RECHT UND STEUERN

A 1 Nr. 222

A 1 Nr. 222  § 311 b Abs. 1 S. 1 BGB, § 15 Abs. 4 GmbHG, §§ 1029, 1040 Abs. 3, § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO - Schiedsklausel mit "Endkompetenz-Kompetenz-Klausel". Formbedürftigkeit der Schiedsgerichtsordnung?
1. Enthält eine Schiedsklausel betreffend jede Streitigkeit, die aus oder im Zusammenhang mit einem Vertrag oder über dessen Wirksamkeit entsteht, den Zusatz "Das Schiedsgericht kann auch über die Gültigkeit dieser Schiedsvereinbarung bindend entscheiden", so ist diese Endkompetenz-Kompetenz-Klausel unwirksam. Die Wirksamkeit der Schiedsklausel im Übrigen bleibt unberührt.
2. Auch wenn die Schiedsvereinbarung als Teil eines einheitlichen, formbedürftigen Vertragswerks mit zu beurkunden ist, bedarf die maßgebliche Schiedsgerichtsordnung (hier die der DIS) regelmäßig nicht der Mitbeurkundung. Anders liegt der Fall aber dann, wenn die Schiedsabrede Teil eines einheitlichen nach § 15 GmbHG oder § 311 b BGB formbedürftigen Vertragswerks ist.
OLG München Beschl. v. 10.9.2013 – 34 Sch 10/13  RKS A 1 Nr. 222
Aus dem Sachverhalt:
Die Antragstellerinnen schlossen zu notarieller Urkunde vom 22.12.2010 mit den Antragsgegnerinnen einen Rahmenvertrag über den Verkauf und die Übertragung von Grundstücken und Gesellschaftsanteilen sowie als Anlagen hierzu u. a. entsprechende Einzelverträge. Der Rahmenvertrag (im Folgenden RV) enthält unter Nr. 16 folgende Regelungen:
   Schiedsgericht
16.1 Jede Streitigkeit, die aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder seinen Anlagen entsteht, einschließlich jeder Streitigkeit über die Wirksamkeit oder das Bestehen dieses Vertrags, mit Ausnahme derjenigen Streitigkeiten, die von Gesetzes wegen einem Schiedsgericht nicht zur Entscheidung zugewiesen werden können, wird entsprechend der Schiedsgerichtsordnung des Deutschen Instituts für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) endgültig entschieden, ohne dass die Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit besteht. Das Schiedsgericht kann auch über die Gültigkeit dieser Schiedsvereinbarung bindend entscheiden.
Aus den Gründen:
1. Die Schiedsklausel in Ziffer 16.1 RV ist nicht wegen ihres Inhalts unwirksam.
(1) Würde man Satz 2 der Klausel so auslegen, dass er einer Überprüfung der schiedsgerichtlichen Zwischenentscheidung durch das staatliche Gericht nicht entgegenstände, wäre die Klausel auch insoweit wirksam; sie könnte sich dann nicht auf die Wirksamkeit der Schiedsklausel insgesamt auswirken.
Die Bestimmung in § 16.1 Satz 2 RV ist jedoch unwirksam, ohne dass es dafür der Heranziehung der §§ 305 ff. BGB bedürfte. Der Senat interpretiert Nr. 16.1 Satz 2 RV nämlich so, dass die Regelung dem Schiedsgericht die Befugnis einräumen soll, in letzter Instanz über die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung zu entscheiden. Die Entscheidung des Schiedsgerichts soll dem Wortlaut zufolge und über § 1040 Abs. 1 Satz 1 BGB ersichtlich hinaus gehend bindend sein. Das bedeutet, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts über seine eigene Zuständigkeit sachlich nicht überprüft werden kann. Zwar ist die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung auch nach § 1040 ZPO bindend, sofern kein Antrag nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO gestellt wird. Wenn die Klausel aber nur dies ausdrücken sollte, wäre sie überflüssig. Die Möglichkeit, gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts eine Entscheidung des staatlichen Gerichts herbeizuführen (§ 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO), kann indessen nicht abbedungen werden (vgl. z.B. Zöller/Geimer ZPO 29. Aufl. § 1040 Rn. 1).
(2) Hingegen ist die Regelung in Nr. 16.1 Satz 1 RV - jedenfalls nach ihrem Inhalt - für sich genommen wirksam. Empfangsbedürftige Willenserklärungen (§ 133 BGB) sind nach den allgemeinen Regeln - von Ausnahmefällen abgesehen - so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (vgl. z. B. Palandt/Ellenberger BGB 72. Aufl. § 133 Rn. 9). Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut. Hiernach wird jede Streitigkeit entsprechend der DIS-SGO endgültig entschieden, ohne dass die Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit besteht. Die Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird also für die Entscheidung über Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem (Rahmen-)Vertrag und über dessen Wirksamkeit ausgeschlossen. Dies entspricht aber der Gesetzeslage. § 1029 Abs. 1 ZPO definiert die Schiedsvereinbarung als eine Vereinbarung, durch die Streitigkeiten der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden. Die Streitentscheidung muss - gerade unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte - einem Schiedsgericht zugewiesen werden (vgl. MüKo/Münch § 1029 Rn. 90 und 93; Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rn. 379), was zwar nicht ausschließt, durch ausdrückliche Vereinbarung den Parteien freizustellen, innerhalb bestimmter Fristen den Schiedsspruch nicht anzuerkennen und in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis doch den Weg zu den staatlichen Gerichten zu beschreiten. Dies ändert aber nichts am Grundsatz, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts endgültig - wie eben auch in Nr. 16.1 Satz 1 RV angesprochen - und die staatliche Gerichtsbarkeit ausgeschlossen sein muss. Nichts anderes kommt in der Klausel zum Ausdruck. Es darf nicht im Belieben der Parteien stehen, trotz und nach Entscheidung eines Schiedsgerichts doch den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten (vgl. Zöller/Geimer § 1029 Rn. 54). Die Endgültigkeit der schiedsgerichtlichen Entscheidung schließt es nicht aus, dass während und nach dem Schiedsverfahren bestimmte Aspekte durch das staatliche Gericht überprüft werden. In der Hauptsache muss die Entscheidung grundsätzlich endgültig sein. Dies kommt auch im Verbot der révision au fond zum Ausdruck. Der Schiedsspruch kann zwar gemäß § 1059 ZPO aufgehoben werden. Dies betrifft aber insbesondere die - nicht abdingbare - staatliche Überprüfung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts oder der Bestellung des Schiedsgerichts selbst oder eben des von den Parteien vereinbarten Verfahrens, schließlich die Schiedsfähigkeit und eventuelle Verstöße gegen den ordre public. Das bedeutet aber nicht, dass gegen das Ergebnis des Schiedsverfahrens die staatlichen Gerichte in Anspruch genommen werden könnten. Die Entscheidung des Rechtsstreits obliegt allein dem Schiedsgericht. Nichts anderes wird durch die Klausel ausgedrückt, mag auch ihr Zusatz ("ohne dass die Möglichkeit der Anrufung der ordentlichen Gerichtsbarkeit besteht") überflüssig (MüKo/Münch § 1029 Rn. 90; Schiedsgericht der IHK Kassel SchiedsVZ 2006, 167/168), jedoch ohne zusätzlichen Regelungsgehalt sein.
(3) Die Unwirksamkeit von Nr. 16.1 Satz 2 RV berührt die Wirksamkeit von Nr.16.1 RV im Übrigen nicht, ohne dass es darauf ankommt, ob die Klauseln als AGB der Gegenseite anzusehen wären.
aa) Bei der unwirksamen Endkompetenz-Kompetenz-Klausel handelt es sich nämlich um eine zusätzliche Schiedsabrede zu der Frage von Gültigkeit und Auslegung des Schiedsvertrags (vgl. BGHZ 162, 9/14; BGH NJW 1991, 2215 = RKS A 1 Nr. 65; BGH NJW-RR 1988, 1526 = RKS A 4 a Nr. 28; BGH NJW 1977, 1397 = RKS A 4 a Nr. 17). Damit war vor dem Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12.1997 (BGBl I S. 3224) eine klare Trennung verbunden. Falls die Schiedsvereinbarung die Kompetenz-Kompetenz dem Schiedsgericht zugesprochen hatte, konnte das staatliche Gericht nur die letztere Klausel überprüfen. Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung (BGHZ 162, 9) aber auch unter der Geltung des neuen Schiedsverfahrensrechts aufrecht erhalten. Zwar steht nunmehr dem Schiedsgericht die Kompetenz-Kompetenz nicht mehr zu. Dies ändert aber nichts daran, dass zwei gesonderte Schiedsvereinbarungen vorliegen, von denen freilich eine von vorne herein unwirksam ist. Dass die Parteien in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (aaO.) zugrunde liegenden Rechtsstreit möglicherweise in Unkenntnis des neuen Rechtes die Schiedsvereinbarung getroffen hatten, spielt dabei keine Rolle. Denn die Entscheidung versteht sich nicht als bloße Übergangslösung. Es ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb die Kompetenz-Kompetenz-Regelung nicht als eigenständiger Schiedsvertrag qualifiziert werden kann. Denn diese Klausel regelt, wer den Streit über die Zuständigkeit des staatlichen oder eines Schiedsgerichts zu entscheiden hat. In der erwähnten Entscheidung des Bundesgerichtshofs blieb auch nicht unberücksichtigt, dass die vorangegangene Rechtsprechung sich auf das alte Schiedsverfahrensrecht bezog. Gerade wegen der nun von vorn herein und in jedem Fall gegebenen Unwirksamkeit dient die Aufspaltung in zwei Schiedsklauseln der erwünschten Aufrechterhaltung der Schiedsvereinbarung im Übrigen. Letztlich ist auch dies ein Fall des § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO; § 139 ZPO gilt gerade nicht (vgl. Reichold in Thomas/Putzo ZPO 34. Aufl. § 1040 Rn. 1; Zöller/Geimer § 1029 Rn. 1; MüKo/Münch § 1040 Rn. 8). Der "favor validitatis" gilt auch im Verhältnis dieser beiden Schiedsklauseln. Eine Schiedsvereinbarung ist auch im Falle ihrer Unwirksamkeit eine solche. Auch wenn eine wirksame Kompetenz-Kompetenz-Absprache nicht getroffen werden kann (vgl. hierzu Habscheid KTS 1964, 146/153), ändert die Unwirksamkeit nichts an der Eigenschaft als Schiedsabrede.
Die Schiedsklausel in Ziffer 16.1 RV ist auch nicht in sich widersprüchlich und aus diesem Grund unwirksam. Nr. 16.1 Satz 2 RV stellt keine ad hoc-Schiedsklausel dar. Auch wenn man von zwei selbständigen Schiedsklauseln ausgeht, schließt dies nicht aus, dass die eine Schiedsklausel zur Auslegung der anderen herangezogen werden kann bzw. dass Nr. 16.1 Satz 2 RV auf Nr. 16.1 Satz 1 RV aufbaut. Denn Nr. 16.1 Satz 1 RV verweist zwar auf die DIS-SGO. Die in den beiden aufeinander folgenden Sätzen getroffenen Regelungen können aber nicht unabhängig voneinander gelesen werden. Nach dem objektiven Empfängerhorizont (§ 133 BGB) bezieht sich Nr. 16.1 Satz 2 RV auf Satz 1. Es ist die Rede von dem Schiedsgericht. Damit ist aber ersichtlich das gemäß Nr. 16.1 Satz 1 RV gebildete Schiedsgericht gemeint. Es ist weder die Rede von (irgend) einem Schiedsgericht noch von "einem anderen" Schiedsgericht. Dies entspricht auch dem mutmaßlichen Willen der Parteien, die ersichtlich nicht die beiden Fragen verschiedenen Schiedsgerichten zuweisen wollten.
Im Übrigen kommt es auf den inneren Widerspruch zwischen den Regelungen in Nr. 16.1 Satz 1 und Satz 2 RV schon deswegen nicht an, weil Nr. 16.1 Satz 2 RV aus den oben genannten Gründen unwirksam ist.
bb) Dasselbe gilt, wenn man mit den Antragstellerinnen von einer einheitlichen Schiedsklausel ausgeht. Anwendbar ist dann § 139 BGB. Denn es ist anzunehmen, dass die Schiedsvereinbarung auch getroffen worden wäre, wenn den Parteien die Unwirksamkeit der Regelung in Nr. 16.1 Satz 2 RV bekannt gewesen wäre. Zu Recht weisen die Antragstellerinnen darauf hin, dass Nr. 16.1 Satz 2 RV eine "extrem große Abweichung" von den üblichen Regelungen enthält. Eine größere Abweichung von den üblichen Regelungen als eine unwirksame Klausel ist nicht denkbar. Dass in Kompetenz-Kompetenz-Regelungen eine eigene, einer selbständigen Beurteilung zugängliche Klausel gesehen wird, spricht schon gegen die von den Antragstellerinnen unterstellte untrennbare Einheit. Es ist auch nicht vorstellbar, dass die Antragsgegnerinnen - oder ein sonstiger an einem derartigen Schiedsvertrag Beteiligter - für den Fall, dass das Schiedsgericht nicht bindend über seine eigene Zuständigkeit entscheiden und gegen diese Entscheidung das staatliche Gericht angerufen werden kann, auf die Zuweisung an das Schiedsgericht gänzlich verzichtet und statt dessen die Entscheidung durch ein staatliches Gericht getroffen wissen will. Die Gründe, die üblicherweise dazu führen, dass die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart wird, werden vom Wegfall dieser Klausel nicht berührt. Beiden Parteien steht die Anrufung des staatlichen Gerichts zu. Von den denkbaren Motiven, die Schiedsvereinbarung zu treffen, könnte allenfalls der Wunsch nach einer im Verhältnis zu staatlichen Prozessen vermeintlich kürzeren Verfahrensdauer unwesentlich beeinträchtigt werden, wobei (vgl. Lachmann Rn. 155 ff.) auch im Schiedsverfahren - ohne staatliche Eingriffe - Verzögerungen etwa bei der Konstitution des Schiedsgerichts denkbar sind. Aus dem Rahmenvertrag ergibt sich zudem, dass offenbar die Vertraulichkeit ein ganz wesentlicher Aspekt für die Schiedsabrede war (siehe Nr. 15 im selben Abschnitt VI. wie die unmittelbar anschließende Schiedsabrede in Nr. 16). Mag auch die Vertraulichkeit durch die fehlende Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts Einschränkungen erfahren, so ist doch nicht anzunehmen, die Parteien hätten, wenn sie dies gewusst hätten, ihre Streitigkeiten umfassend in der Öffentlichkeit  austragen wollen.
Aus demselben Grund bliebe dann, wenn man zum einen von einer einheitlichen Schiedsklausel ausginge, zum anderen Nr. 16.1 als AGB-Regelung ansähe, die Wirksamkeit von Nr. 16.1 Satz 1 RV nach § 306 Abs. 1 BGB erhalten. § 306 BGB gilt auch, wenn die Nichtigkeit nicht auf §§ 307 ff. BGB beruht, sondern auf § 134 BGB oder anderen Vorschriften (BGHZ 129, 297/306; vgl. Palandt/Grüneberg § 306 Rn. 5 m.w.N.).
cc) Nr. 16.1 Satz 1 RV stellt auch keine überraschende Klausel dar. Im Rechtsverkehr zwischen Unternehmen sind Schiedsvereinbarungen nicht schon als solche überraschend (Lachmann Rn. 429). Die gewählte Schiedsgerichtsordnung der DIS enthält auch keine überraschende - nämlich unübliche - Gestaltung des Schiedsverfahrens.
2. Die Klausel ist auch nicht wegen Formmangels (§ 125 Satz 1 BGB) nichtig. Die Mitbeurkundung der DIS-SGO war für den formwirksamen Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht erforderlich. Der Formzwang folgt weder aus § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB noch aus § 15 Abs. 4 GmbHG noch indirekt aus § 17 Abs. 1 BeurkG.
Grundsätzlich muss die Schiedsvereinbarung nicht notariell beurkundet werden. Die Form der Schiedsvereinbarung ist vielmehr in § 1031 ZPO abschließend geregelt. Hätten die Parteien also in einer separaten Urkunde eine Schiedsvereinbarung geschlossen, wäre diese - vorbehaltlich einer "erschwerenden" Formmodifikation durch die Parteien (MüKo/Münch § 1031 Rn. 29) -  nur an § 1031 ZPO zu messen gewesen. Die schiedsverfahrensrechtlichen Formvorschriften sind auch insoweit abschließend (vgl. etwa Lachmann Rn. 362).
Anders liegt der Fall aber dann, wenn die Schiedsabrede Teil eines einheitlichen nach § 15 GmbHG oder § 311b BGB formbedürftigen Vertragswerks ist. Sämtliche Vereinbarungen aus denen sich der schuldrechtliche Vertrag nach dem Willen der Beteiligten zusammensetzen soll, unterliegen dann dem Formzwang (Vollständigkeitsgrundsatz). Die Vereinbarungen sind nur dann vollständig beurkundet, wenn sie alles verlautbaren, was die Parteien als regelungsbedürftig angesehen haben (vgl. Staudinger/Schumacher BGB Neubearb. 2011 § 311b Rn. 154 und 155 m.w.N.); formbedürftig sind zunächst die rechtlich wesentlichen Vertragsbestandteile (essentialia negotii), nach einer Meinung aber auch Bestimmungen, von deren Wirksamkeit die Beteiligten der Bestand des Vertrages nicht abhängig gemacht haben (vgl. Staudinger/Schumacher § 311b Rn. 156 m.w.N.).
Die Parteien können jedoch formwirksam auch die Bestimmung von Leistung und Gegenleistung und sogar die Bezeichnung etwa des Erwerbers eines Grundstücks einem Beteiligten oder einem Dritten überlassen (vgl. Staudinger/Schumacher § 311b Rn. 168), gleichgültig ob das Bestimmungsrecht wesentliche oder nicht wesentliche Abreden betrifft. Das Bestimmungsrecht als solches muss zwar in der Urkunde selbst zum Ausdruck kommen. Die Überlassung des Bestimmungsrechts an einen Dritten kann aber gegebenenfalls durch Auslegung ermittelt werden. Wenn sogar hinsichtlich der essentialia die Bestimmung einem Dritten überlassen werden kann, spricht nichts dagegen, auch etwa im Rahmen einer mitbeurkundeten Schiedsvereinbarung die Bestimmung des Verfahrens einem Dritten zu überlassen. Nichts anderes bedeutet aber die Vereinbarung, dass sich das Verfahren nach der DIS-SGO richtet. Dieser Institution wird damit die Bestimmung des Verfahrens durch deren Schiedsgerichtsordnung in der jeweils gültigen Fassung übertragen. Eine Pflicht zu deren Beurkundung könnte sich allenfalls dann ergeben, wenn es den Parteien auf ganz bestimmte Verfahrensregelungen angekommen wäre und weder Schiedsklausel noch Hauptvertrag ohne diese Regelungen geschlossen worden wären. Denn bei den formbedürftigen Geschäften nach § 311b BGB und § 15 GmbHG erstreckt sich das Beurkundungserfordernis auf alle Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Parteien das schuldrechtliche Veräußerungsgeschäft zusammensetzt, auf nicht zum Grundstücksgeschäft gehörende Vereinbarung nur dann, wenn sie eine rechtliche Einheit mit diesem bilden sollen, wenn die Vereinbarungen nach dem Willen der Vertragsschließenden derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander "stehen und fallen" (vgl. etwa BGH NJW-RR 1989, 198). Hiervon ist hier aber schon deshalb nicht auszugehen, weil Schiedsvereinbarung und materiell-rechtlicher Vertrag getrennt zu beurteilen sind, Wirksamkeitsmängel nicht auf den jeweils anderen Vertrag durchschlagen sollen. Kommt es den Beteiligten darauf an, dass das betreffende institutionelle Schiedsgericht tätig wird und dass dieses dann seine jeweils gültige Verfahrensordnung anwendet, ist nur die Bestimmung der Zuständigkeit dieses Schiedsgerichts und die Anwendung der zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung für das Schiedsgericht geltenden Verfahrensordnung vom Beurkundungserfordernis erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien hiervon abweichend etwa gerade die zum Zeitpunkt der Beurkundung geltende DIS-SGO angewandt wissen wollten und nicht die zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung gültige, sind nicht ersichtlich. Der Inhalt des Schiedsverfahrensordnung ist somit dem Schiedsgericht als Drittem zur näheren Bestimmung (ähnlich § 317 BGB) anvertraut (vgl. DNotI-Report 2008, 188; im Ergebnis ebenso Lachmann Rn. 365).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der notariellen Belehrungspflicht nach § 17 Abs. 1 BeurkG. Aus der genannten verfahrensrechtlichen Bestimmung kann sich eine Beurkundungspflicht allenfalls mittelbar ergeben, da der Notar nur über das belehren kann, was ihm bekannt ist. Immer dann, wenn Regelungen der Bestimmung Dritter überlassen sind, kann der Notar allenfalls über die damit verbundenden Gefahren belehren. Gerade bei der Wahl einer Schiedsordnung einer anerkannten Schiedsorganisation wird sich der Umfang der Belehrungspflicht aber in Grenzen halten, wie denn dann eine Belehrungspflicht auch nur insoweit besteht, als eine Belehrung erforderlich ist, um den Willen der Beteiligten rechtswirksam, wahrheitsgemäß und vollständig niederzulegen (vgl. Lerch BeurkG 3. Aufl. § 17 Rn. 10 m.w.N.).
22.9.2013