Recht und Steuern

A 1 Nr. 196

§ 1031 Abs. 5 ZPO – Berufung eines Verbrauchers auf formunwirksame Schiedsabrede
Ist die mit einem Verbraucher abgeschlossene Schiedsvereinbarung unwirksam, weil sie nicht in einer besonderen, keine sonstigen Vereinbarungen enthaltenden Urkunde enthalten ist, so ist das ordentliche Gericht zuständig, auch wenn sich der vor diesem verklagte Verbraucher auf die vom Unternehmer vorformulierte Schiedsvereinbarung beruft.

BGH Urt.v.19.5.2011 – III ZR 16/11; Betriebs-Berater 2011, 1537 Volltext BB-Online BBL2011-1537-3 RKS A 1 Nr. 196

§ 7 des Ausbildungsvertrags genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 1031 Absatz 5 Satz 1 ZPO). Dies führt zur Unwirksamkeit der Schiedsklausel und damit dazu, dass die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig sind. Dem steht, nicht entgegen, dass die Schiedsabrede vom Kläger stammt und sich die Beklagte als Verbraucherin auf diese beruft.
§ 1031 Absatz 5 ZPO enthält eine Schutzvorschrift für Personen, die bei dem der Schiedsvereinbarung zugrunde liegenden Geschäft zu einem nicht gewerblichen Zweck handeln. Durch die gesetzliche Regelung soll dem betreffenden Personenkreis in der notwendigen Deutlichkeit vor Augen geführt werden, dass er auf die Entscheidung eines eventuellen Rechtsstreits durch die staatlichen Gerichte verzichtet.
Sind die Formerfordernisse des § ZPO § 1031 ZPO nicht erfüllt, ist die Schiedsvereinbarung „immer ungültig” (BT-Drucks. 13/5274, S. 36). Dabei kann dahinstehen, ob sich diese Rechtsfolge bereits unmittelbar aus § ZPO § 1031 Abs. ZPO § 1031 Absatz 5 ZPO ergibt (vgl. etwa MünchKommZPO/Münch, 3. Aufl. § 1031 Rn. 10) oder aus § ZPO § 1031 Abs. ZPO § 1031 Absatz 5 ZPO i.V.m. § BGB § 125 Satz 1 BGB folgt (vgl. etwa Musielak/Voit, ZPO, 8. Aufl., § 1031 Rn. 16). Der Gesetzgeber hat § ZPO § 1031 Abs. ZPO § 1031 Absatz 5 ZPO insoweit gerade nicht als eine Einrede des Verbrauchers ausgestaltet. Folgerichtig ist ein Verstoß gegen § ZPO § 1031 Abs. ZPO § 1031 Absatz 5 ZPO nach der ganz herrschenden Meinung von Amts wegen auch dann zu berücksichtigen, wenn sich der Verbraucher auf die Schiedsabrede und dessen Vertragspartner (Unternehmer) auf deren Unwirksamkeit beruft (vgl. nur OLG Hamm 28.3.2006 – 21 U 134/04 MDR 2006, 1165 f. = RKS A 1 Nr. 145). Diese Auffassung entspricht im Übrigen auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 1027 ZPO a.F. (Urt. v. 11. 1. 1962 – VII ZR 188/60, BGHZ 36, 273 [275ff]; 25.10.1962 – II ZR 188/61, BGHZ 38, 155 [164f]; ebenso OLG Koblenz 27.4.1996 – 5 U 1536/94, NJW-RR 1996, 970).
Zwar kann in besonders gelagerten Fällen § BGB § 242 BGB der Berücksichtigung einer Formnichtigkeit entgegenstehen. Gesetzliche Formvorschriften dürfen jedoch im Interesse der Rechtssicherheit nicht schon aus bloßen Billigkeitserwägungen außer Acht gelassen werden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn es nach den Beziehungen der Parteien und den gesamten Umständen mit Treu und Glauben unvereinbar wäre, die Vereinbarung am Formmangel scheitern zu lassen, weil ein solches Ergebnis für die betroffene Partei schlechthin untragbar ist (vgl. nur BGH, Urt. v. 24.4.1998 – V ZR 197/97, BGHZ 138, 339 [348] = MDR 1998, 958; 20.12.2001 – IX ZR 401/99, BGHZ 149, 326 [331] = MDR 2002, 540; 25.7.2007 – XII ZR 143/05, NJW 2007, 3202 Rz. 22f, jeweils m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen ersichtlich auch nicht vor. Denn durch die Nichtigkeit der Schiedsabrede verbleibt es lediglich bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit für die Entscheidung dieses Rechtsstreits. Soweit der Senat darüber hinaus die Berufung auf das Fehlen einer wirksamen Schiedsabrede ausnahmsweise als Verstoß gegen Treu und Glauben gewertet hat (vgl. Urt. v. 2.4.1987 – III ZR 76/86, NJW-RR 1987, 1194 = RKS A 4 a Nr. 26; Urt. v. 2.10.1997 – III ZR 2/96, MDR 1998, 59 [431 mit Anmerkung Terlau] = NJW 1998, 371), ging es um grundlegend andere Sachverhalte. Die unredlich handelnde Partei hatte sich dort zunächst auf die Zuständigkeit des Schiedsgerichts berufen und dadurch die Gegenseite zur Einleitung eines Schiedsverfahren veranlasst bzw. eine Abweisung der Klage im Verfahren vor den staatlichen Gerichten erreicht; anschließend machte sie vor dem Schiedsgericht beziehungsweise im späteren Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs die Unwirksamkeit der Schiedsabrede geltend. Hiermit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.