Recht und Steuern

A 1 Nr. 208

A 1 Nr. 208 Saatgutbestellung und Anbauvereinbarung mit Klausel „Schiedsgericht des Käufers“. Ermittlung des zuständigen Schiedsgerichts
Ist in einer „Saatgutbestellung und Anbauvereinbarung“, die die eine Partei zum Kauf von Saatgut und zum Anbau von Getreide, die andere Partei zur Abnahme der Ernte verpflichtet, vereinbart: „Schiedsgericht des Käufers“, so ist das zuständige Schiedsgericht durch Auslegung zu ermitteln. Maßgeblich ist der wirtschaftliche Wert der beiderseitigen Abnahmeverpflichtungen.
OLG München Beschl.v. 29.3.2012 – 34 SchH 12/11 SchiedsVZ 2012, 159 = RKS A 1 Nr. 208
Aus dem Sachverhalt:
In einem als „Saatgutbestellung und Anbauvereinbarung“ bezeichneten Vertrag verpflichtete sich die Antragsgegnerin zur Lieferung von Saatgut, der Antragsteller zum Anbau von Dinkel und zur Lieferung der auf der Vertragsfläche von 12 ha erzeugten Ware an das Lager der Antragsgegnerin in G. Der Vertrag enthielt u.a. die Klausel:    
„Es gelten die Einheitsbedingungen im deutschen Getreidehandel sowie das Schiedsgericht des
Käufers“.  
Die Einheitsbedingungen enthalten in § 1 folgende Regelung:                                
§ 1 Schiedsgericht.
1. Alle Streitigkeiten, die aus den in der Einleitung genannten Geschäften sowie aus weiteren damit im Zusammenhang getroffenen  Vereinbarungen entstehen, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein bei eine deutschen Getreide- und Produktenbörse (Warenbörse bzw. Börsenverein) eingerichtetes Schiedsgericht entschieden.                
2…….  
3. Ist keine Vereinbarung getroffen, so gilt folgendes:                                                                                                
a) falls die Parteien derselben Getreide- und Produktenbörse angehören, ist das Schiedsgericht dieser Institution zuständig                                                                                                                                        
b) falls die Parteien mehreren Getreide- und Produktenbörsen angehören, hat der Verkäufer das Recht, das Schiedsgericht einer dieser Institutionen zu bestimmen;                                                                              
c) in allen übrigen Fällen steht dem Verkäufer das Recht der Bestimmung des Schiedsgerichts einer Getreide- und Produktenbörse zu.
Der Antragsteller lieferte die Ernte 2011 nicht.
Aus den Gründen:
Die Bezugnahme auf die Einheitsbedingungen im Deutschen Getreidehandel ist eindeutig. Auf die Schiedsvereinbarung wird noch einmal durch die Bestimmung „Schiedsgericht des Käufers“ hingewiesen. Fraglich ist allenfalls, welches Schiedsgericht gemeint ist. Denn nach dem Vertrag vom 28.7.2010 sollten beide Seiten Ware liefern und abnehmen. Im Vordergrund steht allerdings die Abnahme des angebauten und geernteten Dinkels durch die Antragsgegnerin. Dem Ernteertrag von 12 ha (16 bis 85 Doppelzentner) steht 2,05 Tonnen überlassenes Saatgut gegenüber. Der Vertrag ist deshalb dahin auszulegen (§§ 133, 157 BGB), dass „Käufer“ der Abnehmer der Ernte ist, nicht hingegen der Saatgutbezieher.