Recht und Steuern

A4b Nr.24

A4b Nr.24
§§ 68, 74, 1035 Abs. 3, 1059 ZPO - Schadensersatzanspruch vor dem ordentlichen Gericht, Streitverkündung. Regreß vor dem Schiedsgericht, Interventionswirkung
Wenn eine Partei der anderen in einem dem Schiedsverfahren vorangegangenen Verfahren vor dem ordentlichen Gericht den Streit verkündet hatte, darf sich das Schiedsgericht im Rahmen der §§ 74, 68 ZPO an die Feststellungen des ordentlichen Gerichts gebunden fühlen. Es braucht insbesondere die vom ordentlichen Gericht erhobenen Beweise nicht nochmals zu erheben. Selbst wenn diese Ansicht des Schiedsgerichts unrichtig sein sollte, wäre dem ordentlichen Gericht eine sachliche Überprüfung verwehrt.
Das Gebot des rechtlichen Gehörs ist dadurch jedenfalls dann nicht verletzt, wenn das Schiedsgericht sich mit der gegenteiligen Ansicht der Partei ausführlich auseinandergesetzt hat.
Wenn die Rechtsauffassung einer Partei Gegenstand in der mündlichen Verhandlung war und das Schiedsgericht sich in den Entscheidungsgründen nochmals mit dem Problemkreis auseinandergesetzt hat, kann der Anspruch der unterlegenen Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt worden sein
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OLG Hamburg Beschluß vom 17.1.2002 - 6 Sch 7/01; Betriebs-Berater 2002 S. 1170 = RKS A 4 b Nr. 24
Aus dem Sachverhalt:
Die Antragstellerin wurde vor dem ordentlichen Gericht zum Schadensersatz wegen eines Ladungsschadens verurteilt. In dem Verfahren hatte sie der Antragsgegnerin den Streit verkündet. Den Regreßprozeß gegen die Antragsgegnerin hatte die Antragstellerin gemäß der vereinbarten Schiedsklausel vor dem GMAA-Schiedsgericht zu führen. Das Schiedsgericht hielt sich gemäß §§ 68, 74 ZPO an die Feststellungen des staatlichen Gerichts gebunden und verurteilte die Antragsgegnerin ohne erneute Beweisaufnahme. Die Antragsgegnerin begehrte die Aufhebung des Schiedsspruchs u.a.mit der Begründung, durch Beachtung der Interventionswirkung habe das Schiedsgericht den Grundsatz des rechtlichen Gehörs mißachtet. Das Gericht erklärte den Schiedsspruch für vollstreckbar.
Aus den Gründen:
Ein Aufhebungsgrund liegt nicht vor. Nach Wegfall der Schiedsrichter L. und B. hat die Ast. eine vergebliche Aufforderung zur Bestellung eines Ersatzschiedsrichters nicht nur an den jetzigen Prozeßbevollmächtigten der Ag., RA X, gerichtet, sondern am 19.12.2000 auch an die Ag. selbst. Der Inhalt dieses Aufforderungsschreibens entspricht den Anforderungen des § 1035 Abs. 3 ZPO. Im Hinblick auf die Tatsache, daß der Ag. bereits am 2.11.1998 in dem Rechtsstreit vor dem erkennenden Senat der Streit verkündet worden war und die Ag. sich außerprozessual hierzu gegenüber der Ast. erklärt hat, war der Ag. bekannt, welcher Streit durch das Schiedsgericht entschieden werden sollte (vgl. zur Problematik Zöller/Geimer 22. Aufl. Rd-Nr. 14 zu § 1035 ZPO). Nach vergeblichem Fristablauf entsprach damit die Bestellung des Schiedsrichters durch den Vorsitzenden der GMAA deren Regularien.
Der Senat kann auch nicht erkennen, daß das schiedsgerichtliche Verfahren den Vereinbarungen der Parteien oder einer Bestimmung der ZPO nicht entsprochen hat.
RA X hat die Schiedsklage unstreitig vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht entweder von der Ast. direkt oder oder von dem Schiedsgericht erhalten. Es ist nunmehr unerheblich, ob RA X zu diesem Zeitpunkt bereits beauftragt gewesen ist, die Ag. vor dem Schiedsgericht zu vertreten. Zumindest war RA X zu dem Zeitpunkt beauftragt, als er für die Ag. im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht aufgetreten ist. Der Ag. ist damit im schiedsgerichtlichen Verfahren insoweit das rechtliche Gehör vor dem Schiedsgericht gewährt worden.
Die Ag. kann sich auch nicht darauf berufen, daß sie mit der Beauftragung von RA X dessen bisherige Prozeßführung nicht genehmigt habe, die Schiedsklage also nicht vor Ablauf der Frist des § 612 HGB zugestellt worden ist. Das Schiedsgericht hat gegenteilig entschieden. Selbst wenn die diesbezügliche Auffassung des Schiedsgerichts unrichtig sein sollte, wäre dem staatlichen Gericht eine sachliche Überprüfung der Entscheidung des Schiedsgerichts verwehrt (vgl. zur Problematik Zöller/Geimer 22. Aufl. Rd-Nr. 43 zu § 1059 ZPO). Das Recht der Ag. auf rechtliches Gehör ist insoweit gewahrt. Das Schiedsgericht hat sich in den Entscheidungsgründen des Schiedsspruchs ausführlich mit der gegenteiligen Ansicht der Ag. auseinander gesetzt. Wenn die Rechtsauffassung einer Partei, wie hier, Gegenstand in der mündlichen Verhandlung war und das Schiedsgericht sich in den Entscheidungsgründen nochmals mit dem Problemkreis auseinander gesetzt hat, kann der Anspruch der unterlegenen Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt worden sein.
Das gilt auch für den Vortrag der Ag., das Schiedsgericht sei verpflichtet gewesen, trotz der Streitverkündung in dem Rechtsstreit vor dem erkennenden Senat erneut Beweis zu erheben. Das Schiedsgericht hat insoweit gegenteilig entschieden. Es hat sich jedoch wiederum mit der gegenteiligen Auffassung der Ag. in den Entscheidungsgründen des Schiedsspruchs auseinander gesetzt, so daß auch hier das Recht der Ag. auf rechtliches Gehör gewahrt ist.