Recht und Steuern

A1 Nr. 116

A1 Nr. 116
§§ 9, 24 AGBG,§ 343 HGB, § 1 Verbraucherkreditgesetz, § 1031 Abs. 5 ZPO - Vertrag zwecksVorbereitung der Gründung eines Unternehmens (hier: Franchise), Schiedsklausel
Gegenüber Kaufleuten sind Schiedsklauseln nach § 9 AGBG grundsätzlichunbedenklich. Dies gilt auch für die Schiedsklausel in einem Vertrag, der dieGründung eines Unternehmens erst vorbereiten soll. Wer einen solchen Vertragschließt, ist nicht Verbraucher i.S.d. Schutzvorschrift § 1031Abs. 5 ZPO, sondernbereits Unternehmer.
OLG OldenburgBeschl. v. 12.11.2001 - 9 SchH 12/01; NJW-RR 2002, 641 = RKS A1 Nr. 116
Aus denGründen:
DasSchiedsgericht ist zuständig. Der Antragsteller ist im Hinblick auf den Franchisevertragals Kaufmann bzw. als Unternehmer anzusehen, obgleich der Vertrag erst dazudiente, die unternehmerische Tätigkeit aufzunehmen. Daher ist dieSchiedsvereinbarung weder wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG noch gegen Art.III q der Richtlinie Nr. 93/13/EWG vom 5.4.1993 über mißbräuchliche Klauseln inVerbraucherverträgen (ABlEG v. 21.4.1993 Nr. 295 S. 29) unwirksam; denngegenüber Kaufleuten sind Schiedsklauseln nach § 9 AGBG grundsätzlichunbedenklich (Ulmer/Brandner/Hensen 9. Aufl. § 24 AGBG Rand-Nr. 20) bzw. greiftinsoweit die Verbraucherschutzrichtlinie nicht, weil sie sich anVerbraucher, nicht an Unternehmer richtet.
InRechtsprechung und Schrifttum wird zwar die Frage unterschiedlich beantwortet,ob derjenige, der einen Vertrag abschließt, vermittels dessen dieunternehmerische Tätigkeit erst begonnen werden soll, sich im Hinblick aufdiesen Vertrag und seine Vereinbarkeit mit dem AGB-Gesetz bereits als Kaufmannbzw. Unternehmer behandeln lassen muß oder nicht (bejahend: OLG Oldenburg NJW-RR1989, 1081; Ulmer/Brandner/Hensen § 24 AGBG Rand-Nr. 15; Basedow in MünchKomm,4. Aufl. § 24 AGBG Rand-Nr. 3; Erdmann BB 1992, 795 [796]; Ekkenga DieInhaltskontrolle von Franchiseverträgen 1990 S. 43f; verneinend OLGKoblenz NJW 1987, 74; Wolf/Horn/Lindacher 4. Aufl. § 24 AGBG Rand-Nr. 7;Soergel/Stein BGB 12. Aufl. § 24 AGBG Rand-Nr. 4; Erman/Werner BGB 10. Aufl. §24 AGBG Rand-Nr. 5).
DerVertragsschluß ist Ausdruck der Entscheidung, unternehmerisch tätig werden zu wollen.Derjenige, der einen solchen Vertrag schließt, gibt damit dem Rechtsverkehrgleichzeitig zu erkennen, daß er sich nunmehr dem Sonderrecht der Kaufleuteunterwerfen bzw. dieses für sich in Anspruch nehmen will. Es erscheint dahernur folgerichtig, den Betreffenden gleichsam beim Wort zu nehmen undseine Entscheidung dem Sonderrecht der Kaufleute zu unterstellen;dementsprechend ist es für das Handelsgesetzbuch auch anerkannt, daßVorbereitungs-geschäfte zur Gründung des Unternehmens bereits als Handelsgeschäfti.S.d. § 343 HGB anzusehen sind (Schlegelberger/Hefermehl 5. Aufl. § 343HGB Rand-Nrn. 17, 25 m.w.Nachw.). Es erschiene demgegenüber als künstlicheTrennung, wollte man zwischen dem eigentlichen Vertragsschluß und derFolgezeit differenzieren. Der Betreffende wäre für den Vertragsschluß alsVerbraucher und eine „juristische Sekunde” danach als Unternehmer bzw. Kaufmannanzusehen. Vernünftige Gründe lassen sich für eine solche Differenzierung nichtanführen. Soweit eingewandt wird, der Betreffende sei bei Vertragsschluß nochgeschäftlich unerfahren, verdiene daher den uneingeschränkten Schutz desAGB-Gesetzes, ist dem entgegenzuhalten, daß dies kaum tauglichesUnterscheidungsmerkmal sein kann; denn unmittelbar nach Abschluß desbetreffenden Vertrags untersteht der Betreffende unzweifelhaft dem strengenSonderrecht der Kaufleute, ohne daß erkennbar wäre, in welcher Weise derBetreffende in der „juristischen Sekunde” seit dem Vertragsschluß angeschäftlicher Erfahrung hätte gewinnen sollen. Es läßt sich im Gegenteilanführen, daß derartige Verträge, die wirtschaftlich konstituierend sind, fürden Betreffenden im Regelfall derart bedeutsam sind, daß er sie - andersals die später folgenden kaufmännischen Standardgeschäfte - eingehend bedenkenund prüfen wird. Aus § 1 Abs. 1 S. 2 Verbraucherkreditgesetz läßt sich auchnicht das allgemeine Prinzip herauslesen, alle unternehmerischenGründungsgeschäfte unterfielen dem Verbraucherschutz. Zwar nimmt § 1 Abs. 1 S.1 aaO. ausdrücklich nur Darlehen für bereits ausgeübte gewerbliche Tätigkeitaus dem Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes; dieseFormulierung geht darauf zurück, daß der Gesetzgeber Existenzgründungsdarlehenseinerzeit ausdrücklich diesem Gesetz unterstellen wollte (BT-Dr 1/8274S. 20 zu Art. 1 § 1). Es handelt sich dabei jedoch nicht um dieeinfachgesetzliche Ausprägung eines allgemeinen, dem europäischenVerbraucherschutzrecht immanenten Gedankens. Vielmehr hat der EuGH bereits 1997zum Begriff Verbraucher ausgeführt, daß der Verbraucherschutz nichtgerechtfertigt ist „bei Verträgen, deren Zweck in einer beruflichen odergewerblichen Tätigkeit besteht, auch wenn diese erst für die Zukunft vorgesehenist, da die Tatsache, daß es sich um eine erst künftig aufzunehmende Tätigkeithandelt, nichts an ihrer beruflichen oder gewerblichen Natur ändert (EuGH WM1997, 1549 [ 1551 ] = EWS 1997, 270 = JZ 1998, 896). Man wird also den Umstand,daß § 24 AGBG keine dem § 1 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG vergleichbare Einschränkungenthält, nach allgemeinen Auslegungsregeln so zu verstehen haben, daß einesolche Einschränkung gesetzgeberisch nicht gewollt ist.