RECHT UND STEUERN

A1 Nr. 217

A 1 Nr. 217 Art. II Abs. 2 UNÜ, Art. 21 UNCITRAL-Schiedsordnung, § 242 BGB -- Schiedsklausel in Investitionsschutzabkommen. - Missbräuchliche Berufung des Schiedsklägers auf das Fehlen einer Schiedsabrede - ordre public
Auf die in einem Investitionsschutzabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und einem anderen Staat enthaltene Schiedsklausel kann sich in der Regel auch ein Investor berufen, obwohl er nicht Vertragspartner ist.
Hat er dementsprechend eine Schiedsklage erhoben, muss das Schiedsgericht befugt sein zu entscheiden, ob die geltend gemachten Ansprüche in dem Schiedsverfahren geltend gemacht werden können, und – falls nicht -- den Antrag mit entsprechender Kostenfolge zurückzuweisen. Anderenfalls würde der Schiedsbeklagte seinen Kostenerstattungsanspruch nicht realisieren können.
Dem Schiedskläger ist es gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf das Fehlen einer Schiedsvereinbarung zu berufen; nach deutschem Recht muss hinzukommen, dass für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist.
Dass die Ansprüche nach Auffassung des Schiedsgerichts nicht dem Investitionsschutzabkommen unterfallen, führt nicht dazu, dass es an einer formgerechten Schiedsvereinbarung und damit an der Grundlage für die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs fehlt.
OLG Hamm Beschl.v. 13.7.2012 – I-25 Sch 3/11 SchiedsVZ 2013, 182 = RKS A 1 Nr. 217
Aus den Gründen:
Von dem Bestehen einer Schiedsvereinbarung gem. Art. II Abs. 1 UNÜ ist auszugehen. Diese liegt hier in Art. 9 und 10 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat X über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen. Der Antragsgegner ist nicht unmittelbarer Vertragspartner, kann sich aber, wenn er als Investor anzusehen ist, auf die Schiedsvereinbarung berufen, was er mit Erhebung der Schiedsklage getan hat.
Der Umstand, dass die seitens des AGg. im Wege der Schiedsklage geltend gemachten Schadensersatzansprüche zumindest nach Auffassung des Schiedsgerichts nicht dem Investitionsschutzabkommen unterfielen, führt nicht dazu, dass es an einer formgerechten Schiedsvereinbarung und damit an der Grundlage für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruches fehlt.
Der Sinn und Zweck der Regelung des Art. II Abs. 2 UNÜ ist darin zu sehen, die Vertragsbeteiligten davor zu schützen, sich voreilig einem Schiedsverfahren zu unterwerfen, das dann möglicherweise einer Verfahrensordnung unterliegt, die der Verfahrensbeteiligte nicht durchschaut.
Hier hat der AGg. aber selbst das Schiedsgericht angerufen und sich darauf berufen, dass das Investitionsschutzabkommen und die darin enthaltene Schiedsabrede für ihn einschlägig sind. Dann muss das Schiedsgericht auch die Möglichkeit haben, darüber zu entscheiden, ob die geltend gemachten Ansprüche in dem Schiedsverfahren geltend gemacht werden können, was Art. 21 der UNCITRAL-Schiedsordnung so vorsieht, und den Antrag mit einer ent-sprechenden Kostenfolge zurückweisen können. Der Antrag muss schließlich durch das Schiedsgericht ordnungsgemäß beschieden werden. Würde man dann die Vollstreckbarkeits-erklärung wegen des Fehlens einer Schiedsvereinbarung versagen, würde dies dazu führen, dass der Gegner des Schiedsverfahrens nie seinen Kostenerstattungsanspruch realisieren könnte. Das wäre in sich widersprüchlich.
Dem AGg. wäre es zumindest nach § 242 BGB verwehrt, sich auf das Fehlen einer Schiedsvereinbarung zu berufen.
Dem internationalen Schiedsverfahrensrecht ist der Grundsatz von Treu und Glauben zu eigen, und zwar auch in der hier allein in Betracht kommenden Gestalt des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens, wobei nach deutschem Recht hinzutreten muss, dass für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGH Beschl.v. 17.4.2008 – III ZB 97/06 Tz. 12 = NJW-RR 2008, 1083, 1084 = RKS A 4 a Nr. 105). Das ist hier der Fall. Der AGg. hat selbst das Schiedsgericht angerufen und dadurch zu erkennen gegeben, dass er die Schiedsabrede für sich in Anspruch nimmt. Er hat zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass der Schiedsspruch für ihn mangels einer ihn verpflichtenden Schiedsabrede nicht verbindlich ist.
Versagungsgründe nach Art. V UNÜ wurden von dem AGg. in der nach § 1063 Abs. 2 ZPO  notwendigen mündlichen Verhandlung nicht vorgebracht.
Ein Verstoß gegen den ordre public, was von Amts wegen zu prüfen ist (BGH NJW 2007, 772, 773 = RKS A 4 b 37) kann der Senat auf der Grundlage des unstreitigen Vorbringens nicht feststellen. Es geben sich keine Anhaltspunkte für einen Verstoß der Anerkennung und Vollstreckung gegen den ordre public national; denn es ist nicht ersichtlich, dass der Schiedsspruch im Zeitpunkt der Entscheidung durch das staatliche Gericht zu den Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens oder zu den deutschen Gerechtigkeits-vorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht (dazu Musielak/Voit § 1061 ZPO Rd-Nr. 23).
Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Kostenentscheidung so unangemessen ist, dass sie grundlegenden deutschen Rechtsprinzipien und Gerechtigkeitsvorstellungen widerspricht. Sie entsprach der von dem Schiedsgericht zugrundegelegten Schiedsordnung, die ihrerseits mit den grundlegenden deutschen Prinzipien des Kostenrechts in Einklang steht (wird ausgeführt).
2.8.2013