Recht und Steuern

A4b Nr.22

A4b Nr.22
§§ 128, 297, 308 ZPO; § 1059 Abs. 2, § 1062 Abs. 1, § 1063 Abs. 2 ZPO n.F. Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs. Notwendige mündliche Verhandlung bei möglichen Aufhebungsgründen, bei Säumnis kein wirksamer Sachantrag
Das Gericht hat die mündliche Verhandlung anzuordnen, wenn die Voll­streck­bar­erklärung eines Schiedsspruchs beantragt wird und nach Akten­lage Auf­hebungs­gründe, z.B. die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, in Betracht kommen. Der Antrag muss gemäß § 297 ZPO in der Ver­hand­lung ver­lesen oder zu Protokoll erklärt werden. Ist der Antragsteller in der Verhandlung säumig, so fehlt ein wirksamer Sachantrag und damit eine Prozess­voraus­setzung für die Vollstreckbarerklärung. Ob die behaupteten Auf­hebungs­gründe tatsächlich vorliegen, braucht nicht entschieden zu werden.
Bayerisches Oberstes Landesgericht Beschluss vom 24.2.1999 - 4 Z Sch 14/98; NJW-RR 2000 S. 807 = RKS A 4 b Nr. 22
Aus dem Sachverhalt:
Der Antragsteller beantragt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs vom 15.4.1997 des Internationalen Handels-Arbitragegerichts bei der Industrie- und Handels­kammer der Russischen Föderation, durch den der Antragsgegner verurteilt wird, den Kauf­preis für eine Warenlieferung zu zahlen.
Aus den Gründen:
Gemäß Art. 4 § 1 Abs. 3 Schiedsverfahrensgesetz vom 22.12.1997 ist für das gerichtliche Verfahren das neue Recht anzuwenden, weil der Antrag auf Vollstreckbarerklärung erst nach dem Stichtag (1.1.1998) eingegangen ist.
Die Vollstreckbarerklärung ist abzulehnen. Der Ast. hat keinen prozessual ordnungs­gemäßen Sachantrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs gestellt. Über den Antrag war gemäß § 1063 Abs. 2 ZPO n.F. auf Grund notwendiger mündlicher Verhandlung (§ 128 Abs. 1 ZPO) zu entscheiden; denn nach Aktenlage kamen Aufhebungs­gründe i.S.d. § 1059 Abs. 2 ZPO n.F. in Betracht. Der Antragsgegner hat - bei Auslegung seines schriftsätzlichen Vorbringens - geltend gemacht, von dem schieds­richter­lichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden zu sein, sich einer gültigen Schiedsabrede nicht unterworfen zu haben und auch keinerlei Mit­wirkungs­möglichkeit am Schiedsverfahren erhalten zu haben (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 b, c, d ZPO). Für derartige Aufhebungsgründe trägt der Ag. im Voll­streck­bar­erklärungs­verfahren zwar die Beweislast. Für die Frage, ob gem. § 1063 Abs. 2 ZPO die mündliche Verhandlung anzuordnen ist, reicht es jedoch aus, wenn Gründe dieser Art nach Aktenlage in Betracht kommen. Soweit der Ag. behauptet, von dem Schiedsverfahren nicht in Kenntnis gesetzt worden zu sein und keine Möglichkeit gehabt zu haben, sich daran zu beteiligen, rügt er die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Die Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, eines elementaren Verfahrens­grund­rechts, gehört zum unverzichtbaren Standard eines rechtsstaatlichen Verfahrens und ist damit Teil des internationalen ordre public, der auch von Amts wegen zu beachten ist (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO).
Die somit gem. §128 Abs. 1 ZPO gebotene mündliche Verhandlung hat zur Folge, dass der Sachantrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs wirksam nur in münd­licher Verhandlung durch Verlesung aus einem vorbereitenden oder zur Protokoll­anlage erklärten Schriftsatz oder durch Bezugnahme auf einen solchen hätte gestellt werden können (§ 297 ZPO). Da dies wegen der Säumnis des Ast. im Termin vom 28.1.1999 unterblieben ist, fehlt der in der alleinigen Dispositionsbefugnis des Ast. stehende Sachantrag, an den das Gericht kraft Gesetzes gebunden ist und ohne den ihm eine Sachentscheidung verwehrt ist (§ 308 ZPO). Diese prozessuale Voraussetzung für die vom Ast. erstrebte gerichtliche Entscheidung war daher nicht gegeben.
Gem. § 1061 Abs. 2 ZPO war daher auszusprechen, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist, ohne dass es einer Entscheidung darüber bedarf, ob die vom Ag. behaupteten, der Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs entgegen­stehenden Versagungsgründe i.S.d. Art. V New-Yorker UN-Übereinkommens über die Aner­kennung und Voll­streckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (§ 1061 Abs. 1 ZPO) auch tatsächlich vorgelegen haben bzw. gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen sind.