Recht und Steuern

A4b Nr.21

A4b Nr.21
§ 1059 ZPO n.F., § 1041 ZPO a.F., § 30 Schiedsgerichtsordnung des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. Begriff ”Schiedsspruch–. Zulässigkeit des Aufhebungsantrags. Verfahrensfehler. Rechtzeitigkeitsklausel für die Vorschusszahlung
Das zuständige Oberlandesgericht kann einen Schiedsspruch aufheben, wenn der Antragsteller einen der in § 1059 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 ZPO aufgezählten schwerwiegenden Mängel geltend macht. Schiedsspruch ist jede Entscheidung des Schiedsgerichts, die eine endgültige Entscheidung in der Sache - also über den Streitgegenstand oder einen abgrenzbaren Teil - enthält, auch wenn sie nicht als Schiedsspruch bezeichnet ist; im vorliegenden Fall ein Beschluss des Oberschiedsgerichts, wonach die Berufung gemäß der vereinbarten Schieds­gerichts­ordnung wegen nicht rechtzeitiger Zahlung des von ihm ange­forder­ten Kostenvorschusses als zurückgenommen gilt, der erstinstanzliche Schiedsspruch damit endgültig ist.
Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, muss das staatliche Gericht nur untersuchen, ob das Schiedsgericht seiner Entscheidung das von den Parteien gewählte Recht zu Grunde gelegt hat, nicht jedoch, ob es dieses Recht richtig ausgelegt hat.
Gegen die Wirksamkeit der in der vereinbarten Schiedsgerichtsordnung enthaltenen sog. Rechtzeitigkeitsklausel, nach der für die Rechtzeitigkeit der Vorschusszahlung der Eingang beim Schiedsgericht maßgebend ist, bestehen keine Bedenken. Wenn das Schiedsgericht diese Klausel anwendet, wird das Verfahren dadurch nicht unzulässig i.S.d. § 1059 Abs. 2 Ziffer 1 d ZPO.
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 4.9.1998 – 14 U 111/98; NJW-RR 2000, 806 = RKS A 4 b Nr. 21
Aus den Gründen:
Der Aufhebungsantrag ist gem. § 1059 Abs. 1 ZPO nur zulässig, wenn die angegriffene Entscheidung überhaupt ein Schiedsspruch ist. Das Oberschiedsgericht hat die Entscheidung vom 22.1.1998 selbst nicht als Schiedsspruch bezeichnet, sondern als Beschluss, in dem es feststellt, dass die Berufung der Ast. als zurückgenommen gilt. Nach Zöller/Geimer, Rd-Nr. 2 zu § 1039 a.F. ZPO sind rechtskräftige Schiedssprüche nur solche, die eine Entscheidung in der Sache (über den Streitgegenstand) enthalten, also die endgültige Entscheidung über den Streitgegenstand oder einen abgrenzbaren Teil. Nach Thomas/Putzo Rd-Nr. 3 zu § 1039 a.F. ZPO ist kein Schiedsspruch eine Zwischenentscheidung oder eine Feststellung, dass der Schiedsvertrag außer Kraft getreten oder das Schiedsgericht unzuständig sei, weil dann ja das Schiedsgericht gerade seine Entscheidungsbefugnis verneint. Dagegen ist nach dieser Auffassung die Abweisung der Schiedsklage als unzulässig aus anderen Gründen als ein Schieds­spruch anzusehen. Im vorliegenden Fall spricht das Oberschiedsgericht mit der angefochtenen Entscheidung die Unzulässigkeit der Berufung gegen den Schiedsspruch aus und entscheidet damit in der Sache, weil es die Entscheidung des Schiedsgerichts erster Instanz für endgültig erklärt. Das entspricht dem Inhalt des § 1040 ZPO a.F., nach dem der Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils hat. Mit der Erklärung, die Berufung sei zurückgenommen, wird ein solches endgültiges Urteil ausgesprochen.
Der Aufhebungsantrag ist indessen nicht begründet. Die Aufhebungsgründe in § 1059 Abs. 2 ZPO benennen insgesamt gravierende Mängel des Schiedsspruchs, so nach Nr. 1a den ungültigen Schiedsvertrag, in Nr. 1b die verfahrensfehlerhafte Behinderung einer Partei, in Nr. 1c die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts, unter Nr. 1d ein sonst unzulässiges Verfahren, wenn dieses kausal für den Schiedsspruch ist, nach Nr. 2a die mangelnde Schiedsfähigkeit des Gegenstands und unter 2b einen Verstoß gegen den ordre public. Ein solch gravierender Mangel ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Der Antragsteller macht gestützt auf § 1059 Abs. 2 Nr. 1d ZPO geltend, dass keine zulässige Vereinbarung der Parteien vorgelegen habe. Er verweist hierzu auch auf § 1041 Abs. 1 ZPO a.F., wonach die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt werden konnte, wenn der Schiedsspruch ”sonst auf einem unzulässigen Verfahren beruhte–. Das staatliche Gericht hatte nach § 1041 ZPO a.F. aber nur zu prüfen, ob das Schiedsgericht das von den Parteien gewählte Recht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, nicht jedoch, ob es dieses Recht richtig ausgelegt hat. Ein unzulässiges Verfahren lag immer nur dann vor, wenn wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt waren, das Schieds­gericht beispielsweise Zeugen beeidigt oder über einen Streitpunkt entschieden hatte, der nicht Gegenstand des Schiedsvertrages war (vgl. hierzu Zöller/Geimer § 1041 Rd.-Nr. 46).
Der Ast. hält § 30 der SchGO des Waren-Vereins für unwirksam wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz; § 1059 Abs. 2 Nr. 1d ZPO setzt aber voraus, dass sich das Schiedsgericht nicht an eine zulässige Vereinbarung der Parteien gehalten hat, und das ist etwas ganz anderes. Wenn die Parteien ein anderes Verfahren vereinbart hatten und das Schiedsgericht sich nicht daran gehalten hat, liegt ein gravierender Verfahrens­mangel vor.
Ein solch gravierend unzulässiges Verfahren ist hier nicht zu erkennen. Der zwischen den Parteien als Kaufleuten vereinbarte § 30 der SchGO des Waren-Vereins ist eindeutig: Wenn der Berufungskläger eine ihm gesetzte Frist für die Einzahlung eines Kostenvorschusses nicht einhält, so gilt die Berufung als zurückgenommen. Nach dieser von den Parteien vereinbarten Regelung ist das Schiedsgericht verfahren. Damit hat das Verfahren einer von den Parteien gewählten Vereinbarung entsprochen. Ein Aufhebungs­grund liegt deshalb nicht vor.
Der Aufhebungsgrund des § 1059 Abs. 2 Nr. 1d ZPO ist nicht schon gegeben, wenn das Oberschiedsgericht die entsprechende Vorschrift der SchGO nicht richtig angewandt hätte. Obwohl es demgemäß nicht darauf ankommt, ist der Senat der Auffassung, dass das Oberschiedsgericht im vorliegenden Fall den § 30 der SchGO des Waren-Vereins zutreffend angewandt hat und es sich insoweit auch um eine zulässige Vereinbarung handelt.
Im Schuldrecht ist zwar bei Zahlung durch Überweisung für die Rechtzeitigkeit grund­sätzlich die Leistungshandlung entscheidend, wenn der Überweisungsauftrag vor Fristablauf bei dem Geldinstitut eingegangen und auf dem Konto Deckung vorhanden ist (vgl. hierzu z.B. Palandt/Heinrichs, BGB § 270 Rd-Nr. 7); es ist aber auch zu bedenken, ob sich aus der Vereinbarung der Parteien nicht eine sog. Rechtzeitigkeitsklausel des Inhalts ergibt, dass es auf den Eintritt des Leistungserfolgs ankommt (Palandt aaO. Rd-Nr. 5). Das ist hier der Fall: § 30 SchGO knüpft die Zulässigkeit der Berufung an die Einhaltung der Frist, diese muss also berechenbar sein. Das Schiedsgericht kann nur prüfen, ob das Geld zu dem Termin da ist oder nicht. Es kann daher nicht darauf ankommen, wann eine Berufungsklägerin ihren Überweisungsauftrag bei einer Bank abgegeben hat oder wann der Auftrag durch Abbuchung ausgeführt wird.