Recht und Steuern

A 1 Nr. 190

§ 37h WpHG – Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für (Schadensersatz-)Klagen deutscher Anleger gegen ausländische Broker. Kaufmannseigenschaft des deutschen Anlegers als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Schiedsabrede, Darlegungs- und Beweislast des beklagten Brokers
1. Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen oder Finanztermingeschäften sind nur verbindlich, wenn beide Vertragsteile Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Diese subjektive Beschränkung der Schiedsfähigkeit gem. § 37h WpHG gilt unabhängig davon, ob sie sich nach dem gem. Art. 7 Abs. 1 S. 1 EGBGB zu beurteilenden Personalstatut oder nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsort des Anlegers bestimmt, wenn beides beim klagenden Anleger zur Anwendung des deutschen Rechts führt.
2. Die Kaufmannseigenschaft des klagenden deutschen Anlegers ist zu verneinen, wenn der in der Einredesituation für das wirksame Zustandekommen der Schiedsvereinbarung darlegungs- und beweisbelastete beklagte ausländische Broker keine die Kaufmannseigenschaft des Anlegers begründenden Umstände i.S.d. §§ 1 ff. HGB dargelegt hat.
BGH Urt.v. 9. März 2010 – XI ZR 93/09; WM 2010, 749 = RKS A 1 Nr. 190
Aus dem Sachverhalt:
Die Klägerin, eine Deutsche mit Wohnsitz in Deutschland, verlangt von dem beklagten Broker im US-Bundesstaat N. Schadensersatz wegen Verlusten aus Termin- und Optionsgeschäften. Sie unterzeichnete am 17.11.2003 ein Formular des Brokers "Option Agreement and Approval Form", das in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine Schiedsklausel enthält. Das Berufungsgericht verwarf die Schiedseinrede des Brokers und gab der Klage statt.
Aus den Gründen:
1. Der Geltendmachung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung vor einem deutschen Gericht steht die durch die Beklagte erhobene Einrede des Schiedsvertrages nicht entgegen. Die in ihren AGB enthaltene Schiedsklausel ist nicht nach § 37h WpHG verbindlich. Danach sind Schiedsvereinbarungen über künftige Rechtsstreitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen oder Finanztermingeschäften nur verbindlich, wenn beide Vertragsteile Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht § 37h WpHG, der die subjektive Schiedsfähigkeit beschränkt (Assmann/Schneider/Sethe, WpHG, 5.Aufl., § 37h Rd-Nr.11; Fuchs/Jung WpHG, 1. Aufl., § 37h Rd-Nr. 1, 46; KK-WpHG/Hirte, 1. Aufl., § 37h Rd-Nr. 1; Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl., Rd-Nr.6761; Reithmann/Martiny/Mankowski, aaO. Rd-Nr. 2541; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 1029 Rd-Nr. 19, jeweils m.w.N.) und damit einen besonderen Ausschnitt der allgemeinen Geschäftsfähigkeit regelt (Fuchs/Jung, aaO. § 37h Rd-Nr. 46; Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Rd-Nr. 324 ff.; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 4.Aufl., Rd-Nr. 83),… vorliegend angewendet. Dabei kann dahinstehen, ob die subjektive Schiedsfähigkeit sich nach dem gem. Art. 7 Abs. 1 S. 1 EGBGB zu beurteilenden Personalstatut (so Berger, ZBB 2004, 77, 82; Czernich, New Yorker Schiedsübereinkommen, 1. Aufl., Art. II NYÜ Rd-Nr. 41, Art. V NYÜ Rd-Nr. 14; Fuchs/Jung, aaO., § 37h Rd-Nr.46; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Rd-Nr. 3815a f.; Huber, IPrax 2009, 134, 138; KK-WpHG/Hirte, aaO. § 37h Rd-Nr. 34; MünchKomm/Adolphsen, ZPO, 3. Aufl. § 1061 Anh. 1 UNÜ Art. II Rd-Nr. 30, Art. V Rd-Nr. 19; MünchKomm/Münch, ZPO aaO., § 1029 Rd-Nr. 41f., § 1059 Rd-Nr. 10; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anhang § 1061 Rd-Nr. 44, 79 mit Fn. 355; Weihe, Der Schutz der Verbraucher im Recht der Schiedsgerichtsbarkeit, S. 133f.; Zöller/Geimer, aaO.§ 1025 Rd-Nr. 15, § 1029 Rd-Nrn. 19, 23 jeweils m.w.N.) oder nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Anlegers (so Samtleben, ZBB 2003, 69, 77; Schwark/Zimmer, KMRK, 3.Aufl. § 37h WpHG Rd-Nr. 3,5; in der Tendenz auch Assmann/Schneider/Sethe, § 37h Rd-Nr. 12, 48 f.) bestimmt. Beides führt bei der Klägerin vorliegend zu deutschem Recht.
2. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht die Kaufmannseigenschaft der Klägerin verneint, weil die in der Einredesituation für das wirksame Zustandekommen der Schiedsvereinbarung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. MünchKomm/Münch, ZPO aaO., § 1032 Rd-Nr. 6; Stein/Jonas/Schlosser, aaO. § 1032 Rd-Nr. 17; jeweils m.w.N.) keine die Kaufmannseigenschaft der Klägerin begründenden Umstände i.S.d. §§ 1 ff. HGB dargelegt hat.
3. Das Berufungsgericht hat zu Recht eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen zumindest bedingt vorsätzlicher Beteiligung an einer durch den mit ihr zusammen arbeitenden Vermittler begangenen, ebenfalls zumindest bedingt vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§§ 830, 826 BGB) der Klägerin bejaht, indem dieser ihr von vornherein chancenlose Börsentermin- und Optionsgeschäfte vermittelte (wird ausgeführt).