Recht und Steuern

A4b Nr. 42

A 4 b Nr. 42
§§ 1054 Abs. 3, 1056 Abs. 1, 1058 Abs. 3 ZPO - Aufhebung eines Schiedsspruchs trotz laufenden Ergänzungsverfahrens, Befugnis der Schiedsrichter zur Änderung bis zur Bendigung des Schiedsverfahrens durch den „endgültigen” Schiedsspruch. Rechtliches Gehör, Pflicht zur Erwägung des Parteivorbringens. Gefahr von Widersprüchen zwischen Teil- und Ergänzungsschiedspruch. Zurückverweisung an das Schiedsgericht nach Aufhebung des Schiedsspruchs
1. Die Aufhebung eines Schiedsspruchs ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass er das Schiedsverfahren noch nicht abschließt und ein Ergänzungsverfahren gem. § 1058 Abs. 1 Zi. 3 ZPO läuft, in dem das Schiedsgericht die gerügten Verfahrensfehler noch beheben könnte. Der Antragsteller hat ein berechtigtes Interesse, einen ihn belastenden, fehlerhaft zustandegekommenen Schiedsspruch schon vor Abschluss des u.U. langwierigen Ergänzungsverfahrens auf seine Wirksamkeit prüfen zu lassen.
2. „Erlassen” i.S.v. §§ 1054 Abs. 3 und „endgültig” i.S.v. 1056 Abs. 1 ZPO ist ein Schiedsspruch, wenn er von allen Schiedsrichtern unterschrieben und jeder Partei gem. § 1054 Abs. 4 ZPO übersandt wurde. Bis dahin können die Schiedsrichter ihren Schiedsspruch ändern.
3. Schiedsgerichte müssen rechtliches Gehör in wesentlich gleichem Umfang wie staatliche Gerichte gewähren. Sie müssen insbesondere das Parteivorbringen zur Kenntnis nehmen und erwägen, aber nicht jedes Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich bescheiden. Das Gehör ist nur verletzt, wenn sich aus den Gründen hinreichend deutlich ergibt, dass das Schiedsgericht das Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat.
4. Die Aufhebung des Schiedsspruchs wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs setzt voraus, dass ein ordnungsgemäßes Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte
die Verletzung sich demnach auf die Entscheidung des Schiedsgerichts ausgewirkt hat; dafür genügt es aber, wenn sie die unterlegene Partei benachteiligt haben kann.
5. Ein Teil-Schiedsspruch ist nur zulässig, wenn die Entscheidung über den darin vorweg entschiedenen Teil nicht davon abhängig ist, wie der Schluss- bzw. Ergänzungs-Schiedsspruch über den Rest des noch anhängigen Streitverfahrens entscheidet. Es darf nicht die Gefahr von Widersprüchen in den beiden Entscheidungen bestehen. Dies ist auch bei der Prüfung, ob ein Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs hinzunehmen ist, zu beachten.
6. Die Zurückverweisung des Schiedsverfahrens an das Schiedsgericht kommt in Betracht, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs auf einem behebbaren Verfahrensfehler beruht. Das entspricht dem Grundsatz, dass bei Aufhebung gem. § 1059 Abs. 5 ZPO die Schiedsvereinbarung wieder auflebt. Voraussetzung der Zurückverweisung ist, dass der Fehler nicht die Besorgnis der Befangenheit weckt.
OLG Düsseldorf Beschl.v. 14.8.2007 - I-4-Sch-02-06; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2008,156 = RKS A 4 b Nr. 42
Aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Schiedsspruchs über Rückversicherungsverträge. Die Antragstellerin, ein Rückversicherungsunternehmen, hatte mit der Antragsgegnerin Rück-/Rückversicherungsverträge abgeschlossen. Die Parteien streiten, ob die Verträge Deckung nur für Elementarschäden oder darüber hinaus für Nicht-Elementarschäden einschl. Terroranschläge gewähren und ob falls die Deckung auf Elementarschäden beschränkt ist die Antragstellerin die Verträge wegen Irrtums anfechten und Prämien in Höhe von ca. 25 Mio. US$ zurückfordern kann. In einem den Parteien am 11.5. übermittelten Schiedsspruch vom 9.5.2005 nur vom Schiedsrichter Dr. W mit dem Zusatz „Ausgefertigt im Auftrage des Schiedsgerichts” unterschrieben wurde die Klage abgewiesen. In diesem Schiedsspruch äußerte sich das Schiedsgericht nicht zu dem von der Antragstellerin zuvor hilfsweise erhobenen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Prämien. Ein von allen Schiedsrichtern unterschriebenes Original des Schiedsspruchs lag dem Schiedsrichter Dr. W. erstmals am 2.6.2005 vor. Die ASt. beantragte am 13.6.2005 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht sowie die Berichtigung, Auslegung und Ergänzung des Schiedsspruchs; der am 11.5.2005 übermittelte Schiedsspruch sei unwirksam. Das Schiedsgericht wies diese Anträge mit Beschluss vom 28.7.2005 zurück und übermittelte der ASt. am 29.7.2005 eine Ausfertigung des von allen Schiedsrichtern unterschriebenen, nach wie vor auf den 9.5.2005 datierten Schiedsspruchs, der dem am 11.5.2005 übermittelten Schiedsspruch inhaltsgleich war. Am 28.4.2005 beantragte die ASt. einen ergänzenden Schiedsspruch zu erlassen, da das Schiedsgericht über den Hilfsantrag auf Rückzahlung der Prämie nicht entschieden habe. Das Schiedsgericht hat das Verfahren zur Ergänzung des Schiedsspruchs eingeleitet und Beweis erhoben. Eine abschließende Entscheidung ist nicht ergangen.
Die Antragstellerin beantragt Aufhebung des Schiedsspruchs wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs: Das Schiedsgericht habe ihren detailliert begründeten Anspruch auf Rückzahlung der Prämien nicht zur Kenntnis genommen, entgegen dem vereinbarten deutschen Recht nach Billigkeit entschieden, sich willkürlich verhalten und Zweifel an seiner Unparteilichkeit geweckt.
Aus den Gründen:
Der Aufhebungsantrag hat Erfolg. Der Antrag ist zulässig. Das OLG Düsseldorf ist nach § 1062 Abs. 1 Nr. 4 zuständig; das Schiedsgericht hat in Düsseldorf seinen Sitz.
Der am 26.10.2005 eingegangene Aufhebungsantrag hält die Dreimonatsfrist des § 1059 Abs. 3 ZPO ein. Der von allen drei Schiedsrichtern unterzeichnete und auf den 9.5.2005 datierte Schiedsspruch ging der Antragstellerin nicht vor dem 29.7.2005 zu. Die ASt. ist der Ansicht, dass der Schiedsspruch durch diese Übersendung wirksam wurde. Hierauf ist bei der Prüfung der Zulässigkeit des Antrags abzustellen.
1. Die Aufhebung des Schiedsspruchs ist nicht allein auf Grund des Umstandes ausgeschlossen, dass derzeit ein abschließender Schiedsspruch noch nicht vorliegt, vielmehr vor dem Schiedsgericht ein Ergänzungsverfahren nach § 1058 Abs. 3 ZPO läuft und es damit denkbar erscheint, dass das Schiedsgericht das, was aus Sicht der ASt. zunächst verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt wurde, nunmehr berücksichtigen wird.
Denn die ASt. hat ein rechtlich anerkanntes Interesse daran, einen sie belastenden Schiedsspruch auf seine Wirksamkeit prüfen zu lassen. Daran wäre sie bei einem langwierigen Ergänzungsverfahren auf unabsehbare Zeit gehindert. Daher schließt ein Ergänzungsverfahren nach § 1058 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Aufhebung des erlassenen Schiedsspruchs dann nicht grundsätzlich aus, wenn das Ergänzungsverfahren wie hier die in § 1058 Abs. 3 ZPO genannte Zwei-Monats-Frist deutlich überschreitet. Denn dann gibt es den sich aus den beiden Fristen ergebenden Spielraum für die Entscheidung, ob die Aufhebung eines Schiedsspruchs beantragt wird, nicht mehr.
Der Aufhebungsantrag ist begründet. Der Schiedsspruch ist aufzuheben, weil die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO).
Gegenstand des Aufhebungsantrag ist der am 28.7.2005 übersandte Schiedsspruch. Die Prüfung der Frage, ob das von dem Schiedsgericht gewählte Verfahren dem ordre public und den Verfahrensvorschriften genügt, bezieht sich auf den Zeitraum bis zum 28.7.2005, dem Zeitpunkt, in dem den Parteien der von allen Schiedsrichtern unterzeichnete Schiedsspruch bekanntgegeben worden ist.
Der Aufhebungsantrag richtet sich gegen den am 28.7.2005 übersandten Schiedsspruch, der erst zu diesem Zeitpunkt als „erlassen” gilt. Denn entgegen der Ansicht der AGg. ist am 9.5.2005 noch kein wirksamer Schiedsspruch erlassen worden.
2. Ein Schiedsspruch wird nach § 1054 ZPO noch nicht durch die Übersendung einer beglaubigten Abschrift wirksam, wie dies am 9.5.2005 geschehen ist, als der Schiedsrichter Dr. W. eine nur von ihm unterschriebene Ausfertigung des Schiedsspruchs übersandte.
Ein Schiedsspruch i.S.d. § 1054 Abs. 4 ZPO liegt nur dann vor, wenn die übersandte Ausfertigung die Unterschriften aller Schiedsrichter trägt (Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. § 1054 Rd-Nr. 11).
Bis dahin ist das Schiedsgericht an den Inhalt eines geschriebenen Schiedsspruchs nicht gebunden und kann ihn jederzeit ändern, das Schiedsverfahren ist noch nicht beendet. Das gilt auch dann, wenn der nicht vorschriftsmäßig unterschriebene Schiedsspruch bereits bekannt geworden ist. Eine Abänderung der Erntscheidung des Schiedsgerichts ist möglich (so auch Zöller/Geimer § 1054 Rd-Nr. 7; Musielak/Voit ZPO § 1054 ZPO, Rd-Nr. 10). Das ist für das alte Schiedsverfahren einhellig anerkannt (vgl. schon RGZ 77, 315, 316 und BGH NJW-RR 1986, 61 = RKS A 3 Nr. 13 zur alten Rechtslage, nach der ein Schiedsspruch nur wirksam und bindend war, nachdem er zusätzlich bei Gericht hinterlegt worden war). Dies gilt aber auch für das derzeit geltende Schiedsverfahrensrecht. Danach hat ein Schiedsgericht die Möglichkeit, bis zur Bekanntgabe in der nach § 1054 vorgeschriebenen Form die getroffene Entscheidung zu ändern, wobei lediglich unterschiedliche Meinungen zu der Frage vertreten werden, ob das nach Unterschriftsleistung durch die Schiedsrichter einen einstimmigen Beschluss des Schiedsgerichts voraussetzt (so Musielak/Voit § 1054 ZPO Rd-Nr. 10) oder ob ein Mehrheitsbeschluss des Schiedsgerichts genügt. Einigkeit besteht jedenfalls darin, dass der Schiedsspruch bis zur förmlichen Bekanntgabe nach außen noch nicht wirkt und das Schiedsgericht die Möglichkeit hat, die beabsichtigte und beratene Entscheidung zu ändern. Dem schließt der Senat sich an.
3. Bei Erlass seines Schiedsspruchs hat das Schiedsgericht schwerwiegend gegen den ordre public in Form der Verletzung des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen.
Eine schwerwiegende Verletzung von Verfahrensgrundsätzen, die zur Aufhebung eines Schiedsspruchs führen kann, ist dann anzunehmen, wenn die Entscheidung auf einem Verfahren beruht, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem Maß abweicht, dass es nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten und in rechtsstaatlicher Weise ergangenen Verfahren angesehen werden kann verfahrensrechtlicher ordre public. Offensichtlich ist die Unvereinbarkeit, wenn sie eklatant, unzweifelhaft ist und sozusagen auf der Hand liegt. Eine „révision au fond” findet dabei nicht statt, d.h. die sachliche Unrichtigkeit des Schiedsspruchs ist kein Aufhebungsgrund (Zöller/Geimer § 1059 Rd-Nrn. 47 und 74); etwaige Fehlentscheidungen des Schiedsgerichts sind hinzunehmen (OLG München Beschl.v. 24.9.2006 34 Sch 12/06 OLGR München 2006, 906).
Die Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG, § 1042 Abs. 1 S. 2 ZPO), eines elementaren Verfahrensgrundrechts, gehört zum unverzichtbaren Standard eines rechtsstaatlichen Verfahrens und ist damit Teil des ordre public, der bei der Prüfung eines Schiedsspruchs auch von Amts wegen zu beachten ist (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO; BGH NJW 1992, 2299 = RKS A 4 a Nr. 33; NJW-RR 1993, 444 = RKS A 4 a Nr. 34; BayObLG NJW -RR 2000, 807, 808 = RKS A 4 b Nr. 22).
Die Verletzung des rechtlichen Gehörs führt, sofern der Schiedsspruch hierauf beruht, zu dessen Aufhebung.
Es ist anerkannt, dass Schiedsgerichte rechtliches Gehör in wesentlich gleichem Umfang wie staatliche Gerichte zu gewähren haben, wobei dieser Grundsatz sich nicht darin erschöpft, den Parteien ausreichend Gelegenheit zum Sachvortrag zu geben. Vielmehr muss das Schiedsgericht das jeweilige Vorbringen auch zur Kenntnis nehmen und es in Erwägung ziehen (BGH NJW-RR 1993, 444 = RKS A 4 a Nr. 34). Allerdings ist das Schiedsgericht nicht gehalten, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Eine Verletzung des Gehörsanspruchs liegt nur dann vor, wenn sich aus der vorliegenden Begründung mit hinreichender Deutlichkeit der Schluss aufdrängt, dass das Schiedsgericht den Sachvortrag tatsächlich überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat (BGH NJW 1992, 2299 = RKS A 4 a Nr. 33; OLG Frankfurt Beschl.v. 24.11.2005, 26 Sch 13/05 SchiedsVZ 2006, 220 = RKS A 2 Nr. 41).
4. Eine Aufhebung des Schiedsspruchs setzt weitergehend voraus, dass ein ordnungsmäßiges Verfahren zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, die Verletzung des Grundrechts des rechtlichen Gehörs sich demnach auf die Entscheidung des Schiedsgerichts ausgewirkt hat (OLGR Celle 2004, 396), wofür es aber genügt, wenn die Versagung des rechtlichen Gehörs die unterlegene Partei benachteiligt haben kann (BGH NJW 1952, 27), der Schiedsspruch muss nicht sicher auf diesem Verstoß beruhen (BGH NJW 1959, 2213, 2214; NJW 1990, 2199, 2200 = RKS A 4 a Nr. 29; NJW-RR 1993, 444 = RKS A 4 a Nr. 34). Beide Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.
Das Schiedsgericht hat den Vortrag der ASt. im Schriftsatz vom 13.6.2005 weder zur Auslegung des Vertrages noch zur Beweiswürdigung noch zu dem hilfsweise gestellten Antrag, die AGg. zur Rückzahlung der gezahlten Prämien zu verurteilen, bei seiner am 28.7.2005 übersandten Entscheidung berücksichtigt, sondern in dieser als verfahrensabschließend gedachten Entscheidung ignoriert.
Es hat im Rahmen der zu übersendenden Entscheidung dieses Vorbringen der ASt. nicht berücksichtigt und damit den oben dargelegten Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Denn dem Schiedsgericht war spätestens durch den Schriftsatz der ASt. vom 13.6.2005 bewusst geworden, dass über den Hilfsantrag noch zu entscheiden war. Wie das Schreiben des Vorsitzenden des Schiedsgerichts vom 13.7.2005 deutlich macht, ging auch das Schiedsgericht davon aus, dass dieser Vortrag der ASt. noch berücksichtigt werden konnte, sonst hätte es keine Stellungnahmefrist bis zum 15.8.2005 einzuräumen brauchen. Zugleich ist das Schiedsgericht nämlich davon ausgegangen, dass noch gar kein wirksamer Schiedsspruch bestand, wie aus dem Beschluss vom 28.7.2005 hervorgeht und wie es auch der dargestellten materiellen Rechtslage entspricht. Selbst wenn es sich bei dem Inhalt des Schriftsatzes vom 13.6.2005 um bloße Wiederholungen und Vertiefungen bisherigen Vorbringens handeln sollte, so ist der Inhalt dieses Schriftsatzes gleichwohl vom Schiedsgericht zu berücksichtigen gewesen, weil das Schiedsgericht in dem Schiedsspruch Ausführungen zu dem Hilfsantrag der Ast. hätte machen müssen, um das Verfahren einheitlich abschließen zu können. Es ging bei dem übergangenen Vortrag um einen wirtschaftlich bedeutsamen Antrag der ASt. und nicht um einen Randaspekt, der erwogen worden sein mag, auf dessen Darstellung man aber hätte verzichten können. Weil entsprechende Ausführungen in dem Schiedsspruch völlig fehlen und er inhaltlich identisch mit dem zuerst übersandten Schiedsspruch ist, begründet schon dies den Vorwurf der Gehörsverletzung, unabhängig von der Frage, ob das Schiedsgericht sich bewusst dazu entschieden hat, auf diesen Gesichtspunkt nicht einzugehen.
Hier steht fest, dass diese Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs sich auf die Entscheidung ausgewirkt hat. Sie hat sich schon dadurch tatsächlich ausgewirkt, dass das Schiedsgericht über den hilfsweise gestellten Antrag der ASt., die AGg. zur Rückzahlung der gezahlten Prämien zu verurteilen, nicht entschieden hat und Ende Juli 2005 mit der Übersendung des auf den 9.5.2005 datierten Schiedsspruchs das Schiedsverfahren förmlich beendete, ohne von sich aus das Verfahren hinsichtlich des übergangenen Hilfsantrags fortzuführen. Dies geschah vielmehr erst auf Initiative der ASt., die am 24.8.2005 einen Ergänzungsschiedsspruch nach § 1058 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt hat. Das Schiedsgericht hatte eine Entscheidung getroffen, die das Schiedsverfahren beenden sollte, ohne über alle Anträge der ASt. zu entscheiden. Die ASt. musste selbst erneut aktiv werden, um das Schiedsgericht zu einer nachträglichen Entscheidung über den Hilfsantrag zu bewegen.
Deutlicher kann kaum zu Tage treten, dass sich eine Verletzung rechtlichen Gehörs auf eine Entscheidung auswirkt.
Trotz des laufenden Ergänzungsverfahrens ist der ASt. nicht zuzumuten, diesen Verstoß gegen das rechtliche Gehör hinzunehmen; denn dieser Verstoß wiegt schwer.
5. Das Schiedsgericht wäre nicht einmal berechtigt gewesen, über den Hauptantrag der ASt. durch einen Teil-Schiedsspruch zu entscheiden was es erkennbar nicht gewollt hat, weil der Schiedsspruch abschließend gemeint war und den weiteren Vortrag der ASt. hierbei nicht zu berücksichtigen. Ein Teilurteil ist nur zulässig, wenn die Entscheidung über den im Teilurteil vorweg entschiedenen Teil nicht davon abhängig ist, wie das Schlussurteil über den Rest des noch anhängigen Verfahrens entscheidet (ständige Rechtsprechung - BGH NJW 1997, 1710; NJW 1999, 1035; NJW 2000, 3716, 3717; NJW 2004, 1452; NJW 2007, 156, 157). Es darf nicht die Gefahr bestehen, dass es in Teil- und Schlussurteil zu widersprüchlichen Ergebnissen kommt. Diese Grundsätze sind jedenfalls bei der Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs hinzunehmen ist, auch im Schiedsverfahren zu berücksichtigen.
In dem hier zu überprüfenden Verfahren besteht die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen zwischen dem eigentlichen Schiedsspruch, der sich nur mit einem Teil der geltend gemachten Ansprüche befasst, und dem noch zu erlassenden Ergänzungsschiedsspruch. Denn der nunmehr im Ergänzungsschiedsverfahren gebrachte Vortrag könnte lediglich für den Ergänzungsschiedsspruch berücksichtigt werden, kann aber auch für den von der ASt. gestellten Hauptantrag bedeutsam sein.
Möglicherweise gewinnt das Schiedsgericht bei der Bewertung zwischenzeitlich erhobener Beweise Erkenntnisse, die die Entscheidung über den vertraglichen Anspruch in einem anderen Licht erscheinen lassen. So erscheinen widersprüchliche Entscheidungen möglich. Sollte z.B. zwischenzeitlicher Vortrag dazu führen, dass ein Dissens oder Irrtum der ASt. bei Vertragsschluss nicht festgestellt werden kann, könnte das durchaus dazu führen, dass zwar kein Anspruch gegen die AGg. auf Rückzahlung von Versicherungsprämien besteht, dass die dieses Ergebnis tragenden Argumente aber für die Frage der Vertragsauslegung bedeutsam sein können, bei rechtskräftigem Schiedsspruch über diesen Teil der Schiedsklage jedoch nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Das Schiedsgericht trifft nämlich in den Entscheidungsgründen seines auf den 9.5.2005 datierten Schiedsspruchs keine Feststellungen dazu, ob auf Seiten der ASt. ein Irrtum oder ein Dissens zwischen den Parteien vorlag.
Der Verstoß gegen den ordre public wiegt auch nicht deswegen weniger schwer, weil die ASt. in einem Telefonat ihres im Schiedsverfahren beauftragten Prozessbevollmächtigten auf eine Entscheidung des Schiedsgerichts gedrängt hat. Das Schiedsgericht durfte nicht annehmen, dass die ASt. damit einverstanden war, dass über ihren Hilfsantrag im Interesse einer raschen Entscheidung nicht entschieden werde.
6. Das Verfahren ist auf den Antrag der AGg. nach § 1059 Abs. 4 ZPO an das bestehende Schiedsgericht zurückzuverweisen.
Es handelt sich um einen „geeigneten” Fall i.S. dieser Vorschrift.
Die Zurückverweisung eines Schiedsverfahrens an das ursprünglich mit dem Fall befasste Schiedsgericht kommt in Betracht, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs auf einem behebbaren Verfahrensfehler beruht (OLGR München 2005, 727, 728). Das entspricht dem Grundsatz des § 1059 Abs. 5 ZPO, wonach die Aufhebung des Schiedsspruchs im Zweifel zur Folge hat, dass bezüglich des Streitgegenstandes die Schiedsvereinbarung wieder auflebt, wobei § 1059 Abs. 5 ZPO vom hier nicht gegebenen Regelfall des verfahrensabschließenden Schiedsspruchs ausgeht.
Dafür, einen Fall als „nicht geeignet” i.S.d. § 1059 Abs. 4 ZPO anzusehen, genügt nicht schon, dass die ASt. dem Antrag auf Zurückverweisung an das Schiedsgericht widerspricht. Übereinstimmung der Parteien zu diesem Punkt ist vom Gesetz nicht verlangt; denn § 1059 Abs. 4 ZPO lässt den Antrag einer Partei genügen (so auch Zöller/Geimer § 1059 ZPO Rd-Nr. 88; MünchKomm/Münch § 1059 ZPO Rd-Nr. 39).
Auch die Umstände der Gehörsverletzung rechtfertigen in der Gesamtschau nicht die Annahme, dass ein Festhalten an der personellen Besetzung des Schiedsgerichts für die ASt. unzumutbar ist (a.A. für den Regelfall: Zöller/Geimer § 1059 Rd-Nr. 89).
Denn eine Voreingenommenheit des Schiedsgerichts gegenüber der ASt. ist bei objektiver Betrachtungsweise nicht erkennbar. Selbst wenn vor Ablauf von Stellungnahmefristen ein Entscheidungsentwurf angefertigt wird, lässt das nicht den Schluss zu, dass das Schiedsgericht sich weiterem Vortrag und weiteren Erkenntnissen, insbesondere aus zwischenzeitlich im Ergänzungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahmen verschließen werde. So entspricht es verbreiteter richterlicher Arbeitstechnik, einen Fall zu durchdenken und die Lösung und Entscheidung vorläufig als Entwurf zu formulieren, obwohl noch mit weiterem Vortrag und Erkenntnissen aus einer Beweisaufnahme gerechnet werden muss. Denn eine solche Arbeitsweise zwingt zu einer vertieften Bearbeitung des vorhandenen Streitstoffes. Das heisst aber nicht, dass spätere Erkenntnisse nicht zu einer Änderung der entworfenen Entscheidung führen könnten und dass die entscheidenden Richter ihrer entsprechenden Verantwortung nicht nachkämen.
Dafür genügt jedenfalls nicht ein einmal aufgetretener Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der bei Fortführung des Verfahrens geheilt werden kann.
Anhaltspunkte dafür, dass das Schiedsgericht erneut Vortrag der Parteien missachten werde, sind nicht erkennbar, der von beiden Parteien geschilderte Fortgang des Ergänzungsverfahrens, insbesondere die aufwändige weitere Beweisaufnahme, sprechen jedenfalls für ein sorgfältiges Vorgehen des Schiedsgerichts. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Schiedsgericht das weitere Verfahren unsachlich und voreingenommen zu Lasten der ASt. betreiben werde, gibt es aus objektiver Sicht einer besonnenen Partei nicht.
Der Senat hält daher die Zurückverweisung der Sache an das bestehende Schiedsgericht für das am besten geeignete Mittel, um die Folgen des Verstoßes gegen den Gehörsgrundsatz zu beseitigen.
Denn hier kommt der bisher vom Schiedsgericht betriebene Aufwand und die in dem langwierigen Verfahren erworbene Fallkenntnis des Schiedsgerichts hinzu. Zudem hat die Ast., wie sie im Temin vor dem Senat am 14.8.2007 erklärt hat, ihr Befangenheitsgesuch nicht weiter verfolgt. Damit gibt sie zu erkennen, dass auch ihr ein Festhalten an dem Schiedsgericht letztlich nicht unzumutbar erscheint. Es mag sein, dass das Vertrauen der ASt. in die Verfahrensweise des Schiedsgerichts beeinträchtigt ist und sie subjektiv befürchtet, dass das Schiedsgericht ihr gegenüber nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Da aber eine Befangenheit des Schiedsgerichts nicht hinreichend dargelegt ist, steht sich die Ast. insoweit aber nicht schlechter als etwa eine Partei, die in einem gerichtlichen Verfahren einen Richter, von dem sie fürchtet, er sei befangen, erfolglos abgelehnt hat. Eine solche Partei muss die weitere Tätigkeit des von ihr abgelehnten Richters hinnehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Das Obsiegen der AGg. mit dem Hilfsantrag führt nicht zu einer Aufteilung der Kosten. Der entscheidende Streit der Parteien betrifft die Frage, ob der Schiedsspruch aufzuheben ist. Die Frage der Zurückverweisung ist demgegenüber lediglich eine Folgeentscheidung, die den Streitwert nicht erhöht.