Recht und Steuern

A4a Nr. 98

A 4 a Nr. 98
§ 1041 ZPO - Gerichtliche Vollziehbarerklärung einer vom Schiedsgericht angeordneten vorläufigen oder sichernden Maßnahme (hier: betr. Telephonanschluss nach Beendigung einer Gemeinschaftspraxis). Abweichende Fassung der Maßnahme. Vorwegnahme der Hauptsache. Nebenintervention.
1. Nach dem in § 1041 Abs. 2 S. 1 ZPO normierten Grundsatz der Gerichtspriorität setzt der Antrag auf Vollziehbarerklärung einer einstweiligen Maßnahme des Schiedsgerichts voraus, dass nicht schon eine entsprechende Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes bei einem staatlichen Gericht beantragt worden ist. –Entsprechend– ist nur eine Maßnahme, die mit der schiedsgerichtlichen Anordnung, die das staatliche Gericht für vollziehbar erklären soll, dem Streitgegenstand nach identisch ist.
2. Die Vollziehbarerklärung einstweiliger Maßnahmen des Schiedsgerichts liegt im Ermessen des staatlichen Gerichts. Grundsätzlich sind sie für vollziehbar zu erklären. Ähnlich wie bei der Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs hat neben einer (eingeschränkten) prozessualen keine vollumfassende materiellrechtliche Prüfung zu erfolgen. Die Versagung der Vollziehbarkeit muss sich auf Fälle „greifbarer Gesetzwidrigkeit” und dem Schiedsgericht unterlaufene offensichtliche Ermessensfehler beschränken.
3. Nach der Wortfassung des § 1041 Abs. 1 ZPO unterliegt es keinem Zweifel und entspricht einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum, dass das Schiedsgericht gleichrangig neben dem staatlichen Gericht Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes, auch Leistungsanordnungen, erlassen kann.
4. Einstweilige Maßnahmen setzen einen Verfügungsgrund und einen Verfügungsanspruch voraus. Sie dürfen nicht in Rechte von nicht am Schiedsverfahren beteiligten Dritten eingreifen.
5. Laufen Leistungsverfügungen auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, so muss die notwendige Interessenabwägung eindeutig zu Gunsten desjenigen ausfallen, der die Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes unter Vorwegnahme der Hauptache anstrebt. Der Gläubiger muss auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen sein. Das ist nur ausnahmsweise der Fall, wenn ihm ansonsten schwere irreparable Nachteile drohen.
6. Das staatliche Gericht kann nach § 1041 Abs. 2 S. 2 ZPO die vom Schiedsgericht angeordnete einstweilige Maßnahme von Amts wegen abweichend fassen. Damit sind aber keine grundlegenden Änderungen gemeint, sondern redaktionelle Korrekturen im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz des Zwangsvollstreckungsrechts. Inhaltliche Änderungen sind gemäß Abs. 3 zwar nicht generell unzulässig, jedoch bedarf es dazu eines Antrags und einer veränderten Tatsachengrundlage.
7. Die Nebenintervention ist nach § 66 Abs. 1 ZPO nicht auf Klageverfahren beschränkt, sondern in sämtlichen in der ZPO geregelten Verfahren möglich, in denen die ergehende Entscheidung die Rechtslage des Nebenintervenienten rechtlich beeinflussen könnte, auch im Verfahren gem. § 1041 Abs. 2 ZPO.

Saarländisches OLG Beschl.v. 27.2.2007 - 4 Sch 1/07; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2007, 324 = RKS A 4 a Nr. 98

Aus dem Sachverhalt:

Die Antragstellerinnen und Schiedsklägerinnen sowie der Antragsgegner und Schiedsbeklagte betrieben eine Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform einer GbR auf Grund eines Vertrages vom 4.3.2004, der eine Schiedsvereinbarung enthält und auf einen Schiedsvertrag gleichen Datums Bezug nimmt. Der Schiedsbeklagte kündigte den Praxisvertrag zum 31.12.2006.
Die Schiedskl. haben im Schiedsverfahren u.a. einstweilige Maßnahmen hinsichtlich der von der Gemeinschaftspraxis benutzten Telephon- und Telefaxnummern beantragt. Die Telekom AG hatte den Schiedskl. bereits im Jahr 2006 neue Nummern zugeteilt, die sie in Zeitungen, Telephonbüchern veröffentlichten sowie ihren Patienten in Flugblättern mitteilten.
Durch Beschl.v. 11.1.2007, auf den in tatsächlicher Hinsicht ergänzend Bezug genommen wird (ausreichend; siehe Beschl.v.15.7.1999 BGHZ 142, 204 = RKS A 4 a Nr. 43) hat das Schiedsgericht dem Antrag der Schiedskl., dem Schiedsbekl. im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben, gegenüber der Deutschen Telekom AG zu erklären, dass er unter gleichzeitiger Kündigung der o.g. Anschlüsse eine Übertragung der Rufnummern an die Schiedskl. beantragen möge, nach Maßgabe seines Beschlusses stattgegeben. Das Schiedsgericht hat einen Verfügungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung sowie wegen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Praxisbetrieb und auch einen Verfügungsgrund bejaht. Die Schiedskl. hätten einsichtig aufgezeigt, dass bei Unterbleiben der Anordnung die Gefahr bestehe, dass der Schiedsbekl. ihnen Patienten abwerbe.
Nachdem der Schiedsbekl. die ihm aufgegebene Erklärung nicht abgegeben hat, beantragen die Schiedskl. nunmehr, die durch Beschl.v. 11.1.2007 getroffene Anordnung gem. § 1041 Abs. 2 ZPO für vollziehbar zu erklären.
Aus den Gründen:
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Der in § 1041 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 ZPO normierte Grundsatz der Gerichtspriorität hindert die Vollziehbarerklärung nicht. Danach setzt die Zulässigkeit des Antrags voraus, dass nicht schon eine (nach § 1033 ZPO letztlich unbeschränkt mögliche) entsprechende Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes bei einem staatlichen Gericht beantragt worden ist (Musielak/Voit 5. Aufl. Rd-Nr. 6, MüKo/Münch ZPO Rd-Nr. 25 zu § 1041 ZPO). Die Schiedskl. haben zwar zwischenzeitlich beim LG Saarbrücken Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes beantragt, und es ist auch eine den Anträgen entsprechende Entscheidung ergangen. Jedoch handelte es sich nicht um „entsprechende”, also mit der schiedsgerichtlichen Anordnung, die der Senat für vollziehbar erklären soll, dem Streitgegenstand nach identische Maßnahme. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren 3 O 27/07 des LG Saarbrücken wurde dem Schiedsbekl. durch Urteil v. 5.2.2007 aufgegeben, sich vorläufig jeglicher Verfügungen über die anordnungsgegenständlichen Anschlussnummern zu enthalten, insbesondere eine Umschreibung auf den Streithelfer Dr. K. (mit dem der Schiedsbekl. eine neue Gemeinschaftspraxis betreibt), zu unterlassen und einen evtl. bereits gestellten Umschreibungsantrag zurückzunehmen. Vorliegend geht es hingegen um eine Anordnung, wonach der Schiedsbekl. bei der Deutsche Telekom AG eine Übertragung der Anschlussnummern auf die Schiedskl. beantragen und gegenüber der Telekom erklären soll, dass er auf die Nutzung der entsprechenden Nummern verzichte.
2. Der mithin zulässige Antrag ist nicht begründet.
Zwar liegt ein Schiedsspruch i.S.v. § 1055 ZPO vor, der den Erfordernissen des § 1054 ZPO genügt. Auch ist von einer wirksamen Schiedsvereinbarung auszugehen, was das staatliche Gericht inzident und unabhängig von einer hier nicht erhobenen Rüge prüfen muss (Musielak/Voit a.a.O. Rd-Nr. 7 zu § 1041). Die Prüfung ist entbehrlich, wenn eine Präklusion nach § 1040 Abs. 2 ZPO eingetreten ist (Musielak a.a.O.; Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. Rd-Nr. 3 zu § 1041). Die Anordnung der Vollziehbarkeit hätte gem. § 1060 Abs. 2 S. 1 ZPO jedenfalls zu unterbleiben, wenn Gründe gegeben sind, die nach § 1059 Abs. 2 zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen müssen. Einwendungen nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO werden vom Schiedsbekl. nicht geltend gemacht. Die von Amts wegen zu prüfenden Voraussetzugen einer Aufhebung nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Der Gegenstand ist nach deutschem Recht schiedsfähig. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruches zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) zuwiderläuft. Über den ordre public wird nämlich nur ein Ausschnitt aus dem weiten Gebiet des zwingenden Rechts und der dahinter stehenden grundlegenden Rechtsprinzipien durchgesetzt. Daraus folgt, dass ein Schiedsspruch nur aufzuheben ist, wenn er mit elementaren Gerechtigkeitsvorstellungen unvereinbar ist. Die Nachprüfung durch das staatliche Gericht ist dabei auf fundamentale Normen beschränkt (Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. Rd-Nr. 56 zu § 1059 ZPO). Das Wesen der Schiedsgerichtsbarkeit als gleichwertiger Rechtsprechungsalternative verbietet eine révision au fond, weshalb die sachliche Unrichtigkeit einer Anordnung für sich genommen noch keinen Aufhebungsgrund darstellt (Zöller a.a.O. Rd-Nr. 74, 75 zu § 1059 m.w.N.). Das Fehlen eines Verfügungsanspruches und/oder eines Verfügungsgrundes begründet daher noch keinen Verstoß gegen den „ordre public”.
Aus dem Umstand, dass kein Aufhebungsgrund festzustellen ist, kann nicht gefolgert werden, dass dem Antrag ohne weiteres stattzugeben ist. Vielmehr liegt die Vollziehbarkeitserklärung nach § 1041 Abs. 2 im pflichtgemäßen Interesse des staatlichen Gerichts.
In der Kommentarliteratur wird teilweise die Ansicht vertreten, das staatliche Gericht habe die vom Schiedsgericht angeordneten Maßnahmen im Rahmen des § 1041 Abs. 2 ZPO umfassend auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Begründet wird dies damit, dass der Rechtsschutz gegenüber dem Verfahren nach § 1033 ZPO nicht verkürzt werden dürfe (Zöller/Geimer a.a.O. Rd-Nr. 3 zu § 1041).
Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Er geht mit der h.M. davon aus, dass einstweilige Maßnahmen eines Schiedsgerichts grundsätzlich für vollziehbar zu erklären sind und dass neben einer (eingeschränkten) prozessualen keine vollumfassende materiell-rechtliche Prüfung zu erfolgen hat (MüKo/Münch a.a.O. Rd-Nr. 25; Stein/Jonas/Schosser ZPO 22. Aufl. Rd-Nr. 14 zu § 1041). Denn im Regelfall hat das Schiedsgericht die erforderliche Abwägung zwischen den Interessen der Parteien beim Erlass einer einstweiligen Maßnahme bereits vorgenommen, so dass für eine eigene Entscheidung des staatlichen Gerichts wenig Raum bleibt (so Musielak a.a.O. Rd-Nr. 8 zu § 1041 mwN.). Die Versagung der Vollziehbarkeitserklärung muss sich auf Fälle „greifbarer Gesetzeswidrigkeit” und dem Schiedsgericht unterlaufene offensichtliche Ermessensfehler beschränken (Baumbach/Lauterbach ZPO 65. Aufl. Rd-Nr. 4 zu § 1041 mwN.). Dem staatlichen Gericht kann nicht zugemutet werden, eine offenkundig rechtswidrige schiedsgerichtliche Anordnung des einstweiligen Rechtsschutzes für vollziehbar zu erklären und hierfür die Verantwortung zu übernehmen.
3. In Anwendung dieser Grundsätze sieht sich der Senat aus offenkundigen Rechtsgründen gehindert, die Beschlussverfügung des Schiedsgerichts für volziehbar zu erklären. Zum einen fehlte es im Zeitpunkt der Anordnung ersichtlich an einem die Leistungsverfügung tragenden Verfügungsgrund. Zm anderen hat das Schiedsgericht die möglichen Auswirkungen auf Rechte des nicht am Schiedsverfahren beteiligten Streithelfers Dr. K. zwar erkannt, jedoch die Ansicht vertreten, die Klärung dieser Fragen könne dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorbehalten bleiben. Diese Ansicht vermag der Senat gerade bei Leistungsverfügungen, die auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaslaufen, nicht zu teilen.
Nach der Wortfassung des § 1041 Abs. 1 ZPO unterliegt es zunächst keinem Zweifel und entspricht es im Übrigen einhelliger Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum, dass das Schiedsgericht gleichrangig neben dem staatlichen Gericht in der Lage ist („kann”), Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes zu erlassen. Auch wenn das Schiedsgericht zur Abnahme eidesstattlicher Versicherungen nicht befugt ist und es sich zur Glaubhaftmachung anderer Mittel bedienen muss (Zöller/Geimer a.a.O. Rd-Nr. 2 zu § 1041), ist es an der Anordnung solcher Maßnahmen nicht gehindert. Prinzipiell kann das Schiedsgericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes auch Leistungsanordnungen treffen. Eine andere Frage ist, ob die beschränkten Erkenntnismöglichkeiten dem Schiedsgericht Anlass sein sollten, bei die Hauptsache vorwegnehmenden Befriedigungsanordnungen Zurückhaltung zu üben.
4. Es erscheint bereits fraglich, kann aber letztlich dahingestellt bleiben, ob ein Verfügungsanspruch zu bejahen ist. Dass die bei Eintritt der Schiedskl. in die Praxisgemeinschaft bereits vorhandenen, auf den Schiedsbekl. registrierten Telephon- und Faxanschlüsse und die zugehörigen Nummern, bei denen es sich nicht um „Neuanschaffungen” i.S.d. § 5 Ziffer 1 des Praxisgemeinschaftsvertrages handelte, zum „good will” der Praxisgemeinschaft gehörten, versteht sich nicht von selbst. Die Rufnummern sind keine „Sachen” und gem. § 20 Abs. 2 TKV nicht selbständig übertragbar. Ohne Kenntnis der bei Gründung der Praxisgemeinschaft im Jahr 1994 getroffenen Vereinbarungen kann nicht ohne weiteres unterstellt werden, dass der Schiedsbekl. seine Anschlüsse und die zugehörigen Nummern als Beitrag i.S.v. § 706 BGB in das Gesellschaftsvermögen überführt hat. Nur wenn es sich um Bestandteile des Gesellschaftsvermögens handeln würde, könnten nach dem Ausscheiden des Schiedsbekl. aus der Praxisgemeinschaft Alleinzuweisungsansprüche der vebliebenen Gesellschafter nach §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB (vgl. hierzu Palandt/Sprau BGB 66. Aufl. Rd-Nr. 126 f. zu § 8234 BGB mwN.; OLG München NJW-RR 1994, 1054, 1055; Bamberger/Roth BGB Rd-Nr. 118 zu § 823) oder analog den §§ 861, 858 BGB bestehen. Denkbar wäre auch, dass der Schiedsbekl. „seine” Anschlüsse und Nummern den Mitgesellschaftern der Praxisgemeinschaft nur leihweise (§ 598 f. BGB) zur Mitbenutzung zur Verfügung gestellt hat. Wären die Schiedskl. bloße Mitnutzerinnen der Anschlüsse und Nummern auf der Grundlage eines Leihvertrages, ergäbe sich kein Zuweisungsanspruch unter Ausschluss des Schiedsbekl. und des Streithelfers, wobei Letzterer die Nummern eigenen Angaben zufolge seit Mai 2006 mit Einverständnis des Schiedsbekl. ebenfalls benutzt hat und er sie weiter für seine Praxis nutzt.
Die sich in dem Zusammenhang ergebenden Rechtsfragen können jedoch auf sich beruhen und bedürfen keiner abschließenden Entscheidung. Denn zum einen fehlte es im Zeitpunkt der Eilmaßnahme des Schiedsgerichts offensichtlich an einem die Leistungsanordnung tragenden Verfügungsgrund (aa). Zum anderen durfte die schiedsgerichtliche Anordnung auch deshalb nicht ergehen, weil dadurch in die Rechte von nicht am Schiedsverfahren beteiligten Dritten, insbesondere des Streithelfers Dr. K. (ggf. auch der Deutsche Telekom AG, die in der Wahl ihrer Vertragspartner grundsätzlich frei ist), eingegriffen würde (bb).
5. (aa) Eine Leistungsverfügung setzt nach h.M. in Rechtsprechung und Schrifttum voraus, dass der Gläubiger auf die sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist. Das ist nur ausnahmsweise der Fall, wenn dem Gläubiger ansonsten schwere irreparable Nachteile drohen. Nur bei Vorliegen dieser strengen Vorausstzungen kommt eine Leistungs- oder Befriedigungsverfügung in Betracht (Zöller/Vollkommer Rd-Nr. 6 zu § 1040 mwN., Rd-Nr. 9 zu § 935 sowie Rd-Nr. 4 zu § 938). Selbst wenn man in analoger Anwendung der zum Besitzentzug im Wege verbotener Eigenmacht entwickelten Grundsätze den Eilrechtsschutz bei Rechtsbeeinträchtigungen, die „Besitzstörungen” vergleichbar sind, großzügiger handhaben wollte, würde eine Leistungsverfügung jedenfalls voraussetzen, dass die Interessenabwägung eindeutig zu Gunsten desjenigen ausfällt, der die Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes unter Vorwegnahme der Hauptsache anstrebt.
Im Streitfall schlägt die Interessenabwägung jedoch zum Nachteil der Schiedskl. aus. Diese waren auf die Nutzung der regelungsgegenständlichen Anschlussnummern am 11.1.2007 nicht mehr dringend angewiesen. Die Schiedskl. betreiben ihre Praxisgemeinschaft in den Räumen weiter, die den Patienten seit Jahren bekannt sind. Schon das spricht gegen einen zu erwartenden massiven Patientenschwund. Im Übrigen hat der Streit um die Zuweisung der Anschlussnummern nicht erst bei deren Ummeldung durch den Schiedsbekl. im Dezember 2006 begonnen. Die Auseinandersetzungen nahmen im Sommer 2006 ihren Anfang, als die Schiedskl. versuchten, die Anschlussnummern ohne Wissen des Schiedsbekl. auf die Praxisgemeinschaft registrieren zu lassen. Die Schiedskl. traf die vom Schiedsbekl. im Dezember 2006 veranlasste Überleitung der Anschlussnummern auf die mit dem Streithelfer neu gegründete Geeinschaftspraxis keineswegs gänzlich unvorbereitet. Die Schiedskl. hatten sich bereits im zweiten Halbjahr 2006 und damit lange vor der schiedsgerichtlichen Anordnung von der Deutsche Telekom AG eigene Anschlussnummern zuteilen lassen. Diese neuen Nummern haben sie im Oktober 2006 im Wochenspiegel und Ende Dezember 2006 in der Saarbrücker Zeitung publizieren lassen. Die neuen Rufnummern wurden in den „Gelben Seiten Regional 2006/2007” veröffentlicht, was unter Berücksichtigung der üblichen Anzeigeschlusszeiten darauf hinweist, dass die Schiedskl. für den Fall der Nichtübertragung der alten Nummern umfassend Vorsorge getroffen hatten. Außerdem haben sie an ihre Patienten Flugblätter mit den neuen Tel.-nummern und der neuen Faxnummer verteilt. ....
Aus alledem folgt, dass schon im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Schiedsgerichts für die Schiedskl. bei Unterbleiben der Eilanordnung jedenfalls keine so gravierenden Nachteile zu besorgen waren, dass unter Vorwegnahme der Hauptsache die endgültige Zuweisung der Anschlussnummern an die Schiedskl. geboten gewesen wäre. Würde der Senat die Anordnung dennoch für vollziehbar erklären und wäre der Schiedsbekl. verpflichtet, die „alten” Anschlussnummern unter Aufgabe eigener Rechte auf die Schiedskl. übertragen zu lassen, hätte dies zur Folge, dass der Schiedsbekl. selbst, aber auch der am Schiedsverfahren nicht beteiligte Streithelfer Dr. K., der die Nummern eigenen Angaben zufolge seit Mai 2006 ebenfalls nutzt und der wie der Schiedsbekl. im Gegensatz zu den Schiedskl. nicht über Ersatznummern verfügt, zumindest vorübergehend für Patienten tel. und per Telefax nicht erreichbar wäre. Das würde nicht nur zu unnötiger Verwirrung bei den Patienten aller beteiligten Ärzte führen. Die Anordnung könnte für Patienten, die krankheitsbedingt ständiger hausärztlicher Betreuung und Kontrolle bedürfen, ggf. sogar gesundheitliche Gefahren mit sich bringen, wenn der behandelnde Arzt in Notfällen tel. nicht mehr erreichbar wäre. Daran kann im Interesse keinem der beteiligten Ärzte gelegen sein.
(bb) Ein weiterer, für die Abweisung des Antrags auf Vollziehbarerklärung maßgeblicher Aspekt ist, dass durch eine Vollstreckung der Anordnung des Schiedsgerichts in die Praxisausübung des am Schiedsverfahren nicht beteiligten Streithelfers Dr. K. eingegriffen und diesem nachteilige Fakten geschaffen würden. Das Schiedsgericht hat bei Anordnungen gem. § 1041 Abs. 1 ZPO zwar einen gewissen Ermessensfreiraum („für erforderlich hält”). Es darf aber keine Anordnungen insbesondere Leistungsverfügungen erlassen, wenn zu besorgen ist, dass dadurch in Rechte Dritter eingegriffen wird (Thomas/Putzo 27. Aufl., Rd-Nr. 2, Baumbach/Lauterbach Rd-Nr. 2 zu § 1041 ZPO). Das Schiedsgericht durfte diese Problematik nicht ausklammern und dem Zwangsvollstreckungsverfahren überlassen. Das Schiedsgericht hätte wegen des mit einer endgültigen Zuweisung der Anschlussnummern an die Schiedskl. verbundenen Eingriffs in Rechte von Dr. K, die Nummern seit Mai 2006 als alleinige Anschlussnummern seiner Praxis zu nutzen, von einer Eilanordnung dieses Inhalts absehen müssen.
6. Zwar hat das staatliche Gericht nach § 1041 Abs. 2 S. 2 ZPO die Möglichkeit, die vom Schiedsgericht angeordnete Maßnahme von Amts wegen abweichend zu fassen. Gemeint sind aber keine grundlegenden Änderungen, sondern redaktionelle Korrekturen im Hinblick auf den Bestimmtheitsgrundsatz des Zwangsvollstreckungsrechts (Zöller/Geimer Rd-Nr. 3 zu § 1041). Inhaltliche Änderungen sind gem. § 1041 Abs. 3 ZPO zwar nicht generell unzulässig, jedoch bedarf es dazu eines Antrages und einer veränderten Tatsachengrundlage (Zöller a.a.O.).
Nach alledem war der Antrag der Schiedskl. abzulehnen.
Die Kosten des Verfahrens ....
7. Der Beitritt des Streitverkündeten war zulässig. Die Nebenintervention ist nach § 66 Abs. 1 ZPO nicht auf Klageverfahren beschränkt, sondern in sämtlichen in der ZPO geregelten Verfahren möglich, in denen die ergehende Entscheidung die Rechtslage des Nebenintervenienten rechtlich beeinflussen könnte (Zöller/Vollkommer Rd-Nr. 2 zu § 66 mwN.).
8. Der Streitwert bemisst sich nach dem Wert des Anspruchs, über den im Schiedsverfahren erkannt worden ist (Stein/Jonas/Schlosser Rd-Nr. 14 zu § 1063). Der Senat schätzt das Interesse der Schiedskl. an der entsprechenden Anordnung gem. § 3 ZPO auf 10.000 Euro. Der Senat hat in seine Überlegungen einbezogen, dass die Schiedskl. die wirtschaftliche Bedeutung der Anschlussnummern hervorheben, was prinzipiell zutreffend ist und vom Schiedsbekl. auch nicht ernsthaft in Abrede gestellt wird. Jedoch sind bei objektivierter Betrachtung die bei Unterbleiben der Anordnung zu erwartenden Beeinträchtigungen des Praxisbetriebes der Schiedskl. nicht allzu gravierend.