Recht und Steuern

A4a Nr.60

A4a Nr.60
Art. IV, VUNÜ; Art. III Section 1287.4+6 Californian Code of Civil Procedure (CalCCP); §§1055, 1061 ZPO - Vollstreckbarerklärung eines „bestätigten” kalifornischenSchiedsspruchs. Vollstreckbarer Inhalt
Nach Sect. 1287.6 Californian Code of Civil Procedure hat einSchiedsspruch, der vom zuständigen staatlichen Gericht nicht bestätigt oderaufgehoben wurde, (anders als nach deutschem Recht, § 1055 ZPO) nur dieselbeKraft und Wirksamkeit wie ein schriftlicher Vertrag zwischen den amSchiedsverfahren beteiligten Parteien. Gleichwohl kann der Schiedsspruchfür vollstreckbar erklärt werden, wenn ihm durch die ihn bestätigendeEntscheidung des Superior Court Urteilswirkung mit entsprechenderVollstreckbarkeit zukommt, selbst wenn diese Entscheidung noch nichtrechtskräftig ist.
Ob ein Schiedsspruch einen vollstreckbaren Inhalt hat, ist nicht im Verfahrender Vollstreckbarerklärung, sondern erst im Verfahren zur Erteilung derVollstreckungsklausel zu prüfen.
BayObLG Beschl.v.22.11.2002 - 4 Z Sch 13/02; Internationales Handelsrecht (IHR) 2003, 140 =NJW-RR 2003, 502 = RKS A 4 a Nr. 60
Aus demSachverhalt:
DieAntragsgegnerin erwarb von einer Filmproduzentin auf Grund einer Lizenzvereinbarungvom 31.1.2000 das Recht, einen Spielfilm in mehreren Staaten allein zuvertreiben. In einer Notice of Assignment vom 11.2.2000 trat die Produzentinihren Anspruch auf die Lizenzgebühr gegen die Ag. mit deren Zustimmung an dieAntragstellerin ab. In Nr. 3 der Notice vereinbarten die Parteien, daß jedeMeinungsverschiedenheit zwischen den Parteien im Rahmen der Notice durch einverbindliches Schiedsverfahren nach der Internationalen Schiedsordnung derAmerican Film Marketing Association „AFMA” beigelegt wird. Nach einem Streit,ob das Filmmaterial rechtzeitig geliefert und einwandfrei war, leitete die Ast.am 20. 6. 2001 das Schiedsverfahren ein. Nach mündlicher Verhandlung mitBeweisaufnahme erließ der Einzelschiedsrichter am 11.10.2001 einen„Arbitrator–s Interim Award”:
„Nach Maßgabeder –Notice...– hat die Ast. einen Anspruch (1) auf die Lizenzgebühr in Höhevon 5.287.500 US$ ... (2) auf Zinsen ... (3) Der Film wurde in vollkommenerÜbereinstimmung mit der Vertriebsvereinbarung (Distribution Agreement) und der–Notice of Assignment– ausgehändigt ...”
Aus denGründen:
DieVollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruchs richtet sich nach demUNÜ (§ 1061 Abs. 1 S. 1). Die formellen Voraussetzungen für dieVollstreckbarerklärung liegen vor. Ob durch die Vorlage des vom Schiedsrichterbeglaubigten, notariell überbeglaubigten und mit einer Apostille versehenen Ausfertigung des Schiedsspruchs sowie der in Nr. 3 der Noticeenthaltenen Schiedsklausel die formellen Voraussetzungen für dieVollstreckbarerklärung nach Art. IV UNÜ erfüllt sind, kann dahinstehen, dazwischen den Parteien unstreitig ist, daß die in Nr. 3 der Notice enthalteneSchiedsklausel vereinbart wurde und das Schiedsgericht den Schiedssprucherlassen hat (BGH NJW 2000, 3650 = RKS A 4 a Nr. 51; 2001, 1730 = RKS A 4 a Nr.50).
Bei dem streitgegenständlichen Schiedsspruch handelt es sich spätestens seitder Entscheidung des ihn bestätigenden Urteils des Superior Court vom 27.2.2000um einen anerkennungsfähigen Schiedsspruch i.S.d. UNÜ, der für vollstreckbarerklärt werden kann.
Zwar könnenEntscheidungen, die nur schuldrechtliche Wirkungen entfalten und denen keineUrteilswirkungzukommt, nicht nach dem UNÜ vollstreckt werden (BGH NJW 1982, 1224 = RKSA 4 a Nr. 19 - zum „lodo di arbitrato irrituale”). Nach Sect. 1287.6 CalCCP hatein Schiedsspruch, der nicht bestätigt oder aufgehoben wurde, (abweichend vomdeutschen Recht, § 1055 ZPO) dieselbe Kraft und Wirksamkeit wie einschriftlicher Vertrag zwischen den am Schiedsverfahren beteiligtenParteien (§ 1287.6 „An award that has not been confirmed or vacated has thesame force and effect as a contract in writing between the parties to thearbitration”).
Gleichwohlkann der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt werden, da ihm bereits durchdie noch nicht rechtskräftige, ihn bestätigende Entscheidung des SuperiorCourt vom 27.2.2002 gem. Sect. 1287.4 CalCCP Urteilswirkung mit entsprechenderVollstreckbarkeit zukommt. Nach dieser Bestimmung wird im Falle der Bestätigungdes Schiedsspruchs ein damit übereinstimmendes Urteil „eingetragen”, dasdieselbe Kraft und Wirksamkeit hat wie ein Urteil in einemZivilverfahren derselben gerichtlichen Klassifizierung, und es kann wie jedesandere Urteil des Gerichts in einem Verfahren derselben gerichtlichenKlassifizierung vollstreckt werden.
(„If an awardis confirmed, judgment shall be entered in conformity therewith. The judgmentso entered has the same force and effect as, and is subject to all theprovisions of law relating to, a judgment in a civil action of the samejurisdictional classification; and it may be enforced like any other judgmentof the court in which it is entered, in an action of the same jurisdictionalclassification”).
Der Einwand,eine Vollstreckbarerklärung des Nr. 3 des Schiedsspruchs könne mangelsvollstreckungsfähigen Inhalts nicht erfolgen, greift nicht durch, da dieseFrage im Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren grundsätzlich offen bleibenkann. Sie ist erst im Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zuprüfen (BayObLG 27.7.1999 BB 1999, 1948; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 22. Aufl. §1060 Rd-Nr. 2; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 6. Aufl. Kap. 26Rd-Nr. 7).
Versagungs-oder Aufhebungsgründe i.S.d. § Art. V UNÜ liegen nicht vor. Der Schiedsspruchist bindend i.S.d. Art. V Abs. 1 e UNÜ). Ein Schiedsspruch ist für die Parteiendann verbindlich geworden, wenn er weder bei einer höheren schiedsrichterlichenInstanz noch mit einem Rechtsmittel angegriffen werden kann (BGH 14.4.1988 BGHZ104, 178 = NJW 1988, 3090). Das trifft auf den streitgegenständlichenSchiedsspruch zu. Eine Überprüfung des Schiedsspruchs durch eine höhereschiedsrichterliche Instanz haben die Parteien nicht vereinbart. Das von derAg. betriebene gerichtliche Aufhebungsverfahren nach Sect. 1285 CalCCP („Anyparty to an arbitration in which an award has been made may petition to the thecourt to confirm, correct or vacate the award...”) hindert dieVollstreckbarerklärung nicht, da es lediglich die Möglichkeit bietet, denSchiedsspruch durch eine dem deutschen Aufhebungsantrag (§1059 ZPO)entsprechende Klage nachträglich zu beseitigen und dies der Verbindlichkeitnicht entgegensteht (BGHZ 52, 184 [199 ] = NJW 1969, 2093 = HSG A 4 a Nr. 8).
Die geltendgemachten Versagungsgründe des Art. V Abs. 1 b und c UNÜ liegen nicht vor. DieAg. war im Schiedsverfahren nicht gehindert, ihre Angriffs- undVerteidigungsmittel geltend zu machen (wird ausgeführt).
Von derbeantragten Aussetzung des Verfahrens nach VI UNÜ hat der Senat abgesehen, daer wegen des Fehlens von Versagungs- oder Aufhebungsgründen i.S.d. Art. V UNÜdie Erwartung der Ag., das anhängige Rechtsmittelverfahren vor dem Court ofAppeal of the State of California habe gute Erfolgsaussichten, nicht teilt.