Recht und Steuern

A4a Nr.42

A4a Nr.42 - §§ 1041, 1042 ZPO, §§ 9, 24 AGBG Schiedsklausel in AGB. Geltung des AGBG für Kaufleute. Einseitiges Wahlrecht des Verwenders zwischen Schiedsgericht und ordentlichem Gericht. Schiedsgericht ohne Juristen, AGB ohne Kontrolle
Auch unter Kaufleuten ist eine vereinbarte Schiedsklausel unwirksam,
- wenn sie ohne Hervorhebung oder optische Kennzeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in deren Regeln betreffend die Gewährleistung verborgen ist,

- wenn sie nur dem Verwender die Wahl zwischen Schieds- und ordentlichem Gericht einräumt,

- wenn sie sich zunächst nur auf Streitigkeiten über den Minderwert der verkauften Ware bezieht, jedoch dann, wenn der Verwender sich für das Schiedsgericht
entscheidet, auf alle Streitigkeiten aus dem Geschäft einschließlich Rechtsfragen,

- wenn die Geschäftsbedingungen die Rügefrist auch für versteckte Mängel auf fünf Tage beschränken, und

- wenn die Schiedsordnung des vereinbarten Schiedsgerichts nicht zwingend vorschreibt, rechtskundige Mitglieder in das Schiedsgericht aufzunehmen, so dass der
Verwender seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch die Wahl des Schiedsgerichts einer wirksamen Überprüfung gemäß dem Maßstab des AGBG entziehen
könnte.
LG Hamburg Urteil vom 28.4.1998 - 330 O 220/97; RKS A 4 a Nr. 42
Aus den Gründen:
Der Schiedsspruch, dessen Vollstreckung beantragt wird, ist aufzuheben (§ 1042 Abs. 2 ZPO), weil ihm keine gültige Schiedsvereinbarung zugrunde liegt (§1041 Abs. 1 Nr. 1. Alt. ZPO).
Die in § 9 Buchstabe –M– der AGB des Verkäufers enthaltene Schiedsklausel verstößt, insbesondere unter Einbeziehung sämtlicher in § 9 der AGB enthaltenen Regelungen, gegen § 9 AGBG, da der Vertragspartner unangemessen benachteiligt wird.
Auch Schiedsklauseln, die unter Kaufleuten qua AGB vereinbart werden können, unterliegen der Inhaltskontrolle des AGB-Gesetzes (BGH NJW 1992, 575 = RKS A 4 a Nr. 32). Gemessen an den Anforderungen des § 9 AGBG ist schon die Schieds­verein­barung als solche problematisch. Ohne besondere Hervorhebung oder optische Kenn­zeichnung ist in § 9 Buchstabe –M– der Bedingungen folgende Schieds­verein­barung enthalten:
„Falls über die Höhe des Minderwertes zwischen Verkäufer und Käufer keine gütliche Einigung erzielt werden kann, so wird der Streitfall durch das Schiedsgericht der Hamburger freundschaftlichen Arbitrage gemäß § 20 der Platzusancen für den Hamburger Warenhandel entschieden. Der Verkäufer behält sich jedoch das Recht vor, in einem Streitfall auch das ordentliche Gericht anzurufen. Entscheidet sich der Verkäufer für die Arbitrage, so ist der Streit nicht nur über Qualitätsfragen, sondern auch über alle anderen aus dem Geschäft entstehenden Streitpunkte, insbesondere auch über Rechtsfragen, durch das Schieds­gericht zu entscheiden.”
Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts wird eingangs an einem Streit um die Höhe des Minderwerts angeknüpft und dann, und insoweit auch überraschend, auf sämtliche Gewährleistungs- und Rechtsfragen ausgedehnt, sofern der Verkäufer das Schieds­gericht angerufen hatte. Angesichts dieser Bedeutung der Schiedsvereinbarung und der weitgehenden Auswirkung für den Vertragspartner ist auf eine solche Schieds­klausel in AGB deutlich hinzuweisen (Brandner in Brandner/Ulmer/Hansen, AGBG 8. Aufl. 1997 Anh. 9 - 11 Rd-Nr. 620 m.w.N.), damit dem Vertragspartner die Konsequenzen der AGB deutlich vor Augen geführt werden. Ein besonderer Hinweis ist in den Geschäfts­bedingungen aber nicht erfolgt, vielmehr findet sich die Schieds­verein­barung ohne ausdrückliche Hervorhebung in der allgemeinen Regelung der Gewährleistungsfragen.
Hinzu kommt, dass lt. Buchstabe –C– der Bedingungen Mängelrügen und Bean­standungen - ohne Differenzierung zwischen zu erkennenden und versteckten Mängeln - nur innerhalb von fünf Werktagen geltend gemacht werden können. Eine solche Klausel weicht - auch im kaufmännischen Verkehr - weit von dem die gesetzliche Regelung beherrschenden Grundsatz der Verantwortlichkeit des Verkäufers ab, so dass sie, da sie für den Käufer die Möglichkeit der Rüge nicht offensichtlicher Mängel praktisch aus­schließt, als unwirksam anzusehen ist (dazu auch BGH aaO. RKS A 4 a Nr. 32). Im Zusammenspiel mit der Tatsache, dass § 9 Buchstabe –M– der AGB sowie § 20 der Platzusancen nicht zwingend vorsehen, rechtskundige Mitglieder in das Schiedsgericht aufzunehmen, besteht die Gefahr, dass ein aus Fachleuten der jeweiligen Branche bestehendes Schiedsgericht die Überprüfung der Verkaufs­bedingungen unterlässt. Wird eine solche Überprüfung nicht durchgeführt, werden vielmehr die Geschäftsbedingungen als ohne weiteres wirksam der Entscheidung zugrundegelegt, so eröffnet sich der Verkäufer über die Vereinbarung der Schiedsklausel die Möglichkeit, Garantien des AGB-Gesetzes zu umgehen (BGH aaO. RKS A 4 a Nr. 32). Selbst wenn, der Kritik an der BGH-Rechtsprechung folgend, die Frage der Zusammen­setzung des Schieds­gerichts nicht zu berücksichtigen ist, liegt eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners weitergehend auch darin, dass es zum einen nur dem Verwender eröffnet ist, ein ordentliches Gericht anzurufen, und dass zum anderen bei einem Streit um die Höhe der Minderung und einer Anrufung des Schiedsgerichts durch den Verwender nicht nur die Frage der Minderung, sondern sämtliche Fragen in die Entscheidungskompetenz des Schiedsgerichts fallen. Diese ungleichgewichtige Verteilung der Rechte zwischen Verwender und Vertragspartner führt zur Annahme einer unangemessenen Benachteiligung (so auch Brandner aaO. Rd-Nr. 621).