RECHT UND STEUERN

A 5 Nr. 52

A 5 Nr. 52 Schiedsgutachter-Haftung  für offenbar unrichtiges Gutachten gegenüber beiden Parteien auch bei Vertragsabschluss mit nur einer Partei. Keine Haftungsbeschränkunggem. § 839 Abs. 2 BGB
Wird ein Schiedsgutachtenvertrag nur von einer Partei der Schiedsgutachtenabrede geschlossen, können wegen der Erstellung eines offenbar unrichtigen Gutachtens auch der anderen Partei unmittelbare (werk-)vertragliche Schadensersatzansprüche gegen den Schiedsgutachter zustehen.
Bei Abschluss des Schiedsgutachtenvertrages muss jedoch eindeutig offengelegt werden, dass das Gutachten für beide Seiten zu erstatten ist, der Gutachter also als neutraler Dritter und nicht nur als Privatgutachter seines Auftraggebers tätig wird.
Offenbare Unrichtigkeit ist mehr als Unrichtigkeit und anzunehmen, wenn sich einem sachkundigen und unbefangenen Beobachter, wenn auch erst nach eingehender Prüfung, sofort offensichtliche Fehler der Leistungsbestimmung aufdrängen, die das Gesamtergebnis verfälschen.
Gegenüber werkvertraglichen Schadensersatzansprüchen auf Grund eines offenbar unrichtigen Gutachtens kann sich ein Schiedsgutachter nicht wie ein Richter oder Schiedsrichter auf die Vergünstigung des § 839 Abs. 2 BGB berufen.
BGH Urt.v. 17.1.2013 – III ZR 10/12 NJW 2013, 1296 = RKS A 5 Nr. 52
Aus den Gründen:
Schiedsgutachten im engeren Sinne, auf die die §§ 317 ff. BGB entsprechende Anwendung finden, dienen vor allem dazu, den von den Parteien zwar objektiv bestimmten, aber nur mit einer gewissen Sachkunde feststellbaren Vertragsinhalt zu ermitteln. Es handelt sich um privatrechtlich vereinbarte Sachverständigengutachten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, die der Feststellung von Tatsachen dienen, z.B. der Feststellung des Wertes eines Autos. Dabei erkennen die Parteien die durch Gutachten zu treffende Bestimmung bis an die Grenze der offenbaren Unrichtigkeit als verbindlich an (BGHZ 43,374, [376] = NJW 1965, 1523; BGH NJW 1983, 1854 [1855]; BGH NJW 2008, 3641 Rd-Nr. 9; Palandt/Grüneberg BGB 72. Aufl.,§ 317 Rd-Nr. 6; Erman/Hager BGB, 13. Aufl.,  Rd-Nrn. 8 ff; Würdinger in MünchKomm BGB 6. Aufl. § 317 Rd-Nrn. 31; Staudinger/Rieble BGB Neubearb. 2009 § 317 Rd-Nr. 13).
Bei den vertragsgemäß  erstellten Bewertungsgutachten handelt es sich – in Vollzug der zwischen der B.Leasing-Gesellschaft (B.LG) und den Kfz.-Vertragshändlern getroffenen „Vereinbarung über Leasinggeschäfte“ mit der Kl. vom 30.9./2.10.2003 -- um Schiedsgutachten in engerem Sinne. Dieser Würdigung steht nicht entgegen, dass die Beauftragung der Bekl. – vertragsgemäß --  allein durch die B.LG erfolgte. Denn grundsätzlich kann auch einer der Vertragspartner der Schiedsgutachtenabrede allein den Schiedsgutachtervertrag mit dem Sachverständigen abschließen. Dabei muss jedoch eindeutig offengelegt werden, dass es sich um für beide Seiten zu erstattende Schiedsgutachten handelt, also der Gutachter als neutraler Dritter und nicht nur als Privatgutachter seines Auftraggebers tätig wird (BGH NJW-RR 1994, 1314 und NZG 2005, 394 = RKS A 5 Nr. 41).
Ein Schiedsgutachter verfehlt seinen Auftrag (nur) dann, wenn er  ein offenbar unrichtiges und damit entsprechend § 319 BGB unverbindliches Gutachten erstellt. Offenbar unrichtig ist das Gutachten erst, wenn es den Grundsatz von Treu und Glauben in grober Weise verletzt und sich seine Unrichtigkeit dem Blick eines sachkundigen und unbefangenen Beurteilers sofort aufdrängen muss (BGH 13.12.1967 III ZR 22/66 WM 1968, 307 = BeckRS 1967, 31174358; BGH NJW 2001, 3775, 3776 = RKS A 5 Nr. 37; BGH NJW-RR 2004, 760, 761; Würdinger in MünchKomm BGB § 319 Rd-Nr. 15).
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren die von dem Bekl. erstellten Fahrzeugbewertungen in dem hier maßgeblichen Zeitraum offenbar unrichtig, weil sie erheblich von den tatsächlichen Marktpreisen abgewichen sind.
19.8.2013