Recht und Steuern

A4b Nr.27

A4b Nr.27
§ 1059 Abs. 2 ZPO, §§ 31, 826 BGB - Erschleichen eines Schiedsspruchs durch falsche Zeugenaussage des Aufsichtsratsvorsitzenden einer Partei

Analog § 1059 Abs. 2 ZPO ist der Antrag auf Aufhebung eines Schiedsspruchs zulässig, wenn der Antragsteller eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung (§ 826 BGB) durch Erschleichen des Schiedspruchs seitens des Antragsgegners nachweist. Eine falsche Zeugenaussage des Aufsichtsratsvorsitzenden des Antragsgegners erfüllt diese Voraussetzung nur, wenn der Antragsgegner sie sich zurechnen lassen muß: Dazu muß die Falschaussage nach § 31 BGB in Ausführung der dem Aufsichtsrat zustehenden Verrichtung begangen sein.
OLG Stuttgart Urteil vom 16.7.2002 - 1 Sch 8/02; Sport und Recht 2002, 207, 211 = RKS A 4 b Nr. 27

Aus den Gründen:
Nach § 1059 Abs. 2 ZPO ist ein Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs - über den Wortlaut des § 1059 Abs. 2 ZPO hinaus - und nach Ablauf der in § 1059 Abs. 3 ZPO bestimmten Fristen in besonderen Ausnahmefällen zulässig, in denen die Urteilserschleichung oder das Gebrauchmachen von einem rechtskräftigen Urteil eines staatlichen Gerichts als sittenwidrige Schädigung des Gegners im Sinne des § 826 BGB zu werten wäre (BGH NJW 2000, 373 ff. = RKS A 4 a Nr. 49 m.w.N.). Dieselben Grundsätze gelten auch für einen von der Partei sittenwidrig erschlichenen Schiedsspruch. Der Ast. müßte u.a. die objektive Unrichtigkeit des Schiedsspruchs beweisen, und diese Unrichtigkeit dürfte nicht auf einer eigenen nachlässigen Prozeßführung beruhen (Zöller/Vollkommer ZPO 23. Aufl. Rd-Nr. 74 Vor § 322 ZPO; BGH NJW 1974, 557 und 1989, 1285, je unter Hinweis auf die entsprechende Anwendung von § 582 ZPO bei Schadensersatzklagen aus § 826 BGB).
Für die Feststellung eines sittenwidrigen vorsätzlichen schädigenden Verhaltens der Ag. bedürfte es weiter der Feststellung, daß die Ag.selbst durch Veranlassung einer falschen Aussage des Zeugen den unrichtigen Schiedsspruch erschlichen oder sich das Verhalten des Zeugen als sittenwidrige vorsätzliche Schädigung zurechnen lassen muß. Es ist schon zweifelhaft, ob sich die Ag. eine - unterstellte - Falschaussage des Zeugen vor dem Schiedsgericht zurechnen lassen muß. Zwar soll nach § 31 BGB das Verhalten des Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft zurechenbar sein (Soergel/Hadding BGB 13. Aufl. Rd-Nr. 11 zu § 31 BGB; einschränkend Reuter in MüKo BGB 3. Aufl. Rd-Nr. 14 zu § 31 BGB; offen gelassen in BGHZ 36, 296, 309). § 31 BGB verlangt aber auch, daß die Handlung in Ausführung der dem Aufsichtsrat zustehenden Verrichtung begangen ist. Der Ast. hat nicht behauptet, daß der Zeuge die Garantieerklärung der H-Bank in Ausführung seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender besorgt und überbracht hat. Üblicherweise gehört dies zu den Aufgaben des Vorstandes. Damit ist auch in Zweifel zu ziehen, daß die Aussage vor dem Schiedsgericht in Ausführung seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender erfolgte. Daß der Vorstand der Ag. von der mündlichen Beschränkung der Garantieerklärung oder von einer Falschaussage des Zeugen wußte, hat der Ast. nicht behauptet. Darüber hinaus hat die Ag. den Schiedsspruch durch die behauptete Falschaussage des Zeugen nicht erschlichen. Für das Schiedsgericht kam es auf eine mündliche Einschränkung der Garantieerklärung durch die H-Bank nicht an, wie aus den Gründen des Schiedsspruchs hervorgeht (wird ausgeführt).