Recht und Steuern

A4b Nr.28

A4b Nr.28
§§ 1040 Abs. 3, 1059 ZPO - Klagabweisung wegen Unzuständigkeit des Schiedsgerichts, Aufhebungsantrag gegen Prozeß-Schiedsspruch?
Gegen einen Schiedsspruch, durch den das Schiedsgericht die Klage als unzulässig abweist, weil es sich für unzuständig hält, kann ein Antrag auf gerichtliche Aufhebung nach § 1059 Abs. 1 ZPO gestellt werden, wenn der Antragsteller Aufhebungsgründe gemäß Abs. 2 und 3 geltend macht.
Abs. 2 gibt keinen eigenständigen Aufhebungsgrund für den Fall, daß sich das Schiedsgericht zu Unrecht für unzuständig hält; geregelt ist nur die positive Zuständigkeitsentscheidung.
BGH Beschluß vom 6.6.2002 - III ZB 44/01; MDR 2002, 1265; Internationales Handelsrecht 2002, 93;BGHZ 151, 79 = RKS A 4 b Nr. 28
Aus den Gründen:
Durch den angefochtenen „Teil-Prozeß-Schiedsspruch Zwischenentscheid” vom 15.11.2000 befand das Schiedsgericht - ungeachtet der auf eine Teil- oder Zwischenentscheidung hindeutenden Bezeichnung seiner Entscheidung - abschließend über die Schiedsklage der Antragstellerin. Das mit einem Vorsitzenden Richter am LG als Obmann und zwei Rechtsanwälten als Beisitzern besetzte Schiedsgericht entschied - ersichtlich nach dem Vorbild des Prozeßurteils im Fall einer unzulässigen Klage vor dem staatlichen Gericht - durch Prozeß-Schiedsspruch. Indem es sich für unzuständig erklärte, wies es die Schiedsklage als „unzulässig” ab, weil die Antragsgegnerin wirksam von der Schiedsvereinbarung zurückgetreten sei.
Ein solcher Abschluß des Schiedsverfahrens durch förmlichen Schiedsspruch wird der Stellung des Schiedsgerichts nach dem Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz am ehesten gerecht.
§ 1040 Abs. 1 S. 1 ZPO weist dem Schiedsgericht die (vorläufige) Kompetenz-Kompetenz zu (Begründung der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts BT-Drucksache 13/5274, 43; Münch in MünchKomm/ZPO 2. Aufl. 2001, 1040 Rd-Nr. 1; Raeschke-Kessler/Berger Recht und Praxis des Schiedsverfahrens 3. Aufl. 1999 Rd-Nr. 561, 567ff.). Diese wird im Fall der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts besser durch den Erlaß eines (Prozeß-)Schiedsspruchs zum Ausdruck gebracht, als wenn das Schiedsgericht nach Ankündigung die weitere Betätigung bloß einstellt.
Ist der die Zuständigkeit des Schiedsgerichts verneinende Prozeß-Schiedsspruch aber als regulärer, das Verfahren beendender Schiedsspruch aufzufassen, ist gegen ihn ebenso wie gegen in der Sache entscheidende Schiedssprüche der Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO zulässig (Münch in MünchKomm/ZPO 2.Aufl. 2001 § 1040 Rd-Nr. 1, 16; Albers in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 60. Aufl. 2002 § 1040 Rd-Nr. 4; Zöller/Geimer ZPO 23.Aufl. 2002 §1040 Rd-Nr. 10; Gottwald/Adolphsen DStR 1998, 1017 [1021]; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 6. Aufl. 2000 Kap.16 Rd-Nr. 12; Raeschke-Kessler/Berger aaO. Rd-Nr. 563, 567; abweichend: Schwab/Walter aaO. 6. Aufl. 2000 Kap. 7 Rd-Nr. 11; Thomas in Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl. 2002 § 1040 Rd-Nr. 9 und § 1057 Rd-Nr. 9; Musielak/Voit ZPO 3. Aufl. 2002 § 1040 Rd-Nr. 8, § 1059 Rd-Nr. 20; OLG Hamburg 4.9.1998 - 14 U 111/98 OLG-Report Hamburg 1999, 76 = NJW-RR 2000, 806 = RKS A 4 b Nr. 21 und zum alten Recht BGH 23.11.1972 - VII ZR 178/71 NJW 1973, 191 = HSG A 1 Nr. 16). Der Gesetzgeber des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes ging ausdrücklich davon aus, daß ein zuständigkeitsverneinender Prozeß-Schiedsspruch „i.d.R. lediglich im Aufhebungsverfahren anfechtbar” sei (BT-Drucks. 13/5274, 44).
Der somit zulässige Aufhebungsantrag ist unbegründet. Keiner der Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 ZPO liegt vor (wird ausgeführt).
Für den Fall der unberechtigten Unzuständigerklärung des Schiedsgerichts wird im Schrifttum allerdings erwogen, dem Schiedskläger den Aufhebungsantrag entsprechend § 1059 Abs. 2 Nr. 1 c ZPO zuzubilligen (Münch aaO. § 1040 Rd-Nr. 16; Raeschke-Kessler aaO. Rd-Nr. 563; Thomas/Putzo aaO. § 1040 Rd-Nr. 9 a.E.) Dem ist jedoch nicht zu folgen.
§1059 Abs. 2 ZPO gibt seinem Wortlaut nach keinen (eigenständigen) Aufhebungsgrund für den Fall, daß sich das Schiedsgericht zur Unrecht für unzuständig erklärt; geregelt ist nur die positive Zuständigkeitsentscheidung (§§ 1040 Abs. 3; § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a und c ZPO). Darin liegt kein Redaktionsversehen. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit eines Aufhebungsverfahrens gegen einen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts verneinenden Prozeß-Schiedsspruch in Betracht gezogen, hierfür aber den Katalog der Aufhebungsgründe (BT-Drucks. 13/5274, 44 [58]; Senatsbeschluß aaO? S. 206; Münch aaO. § 1059 Rd-Nr. 3; Zöller/Geimer aaO. § 1059 Rd-Nr. 30; Thomas /Putzo aaO. §1059 ZPO Rd-Nr. 6; Raeschke-Kessler aaO. Rd-Nr. 932) nicht erweitert. Dazu bestand keine sachliche Notwendigkeit. Der auf Unzuständigkeit des Schiedsgerichts erkennende Schiedsspruch unterliegt wie jeder andere (inländische) Schiedsspruch der Aufhebung in den - hier jedoch nicht gegebenen - Fällen des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b und d, Nr. 2 ZPO. Der Kläger kann die gerichtliche Aufhebung des Prozeß-Schiedsspruchs u.a. betreiben, wenn das Schiedsgericht nicht ordnungsmäßig besetzt gewesen ist, das rechtliche Gehör nicht gewährt oder sonst gegen den ordre public verstoßen hat. Entschied das Schiedsgericht entgegen einer gültigen und die Streitigkeit umfassenden Schiedsvereinbarung, nicht zuständig zu sein, ist der Kläger auch dann nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn keiner der Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 ZPO greift. Ihm steht für sein Klagebegehren der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten offen. Das OLG hat zutreffend darauf hingewiesen, daß der umgekehrte Fall, in dem sich ein Schiedsgericht zu Unrecht für zuständig erklärt oder seine Zuständigkeit überschritten hat (§§ 1040 Abs. 3; 1059 Abs. 2 Nr. 1 a und c ZPO) mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist; bei fehlerhafter Annahme der Zuständigkeit wird den Parteien der gesetzliche Richter entzogen, während hier der Rechtsstreit vor den zuständigen staatlichen und damit den gesetzlichen Richter gebracht werden kann. Daß hierdurch im Einzelfall die Rechtsverfolgung erschwert werden kann, führt nicht zu einer anderen Beurteilung ....