Recht und Steuern

A4a Nr. 65

A4a Nr. 65
§ 1025 Abs. 4,§ 1064 Abs. 1 + 3 ZPO; Art. VII Abs. 1 Übereinkommen über die Anerkennung undVollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (UNÜ) -Rechtsbeschwerde. Anerkennung und Vollstreckung nach UNÜ oder nach nationalemRecht: Günstigkeitsprinzip. Vorzulegende Urkunden
Eine Rechtsbeschwerde gegen die Vollstreckbarerklärung einesausländischen Schiedsspruchs wegen Grundsätzlichkeit oder zur Sicherung einereinheitlichen Rechtsprechung kann insbesondere zugelassen werden, wenn indiesem Verfahren Verfahrensgrundsätze oder der ordre public verletzt wordensind.
In der Bundesrepublik Deutschland kann jeder im Ausland ergangeneSchiedsspruch nach dem UNÜ anerkannt und vollstreckt werden. Das UNÜ lässt aberdie Anwendung nationalen Rechts zu, soweit es für die Anerkennung undVollstreckung günstiger ist (Art. VII Abs. 1 UNÜ). Das deutsche Gericht darfdaher - auch ohne dass die Parteien sich darauf berufen - auf dasanerkennungsfreundlichere innerstaatliche Recht in toto zurückgreifen; es mussvölkerrechtliche Verträge ebenso wie (originär-) nationales Recht von Amtswegen beachten.
§ 1064 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO fordert für den Antrag aufVollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs lediglich die Vorlagedes Schiedsspruchs in Ur- oder beglaubigter Abschrift, anders als Art. IV UNÜaber nicht die Vorlage einer in bestimmter Weise beglaubigten Übersetzung desSchiedsspruchs oder der Schiedsvereinbarung.
BGH Beschlussvom 25.9.2003 - III ZB 68/02; Internationales Handelsrecht (IHR) 2003, 298;Hamburger Seerechts-Report 2003, 196;SchiedsVZ 2003, 281; MDR 2004, 228; NJW-RR2004,1504 = RKS A 4 a Nr. 65
Aus denGründen:
Das OLGHamburg hat einen schwedischen Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. DieRechtsbeschwerde ist nicht zulässig. Die Zulassung unter dem Gesichtspunkt derGrundsätzlichkeit oder dem der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechungwäre insbesondere in Betracht gekommen, wenn in diesemVollstreckbarerklärungsverfahren Verfahrensgrundrechte oder der ordre publicverletzt worden wären (§ 575 Abs. 3 Nr. 2 ZPO).
DieRechtsbeschwerde begehrt die Zulassung wegen Grundsätzlichkeit und zurFortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 1 ZPO), weil imStreitfall zu klären sei, ob für die nach Art. IV Abs. 2 S. 2 UNÜerforderliche Beglaubigung von Übersetzungen des Schiedsspruchs und derSchiedsvereinbarung die Beglaubigung durch einen Honorarkonsul genüge.
Diese Frageist nicht entscheidungserheblich. Das OLG ist zulässigerweise von dennationalen Bestimmungen über die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (§§1025 Abs. 4; 1061 bis 1065 ZPO) und nicht unmittelbar von dem UNÜ ausgegangen.
Im Streitfallist die unmittelbare Anwendung des UNÜ eröffnet. Nachdem die BundesrepublikDeutschland den Vertragsstaatenvorbehalt (Art. I Abs. 3 Satz 1 UNÜ)zurückgezogen hat, kann in der Bundesrepublik jeder Schiedsspruch, der imAusland, hier: Schweden, ergangen ist (Art. I Abs. 1 S. 1 UNÜ) nach demUNÜ anerkannt und vollstreckt werden (Senatsurteil vom 1.2.2001 - III ZR 332/99- BGH Report 2001, 344, 345 = RKS A 4 a Nr. 56). Das UNÜ läßt aber dieAnwendung nationalen Rechts zu, soweit es der Anerkennung und Vollstreckung desSchiedsspruchs günstiger ist (Art. VII Abs. 1 UNÜ). Das deutsche Gericht istdeshalb befugt - auch ohne dass sich die Parteien darauf berufen - auf dasanerkennungsfreundlichere innerstaatliche Recht in toto zurückzugreifen; dennes hat das Recht - völkerrechtliche Verträge ebenso wie (originär-) nationalesRecht - von Amts wegen zu beachten (allgemeine Ansicht , vgl. Senatsurteile vom12.2.1976 - III ZR 42/74 - WM 1976, 435 f = HSG A 4 a Nr. 16 und vom 10.5.1984- III ZR 206/82 - WM 1984, 1014 = RKS A 4 b Nr. 15) BGH 26.6.1969VII ZR 32/67 BGHZ 52, 184, 187 = HSG A 4 a Nr. 8 <zum GenferAbkommen von 1927>; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 22. Aufl. 2002 Anhang § 1061Rd-Nr. 160f; MünchKommZPO/Gottwald 2. Aufl. 2001 Schlussanhang IZPR Art. VIIUNÜ Rd-Nr. 4; Bredow in Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der internationaleRechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen <Stand: Januar 2003> Art. VIIUNÜ Erl. 1 a.E.; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit 6. Aufl. 2000 Kap. 42Rd-Nr. 25f.).
Die mithinanwendbare ZPO verweist im Grundsatz auf das UNÜ (§ 1061 Abs. 1 S. 1), trifft jedoch hinsichtlich der Vorlagepflichten der die Anerkennungnachsuchenden Partei eine eigenständige nationale Regelung in § 1064 Abs. 3i.V.m. Abs. 1 ZPO. Diese Regelung hat nach dem Günstigkeitsprinzip des Art. VIIAbs. 1 UNÜ Vorrang vor der entsprechenden Bestimmung des Art. IV UNÜ; denn sieist anerkennungsfreundlicher (BayObLGZ 2000, 233, 236 = RKS A 4 a Nr. 63;Stein/Jonas/Schlosser aaO. § 1064 Rd-Nr. 4; Zöller/Geimer ZPO 23. Aufl. 2002Anhang nach § 1061 Art. IV UNÜ Rd-Nr. 4; Albers inBaumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 61. Aufl. 2003 Schlussanhang Art. IVUNÜ Rd-Nr. 1; Thomas/Reichold in Thomas/Putzo ZPO 25. Aufl. 2003 § 1061 Rd-Nr.6; Musielak/Voit ZPO 3. Aufl. 2002 § 1064 Rd-Nr. 4; Schwab/Walter aaO. Kap. 58Rd-Nr. 2 a.E.; a.A. MünchKomm-Münch aaO. § 1064 Rd-Nr. 1: ergänzende Geltungdes Art. IV UNÜ neben
§ 1064 Abs. 3i.V.m. Abs. 1 ZPO). § 1064 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 ZPO fordert für den Antrag aufVollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs lediglich die Vorlagedes Schiedsspruchs in Urschrift oder beglaubigter Abschrift, was hierunstreitig geschehen ist. Auf die Vorlage einer in bestimmter Weisebeglaubigten Übersetzung des Schiedsspruchs oder der Schiedsvereinbarung kommtes - anders als bei Art. IV UNÜ - nicht an.