Recht und Steuern

A4a Nr. 95

A4a Nr. 95
§§ 1053, 1060, 1062, 1063, 727 ZPO - Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs für und gegen Rechtsnachfolger
1. Ein Schiedsspruch kann im Exequaturverfahren gem. §§ 1060, 1062 Abs. 1 Zi. 4 ZPO analog § 727 ZPO unmittelbar für und gegen Rechtsnachfolger vollstreckbar erklärt werden. Dies gilt auch für einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (§ 1053 ZPO = Vergleich).
2. Die Beweismittel für die Rechtsnachfolge sind aber in diesem Verfahren nicht gem. § 727 ZPO auf öffentliche Urkunden beschränkt.
BGH Beschl.v. 8.3.2007 - III ZB 21/06; TransportRecht 2007, 175 = RKS A 4 a Nr. 95
Aus dem Sachverhalt:
Entsprechend einer Vereinbarung der Parteien erließ der Schiedsrichter D. in der Schiedsverhandlung vom 3.6.2005 einen "Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt (Vergleich)", worin es - soweit die von dem Antragsteller zu 2 (W.) und dem Antragsgegner zu 2 (F.) gebildete OHG betroffen ist - u.a. heisst:
"Die Herren W. und F. schließen einen Schiedsvertrag für die OHG wie die GbR mit der Maßgabe, dass der Obmann Schiedsrichter sein soll, und treffen folgende Vereinbarung.
I. Die Parteien sind sich einig, dass die OHG zum 31.12.2005 gekündigt ist.
II..... III. Die Parteien sind sich einig, dass das Anlagevermögen incl. der geringwertigen Wirtschaftsgüter ohne das Elektroinstallationsmaterial von Herrn F. käuflich erworben wird für 10.000 Euro. Dieser Betrag ist bis 1.10.2005 fällig.
IV. Die Herren W. und F. beenden bis zum 31.8.2004 die OHG. Der Geschäftsanteil von Herrn F. geht auf Herrn W. zu diesem Zeitpunkt über."
Die Antragsteller begehren, den Schiedsspruch bezüglich III. des Tenors zugunsten des Antragstellers zu 2 gegen den Antragsgegner zu 2 für vollstreckbar zu erklären.Das OLG hat den Antrag zurückgewiesen.
Aus den Gründen:
Die wegen der Grundsätzlichkeit der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
1. Das OLG hat die Vollstreckbarerklärung versagt, weil der Schiedsspruch keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe. Aus III. des Schiedsspruchs ergebe sich nämlich nicht, wem die darin genannte Forderung gegen den Ag. zu 2 zustehe. Geregelt sei lediglich, dass von dem Ag. zu 2 das Anlagevermögen (incl. der geringwertigen Wirtschaftsgüter ohne das Elektroinstallationsmaterial) für 10.000 Euro käuflich erworben werde. Ungeklärt bleibe jedoch, ob der Ast. zu 2 oder die - im Schiedsspruch ebenfalls als Beteiligte des Schiedsverfahrens genannte - OHG Inhaber des Anspruchs sei.
Der Antrag, den am 3.6.2005 ergangenen "Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt" für vollstreckbar zu erklären, ist zulässig und begründet.
Der vorliegende Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (§ 1053 Abs. 1 S. 2 ZPO) hat dieselbe Wirkung wie jeder andere Schiedsspruch zur Sache (§ 1053 Abs. 2 S. 2 ZPO). Für die Vollstreckbarerklärung gelten die allgemeinen Vorschriften (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 145, 376, 379 = RKS A 4 a Nr. 49); maßgeblich ist somit § 1060 ZPO.
Dieser Vorschrift ist zu entnehmen, dass die Vollstreckbarerklärung den Antrag einer (wenigstens teilweise siegreichen) Partei voraussetzt (vgl. § 1060 Abs. 2 S. 1 und 3 ZPO; Hartmann ZPO 65. Aufl. 2007 § 1060 Rd-Nr. 6). Dass diesem Erfordernis genügt ist, ziehen die Parteien nicht in Zweifel und begegnet auch keinen Bedenken.
Die vom OLG festgestellte Unklarheit, ob durch III. des schiedsgerichtlichen Tenors dem Ast. zu 2 oder der OHG eine Forderung - auf Zahlung von 10.000 Euro durch den Ag. zu 2 - zugesprochen wurde, hindert die Vollstreckbarerklärung nicht. Denn der Ast. zu 2 ist in beiden Fällen anspruchsberechtigt, entweder originär oder - was das OLG nicht berücksichtigt hat - als Rechtsnachfolger der OHG, und kann deshalb in jedem Fall die Vollstreckbarerklärung von Ziffer III. des Schiedsspruchs zu seinen Gunsten zu verlangen. Damit erledigt sich zugleich die von dem OLG aus der von ihm angenommenen Unbestimmtheit der schiedsgerichtlichen Verurteilung gefolgerte Nichtvollstreckbarkeit des Schiedsspruchs (vgl. im Übrigen zur grundsätzlichen Unbeachtlichkeit der mangelnden Vollstreckbarkeit im Exequaturverfahren Senatsbeschluss vom 30.3.2006 - III ZB 78/05 - NJW-RR 2006, 995, 996 = RKS A 4 a Nr. 82).
Der Ast. zu 2 ist (alleiniger) Rechtsnachfolger der von ihm und dem Ag. zu 2 gebildeten W&F OHG. Das ergibt sich aus IV. des Schiedsspruchs und aus dem diese OHG betreffenden Auszug aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Freiburg vom 27.10.2005. Danach beendeten der Ast. zu 2 und der Ag. zu 2 die gemeinsame OHG zum 31.8.2004. Der Gesellschaftsanteil des Ag. zu 2 ging auf den Ast. zu 1 über; dieser führt die Firma als Alleininhaber ("Elektro W. e.K.") fort.
Ist die schiedsgerichtliche Verurteilung zu III. zugunsten des Ast. zu 2 erfolgt, ist dem Ersuchen um Vollstreckbarerklärung ohne weiteres stattzugeben, weil Aufhebungsgründe weder geltend gemacht noch sonst erkennbar sind (vgl. § 1060 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 1059 Abs. 2 ZPO). Nichts anderes gilt, wenn die Verurteilung zu III. zugunsten der OHG erfolgt sein sollte.
Denn im Fall der Rechtsnachfolge ist die Vollstreckbarerklärung im Verfahren nach § 1060 ZPO unmittelbar für und gegen den Rechtsnachfolger zulässig; insoweit kann der Grundgedanke des § 727 ZPO herangezogen werden (vgl. BGH Urt.v.6.3.1969 - VII ZR 163/68 - LM Nr. 6 zu § 1044 ZPO = HSG A 4 b Nr. 2; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 22. Aufl. 2002 § 1060 Rd-Nr. 14; Zöller/Geimer ZPO 26.Aufl. 2007 § 1060 Rd-Nr. 9; Musielak/Voit ZPO 5. Aufl. 2007 § 1060 Rd-Nr. 7; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. 2005 Kap. 27 Rd-Nr. 5; Wagner, in: Böckstiegel/Berger/Bredow Hrsg. Die Beteiligung Dritter am Schiedsverfahren 2005 S. 33; a.A. MünchKomm-Münch 2. Aufl. 2001 § 1060 Rd-Nr. 4 "Leistungsklage scheint der "ehrlichere" Weg" und 16, anders aber wohl § 1064 Rd-Nr. 7 "Vorwegnahme einer Umschreibung für und gegen Rechtsnachfolger im Beschlussverfahren nach § 1064 ZPO zulässig").
2. Die Analogie zu § 727 ZPO erstreckt sich aber nicht auf den von dieser Vorschrift geforderten Nachweis der (nicht offenkundigen) Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden. Letztere sind im Verfahren nach § 1060 ZPO entbehrlich. Die Beschränkung des Gläubigers auf solche anspruchsvollen Beweismittel ist nur im Verfahren gem. § 727 ZPO gerechtfertigt. Denn zuständig für die Erteilung einer übertragenden Klausel ist der Rechtspfleger, der seine Entscheidung in einem als nicht kontradiktorisch angelegten Verfahren ohne Anhörung der Parteien trifft. Im Exequaturverfahren nach § 1060 ZPO entscheidet indessen der Senat eines Oberlandesgerichts, der den Antragsgegner zwingend anzuhören hat (vgl. § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2, § 1063 Abs. 1 S. 2 ZPO). Der Antragsgegner hat folglich die Gelegenheit, den Eintritt der Rechtsnachfolge zu bestreiten und so ggf. das Gericht zur Durchführung einer Beweisaufnahme zu veranlassen. In diesem Fall nimmt das Exequaturverfahren die Rechtsschutzfunktion der Klauselklage des § 731 ZPO in sich auf, für die die Beweismittelbeschränkung des § 727 ZPO ebenfalls nicht gilt (vgl. Wagner a.a.O. S. 33f; Schwab/Walter, Musielak/Voit a.a.O.; s. auch Stein/Jonas/Schlosser a.a.O.: "Verzicht auf den Nachweis gem. § 727 ZPO ohne mündliche Verhandlung nur, wenn - wie hier - Rechtsnachfolge unstreitig").
Dementsprechend ist es hier zulässig, eine etwa zugunsten der OHG ergangene schiedsgerichtliche Verurteilung (III. des Schiedsspruchs) gem. § 1060 ZPO zugunsten des Ast. zu 2 für vollstreckbar zu erklären; denn er ist unstreitig Rechtsnachfolger der OHG geworden.