Recht und Steuern

A4a Nr.55

A4a Nr.55
Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung - Fehler bei der Streitwert- oder Kostenberechnung kein Verstoß gegen ordre public - Entscheidung über Verrechnung bereits eingezahlter Vorschüsse kein Schiedsspruch in eigener Sache
Ein Schiedsspruch, der eine Partei zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, entfaltet seine Gestaltungswirkung, die Willenserklärung zu ersetzen, bereits mit seinem Erlass und bedarf keiner Vollstreckbarerklärung; letztere wirkt nur deklaratorisch und hat keinen besonderen Streitwert.
Fehler bei der Streitwert- oder Kostenberechnung sind kein Verstoß gegen den ordre public und kein Aufhebungsgrund.
Das Schiedsgericht darf in dem Schiedsspruch nicht - auch nicht mittelbar - sein eigenes Honorar titulieren. Es darf aber entscheiden, wie ein bereits vor Erlass des Schiedsspruchs eingezahlter Vorschuss zu verrechnen ist.
OLG Dresden Beschluss vom 8.5.2001 - 11 Sch 8/01; Betriebs-Berater 2001 Beilage 7 S. 22 = RKS A 4 a Nr. 55
Aus dem Sachverhalt:
Das Schiedsgericht hat die Antragsgegner verurteilt, ihre Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs betreffend ein Grundstück in P. zu erteilen und die Kosten des Schiedsverfahrens zu tragen. In einem weiteren Schiedsspruch – Kosten­festsetzungs­beschluss genannt - hat das Schiedsgericht die außergerichtlichen Auslagen der Antragsteller festgestellt, den von ihnen für das Schiedsgericht gezahlten Vorschuss in die Kostenentscheidung aufgenommen und den Ag. die Gesamtkosten auferlegt.
Die Ast. wollen beide Schiedssprüche für vollstreckbar erklären lassen. Der Ag. zu 1 wendet sich nicht gegen den Schiedsspruch in der Hauptsache, meint aber, der Streitwert sei zu hoch angesetzt, und das Schiedsgericht habe - über die Berücksichtigung des Kostenvorschusses für das Schiedsgericht - in eigener Sache, nämlich über den eigenen Honoraranspruch, geurteilt. Das OLG hat beide Schiedssprüche für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Aus den Gründen:
Der Schiedsspruch in der Hauptsache hat seine Wirkung bereits vor der Vollstreckbarerklärung entfaltet. Er ersetzt die Abgabe der Willenserklärungen, die zur Berichtigung des Grundbuchs erforderlich sind. Diese Wirkung tritt bereits mit Erlass des Schiedsspruchs ein und bedarf keiner Vollstreckbarerklärung. Diese hat nur deklaratorische Wirkung und deshalb auch keinen eigenen Streitwert. § 1055 ZPO bestimmt ausdrücklich: „Der Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils.” Das bedeutet, dass alle Wirkungen, die ohne weitere Vollstreckungshandlungen durch das rechtskräftige Urteil erzeugt werden, von Rechts wegen mit dem Erlass des Schiedsspruchs eintreten. Nur zur zwangsweisen Durchsetzung einer Leistung oder einer Unterlassung braucht der Schiedsspruch, bevor staatliche Organe zu seiner Umsetzung tätig werden, die Vollstreckbarerklärung (Zöller 22. Aufl zu § 1055 ZPO).
Auch der Schiedsspruch über die Kosten ist hier für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Einwände wären nur zu beachten, wenn das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ein Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch wäre. Das ist es aber nicht. Da der Schiedsbeklagte weder Einwände gegen das Verfahren des Schiedsgerichts geltend macht noch solche ersichtlich sind, noch sonst Aufhebungsgründe gemäß § 1059 Abs. 2 ZPO ersichtlich sind, wäre dem Ag. nur zu helfen, wenn die Vollstreckung zu einem Ergebnis führen würde, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspräche, § 1059 Abs. 2 Ziff. 2b ZPO.
Davon kann keine Rede sein. Der Ag. rügt Fehler, die, wenn sie vorliegen sollten, den Streitwert und die Kostenrechnung der Kläger falsch machen würden, aber falsche Entscheidungen sind kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung. Sämtliche Erwägungen des Schiedsgerichts zu Streitwert und Kostenrechnung sind innerhalb der Rechtsordnung zulässig und dem Gesetz nicht fremd. Ob sie vorliegen oder nicht, entscheidet das Schiedsgericht in eigener Zuständigkeit. Das staatliche Gericht kontrolliert das nicht.
Auch der Einwand, der Schiedsrichter dürfe nicht in eigener Sache entscheiden, greift nicht durch. Im Grundsatz ist das natürlich richtig: Der Schiedsrichter darf nicht mit dem Schiedsspruch sein eigenes Honorar titulieren. Das hat er hier aber auch nicht getan. Er hat nur bestimmt, dass die Bekl. den Kl. denjenigen Betrag erstatten müssen, den die Kl. als Vorschuss bereits aufgewendet haben, um die Tätigkeit des Schiedsgerichts zu ermöglichen. Diesen Aufwand müssen die Bekl. den Kl. in jedem Fall erstatten, weil diese mit ihrem Antrag auf Vollstreckbarerklärung erfolgreich waren, § 91 ZPO. Der BGH hat auch in den Entscheidungen, in denen er ausdrücklich betont hat, die Schiedsrichter dürften auch nicht mittelbar über die Höhe ihres Honorars selber befinden, immer betont, dass der Schiedsrichter aber entscheiden dürfe, wie ein bereits bei Erlass des Schiedsspruchs eingezahlter Vorschuss zu verrechnen sei (LM Nr. 40 zu § 1025, Nr. 1 zu § 1041 Abs. 1 Zi. 2 ZPO). Denn den Schiedsparteien ist nicht zumutbar, den Gegner - zusätzlich zum Schiedsverfahren - auch noch vor den ordentlichen Gerichten zur Rückerstattung an das Schiedsgericht bereits eingezahlter Vorschüsse verklagen zu müssen.
So liegt es auch hier. Die Kl. hatten den Vorschuss bereits gezahlt, bevor der Schiedsrichter den Kostenschiedsspruch erlassen hat.
Die Vollstreckbarkeit der vorliegenden Entscheidung beruht auf § 1064 Abs. 2 ZPO.