Recht und Steuern

A 1 Nr. 225

A 1 Nr. 225 §§ 1035 Abs 3.  ZPO – Schiedsrichterbenennung in formularmäßiger  Schiedsvereinbarung: Benennung unwirksam, Schiedsvereinbarung wirksam, Benennung durch das staatliche Gericht
Die namentliche Bestimmung eines Schiedsrichters in einer formularmäßigen Schiedsvereinbarung benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders unangemessen, weil der Partner hierdurch jeden Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts verliert.
Dies hat aber nicht die Unwirksamkeit  der Schiedsvereinbarung zur Folge. Die Schiedsrichterbestellung erfolgt in diesem Falle durch das staatliche Gericht.
OLG Frankfurt/M. Beschl.v. 11.7.2013 – 26 SchH 8/12 SchiedsVZ 2013, 294 = RKS A 1 Nr. 225
Aus dem Sachverhalt:
Die Antragstellerin schloss mit der Antragsgegnerin am 25.4.2008 einen formularmäßigen Kooperationsvertrag über eine künftige freiberufliche rechtsanwaltliche Zusammenarbeit.      § 16 des Vertrages lautet:
„Alle Rechtsstreitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag einschließlich dessen Gültigkeit ergeben, sollen unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch RA und Notar Dr. N., Frankfurt a.M., als Schiedsgericht im Sinne des zehnten Buches der deutschen Zivilprozessordnung endgültig entschieden werden (im folgenden: „Schiedsrichter“ oder „Schiedsgericht“). Ist Schiedsrichter Dr. N. verhindert, das Schiedsrichteramt auszuüben, so wird einvernehmlich Dr. X. oder alternativ Y. als (Ersatz-) Schiedsrichter vereinbart. Für das Schiedsverfahren gelten die nachfolgenden Bestimmungen und ergänzend die  §§ 1025 bis 1047 ZPO.“
Mit Schriftsatz vom 19.12.2012 reichte die ASt. bei Dr. N. eine Schiedsklage ein, mit der sie für 2009 weitere Vergütung verlangt. Nahezu zeitgleich, am 20.12.2012, beantragte die ASt. beim hiesigen OLG in der Hauptsache, für das eingeleitete Schiedsverfahren einen anderen Schiedsrichter zu bestellen; die im Kooperationsvertrag enthaltene Benennung sei unwirksam, weil sie auf einer einseitigen Bestimmung des Vertragspartners beruht, während ihr selbst jegliche Einflussmöglichkeit auf die Zusammensetzung des künftigen Schiedsgerichts verwehrt worden sei. Die Antragsgegner beantragen Zurückweisung der Anträge.
Aus den Gründen:
Die Zuständigkeitsrüge der AGg. greift nicht durch. Soweit sie meinen, allein das Schiedsgericht selbst sei zur Entscheidung über die hier gestellten Anträge berufen, verkennen sie, dass die Parteien gerade um die Bildung des Schiedsgerichts streiten und die dem staatlichen Gericht im Zusammenhang mit Störungen bei der Schiedsrichterbestellung gem. §§ 1034, 1035 ZPO obliegende Kontroll- bzw. Regulierungsfunktion nicht abbedungen werden kann (MüKo-Münch 3. Aufl. 2008, Rd-Nr. 5 zu § 1062 ZPO; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. 2005 Kap.9 Rd-Nr. 12f.und  Kap. 10 Rd-Nr. 28). Die Entscheidung über die hier maßgebliche Frage, ob die in dem Kooperationsvertrag enthaltene namentliche Schiedsrichterbenennung wirksam ist, ist danach dem staatlichen Gericht vorbehalten (vgl. Schwab/Walter aaO.).
Auch in der Sache selbst liegen die Voraussetzungen für eine Schiedsrichterbenennung durch das staatliche Gericht vor.
Dabei bestehen gegen die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung als solcher i.S.v. § 1029 ZPO keine durchgreifenden Bedenken, ohne dass es im Rahmen des Bestellungsverfahrens hierzu einer abschließenden Entscheidung bedarf; denn mit der Entscheidung über die Bestellung eines Schiedsrichters gem.§ 1062  Abs. 1 Nr. 1 ZPO wird nicht zugleich rechtskräftig über die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung entschieden (BGH NJW-RR 2010, 425 m.w.N.).     
Die danach allenfalls eingeschränkte Überprüfung der  Schiedsvereinbarung ergibt keine offenkundigen Mängel. Weder liegt eine offensichtliche Undurchführbarkeit des Schieds-verfahrens vor (hierzu Schwab/Walter aaO. Kap. 10 Rd-Nr. 24; MüKoMünch aaO. Rd-Nr. 48 zu § 1035 ZPO), noch bestehen Zweifel daran, dass der Gegenstand der Schiedsklage der Schiedsklausel unterfällt.
Die von den Parteien im Rahmen des Kooperationsvertrages abgeschlossene Schiedsklausel sieht für alle Streitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag einschließlich dessen Gültigkeit sowie der Gültigkeit des Schiedsvertrages ergeben, die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts unter Ausschluss des ordentlichen  Rechtsweges vor. Dies genügt dem notwendigen Inhalt einer Schiedsvereinbarung i.S.v. § 1029 ZPO; eine weitere Konkretisierung ist nicht erforderlich (Zöller/Geimer ZPO, 29. Aufl. 2012 Rd-Nr. 28 zu § 1029 ZPO).
Die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung lässt sich auch nicht darauf stützen, dass sie die in künftigen Schiedsverfahren tätigen Einzelschiedsrichter bereits namentlich benennt. Zwar ist auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung davon auszugehen, dass die namentliche Festlegung der Person des Schiedsrichters in einem – wie hier – formular-mäßigen Schiedsvertrag den Vertragspartner des AGB-Verwenders unangemessen benachteiligt, da er hierdurch praktisch jeden Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts verliert (BGH Beschl.v. 1.3.2007 Az. III ZR 164/06 = NJW-RR 2007, 1466ff. = RKS A 1 Nr. 153; vgl. auch Schwab/Walter aaO. Kap. 9, Rd-Nr. 10; Mankowski Anm. zu OLG Celle EWiR 2000, 411f.). Jedoch hat eine solche unzulässige Einschränkung des Ernennungsrechtes einer Partei nicht die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung zur Folge; vielmehr bleibt die Schiedsabrede als solche wirksam, während im Falle einer Beanstandung das staatliche Gericht durch die Bestellung unabhängiger und unparteiischer Schiedsrichter für eine ausgewogene Zusammensetzung des Schiedsgerichts zu sorgen hat (BGH aaO.).
Die ASt. kann ihr Begehren auf Benennung eines Schiedsrichters nicht auf § 1034 Abs. 2 ZPO stützen.
Dies ergibt sich auch nicht aus der BGH-Entscheidung vom 1.3.2007 III ZR 164/06 NJW-RR 2007,1466 = RKS A 1 Nr. 153; nach der dem dortigen Streitfall zugrundeliegenden Schiedsklausel war es der Partei, die Einwendungen gegen den namentlich benannten Schiedsrichter hatte, eröffnet, diese binnen 14 Tagen ab Kenntnis von der Eröffnung des Verfahrens der anderen Partei und dem Schiedsrichter mitzuteilen, anderenfalls sollten diese nach der Eröffnung des Verfahrens ausgeschlossen sein. Die dortige Schiedsvereinbarung sah somit selbst die Möglichkeit von Einwendungen noch nach Einleitung des Schiedsverfahrens vor, weshalb sich hieraus keine Rückschlüsse für die Frage ziehen lassen, ob allgemein in den Fällen, in denen die Identität der Schiedsrichter schon bei Abschluss der Schiedsvereinbarung  feststeht, die Frist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO generell erst mit Einleitung des Schiedsverfahrens beginnt.
Im vorliegenden Fall  ist der ASt. die Zusammensetzung des Schiedsgerichts bereits seit Abschluss des Kooperationsvertrages in Jahr 2008 bekannt, weshalb die Zweiwochenfrist des § 1034 Abs. 2 S. 2 ZPO durch den 2012 gestellten Antrag nicht gewahrt wurde. An der Rechtansicht, dass die Versäumung dieser Frist präkludierend wirkt (vgl. Schwab/Walter aaO. Kap.10 Rd-Nr. 13; MüKoMünch aaO. Rd-Nr. 12 zu § 1034 ZPO) hält der Senat fest, ohne dass sich im Streitfall hieraus Nachteile ergeben; denn ob die Schiedsrichterbestellung nach   § 1034 Abs. 2 oder § 1035 Abs. 3 ZPO erfolgt, ist für den Antragserfolg in der Hauptsache ohne Bedeutung.
Der Streitwert in dem Verfahren auf Bestellung eines Schiedsrichters entspricht einem Bruchteil des Hauptsachewerts des schiedsrichterlichen Verfahrens; hier 1/3 = 3.000 Euro (OLG Frankfurt/M  Beschl.v. 8.10.2003 Az.  1 SchH 1/03).                        
23.10.2013