Recht und Steuern

A 1 Nr. 211

A 1 Nr. 211 § 1032 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 ZPO – Prüfungskompetenz des (Schieds-)Gerichts(?): Rechtsschutzinteresse des Schiedsklägers, Vorliegen einer rechtskräftigen Vorentscheidung
Ob der Kläger ein Rechtsschutzinteresse an der Schiedsklage hat, ob ihr eine rechtskräftige Vorentscheidung entgegensteht, ob sie zulässig und begründet ist, hat ausschließlich das im zugrundeliegenden Vertrag vereinbarte Schiedsgericht zu entscheiden.
OLG Köln Beschl.v. 1.10.2011 – 19 SchH 7/11 SchiedsVZ 2012, 222 =RKS A1 Nr. 211
Aus dem Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist ein auf die Geltendmachung von urheberrechtlichen Vergütungsansprüchen für Vervielfältigungen von Audiowerken und audiovisuellen Werken gerichteter Zusammenschluss der deutschen Verwertungsgesellschaften. In dieser Funktion schloss sie mit dem Verband J., dieser für seine Mitglieder (Hersteller und Importeure von Bild- und Tonträgern) handelnd, am 10.3.1986 einen Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflichten, in dem die von den Mitgliedern des Verbandes zu zahlenden Vergütungen für näher bezeichnete Bild- und Tonträger geregelt wurden. § 13 des Gesamtvertrages enthält eine Schiedsvereinbarung.
Die Antragsgegnerin ist Mitglied des Verbandes, vertreibt die vorgenannten Bild- und Tonträger und meldete für das Jahr 2007 bestimmte Stückzahlen an . Die Antragstellerin bestreitet die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Angaben und beantragt, nach vergeblicher Aufforderung der Antragsgegnerin zur Benennung eines Schiedsrichters, für die letztere einen Schiedsrichter zu benennen. Die Antragsgegnerin widerspricht. Sie bestreitet das Rechtsschutzinteresse an dem Schiedsverfahren, dem überdies die Rechtskraft eines Schiedsspruchs vom 14.3.2008 entgegenstehe.
Aus den Gründen:
Der Antrag der Antragstellerin auf Bestellung eines weiteren Schiedsrichters ist formell und inhaltlich gerechtfertigt. Demgegenüber haben die Wideranträge der Antragsgegnerin festzustellen, dass das von der Antragstellerin eingeleitete Schiedsgerichtsverfahren  (derzeit) unzulässig ist, keinen Erfolg.
Prüfungsgegenstand eines Antrags nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist allein, ob eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht, diese durchführbar ist und der Gegenstand des Schiedsverfahrens dieser Schiedsvereinbarung unterfällt (OLG München 7.1.2009 – 34 SchH 14/08, 12.2.2008 – 34 SchH 6/07 RKS A1 Nr. 158; OLG Saarbrücken 29.5.2008 –4 SchH 2/08 zitiert nach juris).
Sofern sich die Antragsgegnerin darauf beruft, die Rechtskraft des Schiedsspruchs vom 14.3.2008 stehe der Zulässigkeit der von der Antragstellerin beabsichtigten Schiedsklage auf Einsicht in die Geschäftsbücher und sonstigen Unterlagen der Antragsgegnerin entgegen, führt dieser Einwand nicht zur Undurchführbarkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens.
Eine Schiedsvereinbarung ist undurchführbar, wenn auf Grund wirtschaftlicher oder rechtlicher Hinderungsgründe ein Schiedsverfahren nicht eingeleitet werden kann (BGH 14.9.2000 - III ZR 33/00  RKS A1 Nr. 107; KG 6.5.2002 – 23 Sch 1/02 RKS A 2 Nr. 30 und 13.8.2001 – 2 W 8057/99 RKS A 1 Nr. 124, juris; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 32. Aufl. § 1032 Rd-Nr. 3). Demgegenüber obliegt die Entscheidung, ob die (beabsichtigte) Schiedsklage zulässig und begründet ist, nicht dem staatlichen Gericht, sondern dem Schiedsgericht (OLG München 7.1.2009 – 34 SchH 14/08 Rd-Nr. 22; 25.4.2007 34 Sch/H 10/06 Rd-Nr. 25, juris); Münch in MünchKommZPO 3. Aufl.§ 1032 Rd-Nr. 25). Dabei zählt zu den ausschließlich vom Schiedsgericht zu überprüfenden Aspekten u.a. die Frage, ob ein Rechtsschutzinteresse des Schiedsklägers oder eine rechtskräftige Vorentscheidung vorliegt (Schlosser in Stein/Jonas/Schönke ZPO 22. Aufl. § 1032 Rd-Nr. 21). Dann kann aber mangels Prüfungskompetenz des Senats offen bleiben, ob die beabsichtigte Schiedsklage wegen entgegenstehender Rechtskraft des Schiedsspruchs vom 14.3.2008 unzulässig ist und/oder ob die Voraussetzungen für die im Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche gegeben sind.
Der Streitgegenstand der beabsichtigten Klage unterfällt der Schiedsklausel in § 13 Abs. 1  des Gesamtvertrags, da die Parteien über die Auslegung und Durchführung des Vertrags streiten.
Bestätigt: BGH 19.7.2012 - III ZB 66/11 RKS A 2 Nr. 64