Recht und Steuern

A4a Nr. 112

A 4 a Nr. 112
Rechtsschutzinteresse: Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut, ohne vollstreckungsfähigen Inhalt

Die Vollstreckbarerklärung hängt nicht davon ab, dass der Schiedsspruch einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
An der Vollstreckbarerklärung besteht grundsätzlich ein Rechtsschutzinteresse; sein Fehlen bildet die Ausnahme. Das gilt auch für einen auf Antrag der Parteien nach einem Vergleich ergangenen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut.
Die Erklärung soll den Schiedsspruch auch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichern, was nur durch die Vollstreckbarerklärung gewährleistet ist. Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut unterliegt wie ein gewöhnlicher Schiedsspruch der ordre-public-Prüfung des staatlichen Gerichts. Die Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind auch nach Ablauf der für den Aufhebungsantrag bestimmten Fristen (§ 1059 Abs. 3 ZPO) zu berücksichtigen. Nur wenn der Schiedsspruch vollstreckbar erklärt ist, kann der Aufhebungsantrag nicht mehr gestellt werden.
Ein Rechtsschutzinteresse besteht auch, weil der Schiedsspruch die Grundlage für einen späteren Kostenschiedsspruch bilden kann.


OLG München Beschl.v. 28.Januar 2009 – 34 Sch 22/08; Zeitschrift für Schiedsverfahrens-recht 2009,127 = RKS A 4 a Nr. 112

Nach einem Rechtsstreit aus einem Bauvorhaben erließ das Schiedsgericht am 26.6.2008 auf Antrag der Parteien einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut.

Aus den Gründen:

Das OLG München ist für die Entscheidung über den Antrag vom 30.10.2008 auf Vollstreckbarerklärung des in München ergangenen Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut zuständig (§ 1025 Abs. 1, § 1053 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004 GVBl. S. 471).

Der Antrag ist zulässig und begründet. Die formellen Voraussetzungen hat die Antragstellerin durch Vorlage des Schiedsspruchs vom 26.6.2008 in Urschrift erfüllt (§ 1064 Abs. 1 S. 1 ZPO). Der Schiedsspruch selbst erfüllt die förmlichen Voraussetzungen des § 1053 Abs. 2 S. 1, § 1054 Abs. 1 und 3 ZPO).

Die Vollstreckbarerklärung hängt nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des BGH (WM 2006, 1121 = RKS A 4 a Nr. 82) nicht davon ab, dass der Schiedsspruch einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.

Die Vollstreckbarerklärung soll den Spruch auch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichern. Dies ist nur durch die Vollstreckbarerklärung gewährleistet (BGH aaO.). Nichts anderes gilt bei einem auf Antrag der Parteien nach einem Vergleich ergangenen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (§ 1053 Abs. 1 ZPO). Dieser unterliegt wie ein gewöhnlicher Schiedsspruch der ordre-public-Prüfung des ordentlichen Gerichts. Auch nach Ablauf der für den Aufhebungsantrag bestimmten Fristen (§ 1059 Abs. 3 ZPO) sind die Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu berücksichtigen. Nur dann, wenn der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt worden ist, kann der Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs nicht mehr gestellt werden (§ 1059 Abs. 3 S. 4 ZPO; vgl. BGH Beschl.v. 2.11.2000 – III ZB 55/99 NJW 2001, 373). Insoweit kann es nicht zweifelhaft sein, dass auch an der Vollstreckbarerklärung eines in einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut festgehaltenen Vergleichs, unabhängig von dessen vollstreckbarem Inhalt, grundsätzlich ein Rechtsschutzinteresse besteht und dessen Fehlen die Ausnahme bildet. Im Hinblick auf die erreichte Streitklärung und die mehrjährige Bindung der Parteien an die getroffenen Abreden hat der Senat am Rechtsschutzinteresse der ASt. keine Zweifel–.

Nach dem Ausspruch in Zi. VII, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben werden, kann die ASt. von den AGg. zwar keine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten, also insbesondere ihrer Anwaltskosten, verlangen; es ist aber nicht auszuschließen, dass hinsichtlich vorgestreckter Kosten für das schiedsgerichtliche Verfahren ein Kostenerstattungsanspruch in Frage kommt (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 29. Aufl. § 92 Rd-Nr. 5) und der Ausspruch des Schiedsgerichts insoweit die Grundlage für einen späteren Kostenschiedsspruch bilden kann (BGH WM 2006, 1121, 1123 = RKS A 4 a Nr.82).Versagungs- oder Aufhebungsgründe i.S.v. § 1059 Abs. 2 ZPO sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91a, 92 Abs. Abs. 1, § 100 ZPO. Der Rechtsgedanke des § 93 ZPO (vgl. OLG Stuttgart OLG-Report 2009, 30) ist zugunsten der AGg. schon deshalb nicht heranzuziehen, weil diese durch die verzögerte Erfüllung ihrer (vollständigen) Zahlungspflicht Anlass gegeben haben, den Vollstreckbarerklärungsantrag zu stellen–. (wird ausgeführt).
Soweit es um den erledigten Teil des Antrags geht, sind folgende Erwägungen maßgeblich: Die ASt. hat ursprünglich ohne Einschränkung die Vollstreckbarerklärung beantragt, obwohl bereits vor Anhängigkeit ein Teilbetrag bezahlt war. Daher hätte insoweit eine Einschränkung des Antrags vorgenommen werden müssen, weil an der Vollstreckbarerklärung eines – auch nur teilweise – ohne Vorbehalt erfüllten Schiedsspruchs kein Rechtsschutzinteresse besteht. Wegen der im Zuge des anhängigen Verfahrens bezahlten 11.362 – wären die AGg. unterlegen gewesen, weil die Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung gegeben waren. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ff. ZPO. Der Kostenausspruch hat neben der Hauptsache keinen selbständigen Wert (§ 4 ZPO).