Recht und Steuern

A1 Nr. 81

A1 Nr. 81
§§ 1025, 1040, 62 ZPO, §§ 246 Abs. 3 S. 1 + 3, 248 Abs. 1 S. 1 AktG analog Anfechtung von GmbH-Gesellschafterbeschlüssen. Rechtliches Gehör auch für, Wirkung des Schiedsspruchs auch gegen nicht verfahrensbeteiligte Gesellschafter
Die Anfechtung eines GmbH-Gesellschafterbeschlusses ist „schiedsfähig”, wenn der Gesellschaftsvertrag eine Schiedsvereinbarung enthält und alle Gesellschafter die Schiedsvereinbarung abgeschlossen haben für alle Streitigkeiten, die sich aus dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern und zwischen den Gesellschaftern untereinander ergeben, einschließlich der Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen.
Dem steht nicht entgegen, dass die Frage, ob ein Beschluss gegen Gesetz oder Satzung verstößt, nicht – wie § 1025 Abs. 1 ZPO voraussetzt – in einem Vergleich geregelt werden könne. Entscheidend ist vielmehr, dass die Gesellschafter über das Schicksal des Beschlusses wirksam befinden können, dass sie über den Inhalt des Beschlusses und des Gesellschaftsvertrages bestimmen, ihn aufheben, abändern oder bindend in einer bestimmten Weise auslegen können.
Der Schiedsspruch hat die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils zwar ausdrücklich nur unter den Parteien; insoweit entspricht aber § 1040 der für die staatlichen Urteile getroffenen Regelung des § 325 Abs. 1 ZPO. Es sind keine grundsätzlichen Bedenken ersichtlich, die in § 248 Abs. 1 S. 1 AktG verordnete Drittwirkung als Ausnahme ebenso gegenüber § 1040 wie gegenüber § 325 Abs. 1 ZPO anzuwenden.
Das Schiedsgericht muss aber sicherstellen, dass seine Entscheidung über den Bestand des Gesellschafterbeschlusses ebenso wie die des an sich gemäß § 246 Abs. 3 S. 1 AktG ausschließlich zuständigen ordentlichen Gerichts einheitlich für und gegen alle – auch die nicht am Schiedsverfahren beteiligten – Gesellschafter, Geschäftsführer und ggf. Aufsichtsratsmitglieder wirkt (§ 248 Abs. 1 S. 1 AktG). Das bedeutet insbesondere:
– Das Schiedsgericht muss auch die nicht beteiligten Gesellschafter über das Verfahren informieren, ihnen rechtliches Gehör gewähren und sie zum Verfahren zulassen, anderenfalls droht die Aufhebung des Schiedsspruchs gemäß § 1041 ZPO.
– Mehrere Gesellschafter, die den Beschluss anfechten wollen, müssen sich als notwendige Streitgenossen (§ 62 ZPO 1. Alternative) auf einen gemeinsamen Schiedsrichter einigen.
– Ein später beitretender Streitgenosse muss das Schiedsgericht so, wie es bereits konstituiert ist, akzeptieren.
– Mehrere Anfechtungsprozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden (§ 246 Abs. 3 S. 3 AktG).
– Sind mehrere Anfechtungsprozesse vor verschiedenen Schiedsgerichten anhängig, so ist das zuerst einberufene ausschließlich zuständig.
OLG Karlsruhe Urteil vom 16.2.1995 – 19 U 169/94; RKS A 1 Nr. 81 = Der Betrieb 1995 S. 721
Hinweis: a.M. BGH 29.3.1996 – II ZR 124/95 RKS A 1 Nr. 84