Recht und Steuern

A4b Nr. 47

A 4 b Nr. 47
Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ, Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ – Schiedsspruch-Vollstreckbarerklärung: Versagung wegen Verletzung rechtlichen Gehörs, fehlerhafter Schiedsrichterbestellung und Beweiswürdigung, unterbliebener Ladung zur Verhandlung; Kausalität des Fehlers für die Entscheidung
Einem Schiedsspruch ist die Anerkennung nur zu versagen, wenn die Entscheidung des Schiedsgerichts auf dem gerügten Verfahrensfehler zumindest beruhen kann.
BGH Beschl.v. 15.1.2009 – III ZB 83/07; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2009, 126 = RKS A 4 b Nr.47
Aus dem Sachverhalt:
Die Rechtsbeschwerde macht Grundsätzlichkeit der Sache geltend. Die Antragsgegnerin sei weder von der Bestellung des Schiedsrichters – die nicht entsprechend der Vereinbarung der Parteien erfolgt sei – gehörig in Kenntnis gesetzt noch ordnungsgemäß zu der Schiedsverhandlung am 10.5.2006 geladen worden. Das habe nach Art. V Abs. 1 lit. b des Übereinkommens vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) und – wegen Verkürzung des rechtlichen Gehörs – zugleich nach Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ – die Versagung der Vollstreckbarkeit zur Folge. Die AGg. sei mit ihren Einwendungen gegen die Vollstreckbarerklärung nicht präkludiert. Zwar habe sie den Schiedsspruch der Camera Arbitrale del Piemonte vom 4.9.2006 nicht vor den italienischen Gerichten angegriffen. An der zu altem Schiedsverfahrensrecht (§ 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F.) ergangenen sog. Präklusionsrechtsprechung könne aber – soweit sie hier überhaupt einschlägig sei – nicht festgehalten werden.
Aus den Gründen:
Ein nach § 574 Abs. 2 ZPO zulässigkeitsbegründender Verfahrensfehler, insbesondere eine Gehörsverletzung, ist nicht gegeben; die – wohl grundsätzliche – Frage, ob die sog. Präklusionsrechtsprechung nach der Umgestaltung des (nationalen) Exequaturverfahrens für ausländische Schiedssprüche durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz fortgeführt werden kann, stellt sich nicht. Gem. Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ darf die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs versagt werden, wenn die Partei, gegen die er geltend gemacht wird, „den Beweis erbringt, dass [sie] – von der Bestellung des Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden ist oder dass sie aus einem anderen Grund ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht hat geltend machen können”. Die Vorschrift will die Beteiligung der Partei an der Bildung des Schiedsgerichts und einen gewissen Mindeststandard bezüglich des rechtlichen Gehörs sichern (Musielak/Voit ZPO 6. Aufl. 2008 § 1061 Rd-Nr. 15). Es handelt sich dabei nicht um einen absoluten Anerkennungsversagungsgrund. Dem Schiedsspruch ist die Anerkennung gem. Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ, Art. 103 Abs. 1 GG (i.V.m. Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ) vielmehr nur dann zu versagen, wenn der Verstoß kausal war. Ausreichend ist allerdings, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts auf dem Verstoß beruhen kann; entsprechendes gilt bei sonstigen Verfahrensfehlern (BGHZ 31, 43, 46 ff und Senatsurteil v. 18.1.1990 – III ZR 269/88 – NJW 1990, 2199, 2200 = RKS A 4 a Nr. 29, jeweils zum Gehörsverstoß; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 22. Aufl. 2002 Anhang § 1061 Rd-Nr. 82, zum Gehörsverstoß, und 121, zum Fehler bei Konstituierung des Schiedsgerichts; MünchKomm ZPO/ Adolphsen 3. Aufl. 2008 § 1061 Anh. 1 Art. V UNÜ Rd-Nr. 31; Musielak/Voit aaO. , zum Gehörsverstoß, und Rd-Nr. 17 a.E. zu anderen Verfahrensfehlern).
Es ist nicht ersichtlich, dass der Schiedsspruch auf den von der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Verfahrensfehlern, insbesondere auf einem Verstoß gegen den Gehörsgrundsatz, beruhen könnte.Die Rechtsbeschwerde vermag nicht Parteivortrag zu benennen, und es ist auch sonst nicht erkennbar, dass ein anderer Schiedrichter bestellt worden wäre, wenn der Vorsitzende der Camera Arbitrale das in der Schiedsordnung vorgesehene Verfahren zur Bestellung des Schiedsrichters eingehalten hätte.
Was die – unterbliebene – ordnungsmäßige Ladung zur Schiedsverhandlung anlangt, macht die Rechtsbeschwerde geltend, die AGg. hätte in der Schiedsverhandlung „zur Mangelhaftigkeit der Maschinen Beweismittel benannt”, so dass das Schiedsgericht sie nicht für beweisfällig habe halten dürfen. Dieses Vorbringen reicht für eine ordnungsmäßige Gehörsrüge im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht aus, zumal das OLG einen derartigen Verstoß nicht etwa unterstellt hat, sondern hinsichtlich der Mängelrüge unter eingehender Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Schiedsrichters zu dem Schluss gelangt ist, insoweit gehe es nicht um die Frage des rechtlichen Gehörs, sondern um die Richtigkeit der Tatsachenfeststellung und der Rechtsanwendung.