO wäre eine wirksameSchiedsvereinbarung der Parteien dahingehend, alle oder einzelneStreitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnisvertraglicher oder nicht vertraglicher Art entstanden sind oder künftigentstehen, der Entscheidung durch ein Schieds­gericht zu unterwerfen.Regelungsinhalt und Hauptwirkung einer solchen Schieds­verein­barung liegen indem Ausschluss der staatlichen Gerichts­barkeit bis auf das Eilverfahren, dasvorliegend in jedem Fall hätte beschritten werden können (MünchKomm ZPO § 1029Rand-Nrn 77, 78). Einen Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit sieht dieSatzung nicht vor. Die Bezeichnung des verbandsinternen Entscheidungsgremiumsals Schiedsgericht und die Verweisung in der Satzung (wegen der Kosten desVerfahrens) und in der Verfahrensordnung (ganz allgemein) auf Vorschriften derZPO, ohne dass die §§ 1025 ff. ZPO ausdrücklich Erwähnung finden, reichen nichtaus, eine Schiedsvereinbarung i.S.d. §§ 1025 ff ZPO anzunehmen. Satzung undVerfahrensordnung verfolgen vielmehr das legitime Interesse desVerbandes, Streitigkeiten zwischen seinen Mitgliedern zunächst selbst zuentscheiden. Dies wird deutlich durch die Errichtung des „Schiedsgerichts” unddie Bestimmungen, gemäß denen nach Durchführung des verbandsinternen„Schiedsverfahrens” der ordentliche Rechtsweg beschritten werden kann. Wirddamit nur zeitlich begrenzt der Rechtsweg vor dem staatlichen Gerichtausgeschlossen, kann die Satzung keine Schiedsabrede i.S.d. §§ 1025 ff ZPOsein, deren Hauptwirkung gerade in dem zeitlich unbegrenzten Ausschlussstaatlicher Gerichte liegt.