Recht und Steuern

A4b Nr. 41

A4b Nr. 41
§§ 1053, 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO, Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs wegen künftig fälliger Leistungen. Schiedsverfahren gegen GbR/Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut gegen Gesellschafter nach deren Verfahrensbeitritt. Kostenerstattungsanordnung des Schiedsgerichts
1. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs besteht auch hinsichtlich künftig fällig werdender Forderungen.
2. Wenn sich ein Schiedsverfahren zunächst nur gegen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts richtet, der Schiedsspruch aber deren Gesellschafter als Gesamtschuldner verpflichtet, verstößt dieser nicht gegen den ordre public, wenn inzwischen die Gesellschafter als solche dem Verfahren beigetreten sind. Dies kann auch konkludent erfolgen.
3. Eine zusammen mit dem Schiedsspruch ergangene Kostenerstattungsanordnung kann auf Antrag für vollstreckbar erklärt werden, wenn es sich um einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut handelt und die Anordnung mit diesem von den Parteien unterzeichnet wurde. Auch der Grundsatz, dass ein Schiedsrichter nicht in eigener Sache entscheiden darf, steht jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Parteien sich über den Streitwert und die Höhe des Schiedsrichterhonorars geeinigt und Vorschüsse darauf geleistet hatten.
4. Wenn die Kostenerstattungsanordnung keinen entsprechenden Vorbehalt enthält, hängt ihre Vollstreckbarerklärung nicht vom Eintritt einer bestimmten Bedingung z.B. der Ausstellung einer spezifizierten Rechnung mit Umsatzsteuerausweis oder vom Eintritt eines bestimmten Kalendertages ab.
5. Hat der Schuldner eine sofort fällige Teilschuld aus einem Schiedsspruch nicht erfüllt, kann der Gläubiger ohne Kostenrisiko sogleich die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Ganzen beantragen, auch weil nur die umfassende Vollstreckbarerklärung den Schiedsspruch vor der Geltendmachung von Aufhebungsgründen schützt.
OLG München Beschl.v. 8. März 2007 - 34 Sch 28/06; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2007, 165 = RKS A 4 b Nr. 41
Aus dem Sachverhalt:
An dem Schiedsverfahren waren die Antragsteller als Schiedskläger sowie die Antragsgegner als beklagte GbR beteiligt. In diesem Verfahren entschied das Schiedsgericht am 4.10.2006 in der Hauptsache durch Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, indem es die Antragsgegner als Gesamtschuldner und Gesellschafter der beklagten GbR zu am 31.12.2006 und am 30.6.2007 fälligen Zahlungen verpflichtete. Dem schließt sich in der Niederschrift des Schiedsspruchs unter der Überschrift "Streitwertfestsetzung und Kostenerstattung" folgende von dem Einzelschiedsrichter sowie den beiden Parteivertretern unterschriebene, mit Datums- und Ortsangabe versehene Regelung an:
"Der Streitwert beträgt Euro 50.000. Das Schiedsrichterhonorar beträgt Euro 6.727,50. Hiervon haben die beiden Kläger Herr A. Euro 3.450 und Frau B. Euro 1.725 sowie die Beklagten Euro 1.552,50 bezahlt. Gegenüber den Beklagten als Gesamtschuldner beträgt der Erstattungsanspruch von Herrn A. Euro 1.207,83 und der Erstattungsanspruch von Frau B. Euro 603,92. Im Übrigen trägt jede Partei ihre eigenen Kosten."
Unter Vorlage einer anwaltlich beglaubigten Ablichtung des Schiedsspruchs hat die Ast. unter dem 21.11.2006 dessen Vollstreckbarerklärung beantragt. Die Ast. haben die Zahlung der ersten Teilbeträge am 10.1.2007 bestätigt. Die Kostenerstattungsansprüche sind am 1.2.2007 befriedigt worden. Insoweit haben die Ast. das Vollstreckbarerklärungsverfahren für erledigt erklärt. Die Ag. haben der Hauptsacheerledigung widersprochen; vor Hauptsachefälligkeit sei ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung rechtsmissbräuchlich. Wegen der Kosten fehle es an einem vollstreckbaren Inhalt. Im Übrigen seien die Ag. davon ausgegangen, dass das Schiedsrichterhonorar der Umsatzsteuer unterliege und demzufolge ein Umsatzsteuerausweis geschuldet werde. Dass der Schiedsrichter wegen der Geringfügigkeitsgrenze die Steuer nicht zahle, bilde den Ausnahmefall; demzufolge hätten sie bis zu einer entsprechenden Erklärung zuwarten können. Auch der Rechtsgedanke des § 751 ZPO komme zum Tragen.
Aus den Gründen:
Dem Antrag ist stattzugeben. Soweit das Verfahren nicht für erledigt erklärt ist, ist die Vollstreckbarkeitserklärung auszusprechen, im Übrigen die Erledigung festzustellen.
Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung haben die Ast. durch die
Vorlage einer anwaltlich beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs erfüllt (§ 1064 Abs. 1 ZPO).
Zu 1. Ein Rechtsschutzbedürfnis der Ast. fehlt nicht deswegen, weil die derzeit noch ausstehenden Hauptsacheforderungen nicht aktuell, sondern erst in Zukunft zu befriedigen sind. Die Ast. haben Anspruch auf einen vollstreckungsfähigen Titel als wirksames Druckmittel gegen die Ag.; sie können nicht darauf verwiesen werden, erst abzuwarten, ob freiwillig bis 30.6.2007 erfüllt sein wird. Die für die Vollstreckung geltende Vorschrift des § 751 Abs. 1 ZPO greift schon deshalb nicht, weil das Vollstreckbarerklärungsverfahren kein Vollstreckungsverfahren, sondern ein besonderes Erkenntnisverfahren darstellt (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 26 Rd-Nr. 3, Kap 27 Rd-Nr. 1).
Zu 2. Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (§ 1053 Abs. 2 ZPO) ist im dargestellten Umfang für vollstreckbar zu erklären, weil Versagungs- oder Aufhebungsgründe i.S.v. § 1059 Abs. 2 ZPO weder vorgetragen noch ersichtlich sind.
Insbesondere liegt eine Verletzung des materiellen ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO) nicht vor. Auch wenn sich das Schiedsverfahren zunächst offenbar gegen die aus den drei Ag. als Gesellschaftern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts richtete, welche neben ihren Gesellschaftern eine eigene (Teil-)Rechts- und Parteifähigkeit besitzt (BGHZ 146, 341; siehe auch Senat vom 29.1.2007 - 34 Sch 023/06 - RKS A 4 a Nr. 94), der Schiedsspruch jedoch die Schiedsbeklagten als Gesamtschuldner verpflichtet, ist dies hier unbedenklich, weil offensichtlich zum Zweck eines Vergleichs, der dem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut zu Grunde liegt, ein Parteibeitritt stattfand. Das erschließt sich zudem aus der getroffenen Abgeltungsklausel und aus dem Umstand, dass die bisherigen Leistungen teils von der Gesellschaft, teils aber auch von einem der Gesellschafter erbracht worden sind.
Im Übrigen war der ursprüngliche Antrag insgesamt zulässig und begründet. Diesen haben die Ast. nach den erbrachten Teilzahlungen zulässig auf den noch offenen Rest beschränkt und die Hauptsache im Übrigen für erledigt erklärt.
Zu 3. Der Senat legt den getroffenen Kostenausgleich als vom materiellen Vergleich der Parteien mit umfasst und in den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut einbezogen aus (vgl. Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. § 1057 Rd-Nr. 7). Das ergibt sich daraus, dass die Parteivertreter die erstellte Urkunde mit unterzeichnet haben. Überdies folgt aus der von den Ast. vorgelegten Korrespondenz mit dem Schiedsrichter, dass Einigkeit über den Streitwert sowie das Schiedsrichterhonorar erzielt war. Insoweit werden die vom Senat in der Vefügung vom 29.11.2006 geäußerten Bedenken nicht mehr aufrechterhalten.
Ohne die eingetretene Erledigung durch Erfüllung der Forderung hätte der Senat auch die Kostenerstattungsanordnung des Schiedsgerichts zu Gunsten der Ast. für vollstreckbar erklärt. Zwar dürfen Schiedsrichter ihr Honorar nicht selbständig festsetzen, auch nicht mittelbar, weil dem das Verbot des Richters in eigener Sache entgegensteht (BGHZ 94, 92/95f.= RKS A 3 Nr. 12; BGH MDR 1977, 383; Zöller/Geimer § 1057 Rd-Nr. 4; vgl. auch Kröll SchiedsVZ 2006, 203/212; ausführlich Wolff SchiedsVZ 2006, 131). In dieser Hinsicht ist die getroffene Kostenausgleichung jedoch auf Grund des vom Schiedsrichter und den Parteien gewählten Vefahrens unbedenklich. Streitwerthöhe wie Honorar sind außer Streit. Zudem ist das Schiedsrichterhonorar durch die Vorschüsse vollständig abgedeckt (vgl. auch Musielak/Voit ZPO 5. Aufl. § 1057 Rd-Nr. 5, Wolff SchiedsVZ 2006, 131/141; ferner Senat vom 23.2.2007 34 Sch 031/06).
Zu 4. Auf Grund des Schiedsspruchs, der unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils entfaltet (§ 1055 ZPO), waren die Ag. verpflichtet, auch die Erstattungsansprüche der Ast. für die verauslagten Schiedsrichterkosten zu erfüllen. Diese Ansprüche hingen nicht vom Eintritt einer Bedingung, insbesondere nicht von der Ausstellung einer spezifizierten Rechnung (Palandt/Heinrichs BGB 66. Aufl. § 271 Rd-Nr. 7 m.w.N.) oder vom Eintritt eines bestimmten Kalendertages ab; sie waren sofort fällig. Zudem hatten die Ast. erfolglos gemahnt und eine Frist bis zur Begleichung bis 17.11.2006 gesetzt. Auch wenn nach dem Rechtsgedanken des § 788 ZPO dem Schuldner ein angemessener Zeitraum zur freiwilligen Erfüllung zur Verfügung stehen muss, in der Rechtsprechung wird gewöhnlich von 14 Tagen ausgegangen (Zöller/Stöber ZPO 26.Aufl. § 788 Rd-Nr. 9b; BGH NJW-RR 2003, 1581; LG Koblenz Rpfleger 2005,99) , war dieser Zeitraum bei Antragstellung am 22.1.2006 längst verstrichen.
Zu 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 100 Abs. 1 und 4 ZPO. Der Rechtsgedanke des § 93 ZPO kann zu Gunsten der Ag. nicht herangezogen werden. Dass diese Anlass zur Antragstellung gegeben haben, folgt insbesondere aus ihrem Verhalten im Zusammenhang mit dem Ausgleich der Schiedsverfahrenskosten.
Hat der Schuldner eine sofort fällige Teilschuld aus einem Schiedsspruch nicht erfüllt, kann der Gläubiger grundsätzlich ohne Kostenrisiko sogleich die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Ganzen auch hinsichtlich solcher Positionen beantragen, die unter einer Befristung stehen (vgl. Senat vom 7.9.2005 - 34 Sch 023/05). Ihm ist im Allgemeinen, so auch hier, nicht zuzumuten, seinen Antrag zunächst auf Teile des Schiedsspruchs zu beschränken und auf freiwillige Erfüllung der restlichen Forderungen zu hoffen. Hinzu kommt, dass nur die umfassende Vollstreckbarerklärung den Schiedsspruch vor der Geltendmachung von Aufhebungsgründen schützt (BGH WM 2006, 1121 = RKS A 4 a Nr. 82).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 1064 Abs. 2 ZPO und die Streitwertbemessung aus § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. §§ 3, 5 und 6 ZPO. Zu berücksichtigen sind auch die mit umfassten Kostenerstattungsbeträge.