Recht und Steuern

A 1 Nr. 200

Art. 29 Abs. 1, Abs. 3 S. 2  EGBGB a.F., § 1027 Abs. 1 S. 1 ZPO a.F., § 1031 Abs. 5 ZPO – Schiedsabrede eines Verbrauchers i.V.m. Vertrag mit ausländischem Unternehmer und Wahl ausländischen Rechts: Verbraucherschutz durch Formzwang
Hat ein Verbraucher eine Schiedsabrede abgeschlossen in Verbindung mit einem Vertrag mit einem ausländischen Unternehmer und Wahl ausländischen Rechts, so gilt – obwohl die Schiedsabrede selbst kein Verbrauchervertrag ist -- analog Art. 29 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 EGBGB a.F. das Recht des Aufenthaltsorts des Verbrauchers; denn sonst wäre eine mit dem Verbraucherschutz unvereinbare formfreie Unterwerfung inländischer Verbraucher unter die Jurisdiktion ausländischer Schiedsgerichte möglich. Die allgemeinen, die Form betreffenden Kollisionsregeln des Art. 11 Abs. 1 – 3 EGBGB a.F. sind nicht anwendbar, und es gilt unabhängig von der Rechtswahl für die Form das Recht des Aufenthaltsorts des Verbrauchers (§ 1031 Abs. 5 ZPO).
BGH 22.3.2011 – XI ZR 197/08; MDR 2011, 1003 = RKS A 1 Nr. 200 
Aus den Gründen:
Der Senat hält an seiner Entscheidung (Beschl.v. 10.2.1998 – XI ZR 305/96 BGHR EGBGB 1986 Art. 29 – Schiedsklausel 1), deren Kernaussage auch für die Neufassung des § 1031  Abs. 5 ZPO weiterhin gilt (Ellenberger WM 1999 Sonderbeilage Nr. 2 S. 21), mit der Maßgabe fest, dass in Fällen wie dem vorliegenden Art. 29 EGBGB a.F. lediglich entsprechend anwendbar ist. Die Schiedsabrede selbst ist kein Verbrauchervertrag i.S.v. Art. 29 Abs. 1 EGBGB a.F., so dass eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschrift ausscheidet. Bezieht sich die Schiedsabrede aber auf Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag i.S.v. Art. 29 Abs. 1 EGBGB a.F., ist die analoge Anwendung der  Vorschrift geboten, weil sonst eine mit dem Verbraucherschutz nicht zu vereinbarende formfreie Unterwerfung inländischer Verbraucher unter die Jurisdiktion ausländischer Schiedsgerichte möglich wäre (insofern zutreffend Staudinger/Hausmann BGB 2002 Anh. II zu Art. 27-37 EGBGB Rz. 287).
Liegt danach eine Vereinbarung eines Verbrauchers vor, auf die sich die Schiedsabrede bezieht, so sind in entsprechender Anwendung von Art. 29 Abs. 3 S. 1 EGBGB a.F. die allgemeinen die Form betreffenden Kollisionsregeln des Art. 11 Abs. 1 bis 3 EGBGB a.F. nicht anwendbar und es gilt unabhängig von einer getroffenen Rechtswahl für die Form das Recht des Aufenthaltsorts des Verbrauchers, ohne dass ein Günstigkeitsvergleich stattfindet (Soergel/von Hoffmann BGB 12. Aufl. Art. 29 EGBGB Rz. 40; Martiny in MünchKomm BGB 4. Aufl. Art. 29 EGBGB Rz. 74; Remien in PWW/BGB 5. Aufl. ex Art. 29 EGBGB Rz. 24). Hierdurch wird nach dem Willen des Gesetzgebers dem Umstand Rechnung getragen, dass der Verbraucher meist nur mit den Formvorschriften seines Aufenthaltsstaates vertraut ist und darüber hinaus im Bereich des Verbraucherschutzes ein enger Zusammenhang zwischen der für ein Rechtsgeschäft vorgeschriebenen Form und den zwingenden materiell-rechtlichen Schutzvorschriften besteht, die den Verbraucher am Ort seines gewöhnlichen Aufenthalts  auch im Falle einer Rechtswahl schützen (BT-Drucks. 10/504, 80). Die Voraussetzungen der danach hier anwendbaren strengen – den Verbraucherschutz betonenden – Formvorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO sind nicht erfüllt. Die Schiedsabrede befindet sich nicht in einer separaten Urkunde und ist auch nicht eigenhändig von beiden Vertragsparteien unterzeichnet worden.
Siehe auch BGH 3.5.2011 –XI ZR 373/08 = RKS A 1 Nr. 199