Recht und Steuern

A4a Nr. 109

A 4a Nr. 109
§ 1059 Abs. 2 + 3 ZPO Rechtsschutzbedürfnis für Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs trotz Zweifel an seiner Vollstreckbarkeit
Die Vollstreckbarerklärung ist Voraussetzung der Zwangsvollstreckung, nicht jedoch umgekehrt deren konkrete Durchführbarkeit Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung.
Der Sinn der Vollstreckbarerklärung liegt auch in der Präklusionswirkung des § 1059 Abs. 3 S. 4 ZPO: Die Aufhebung des Schiedsspruchs kann nicht mehr beantragt werden, nachdem er von einem deutschen Gericht für vollstreckbar erklärt worden ist; die Vollstreckbarerklärung schützt den Schiedsspruch umfassend gegen Aufhebungsgründe.
Für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs besteht daher auch dann ein Rechtsschutzunteresse, wenn dieser gar keine vollstreckbare Verurteilung enthält. Die Vollstreckbarkeit kann im Vollstreckbarerklärungsverfahren offen bleiben und ist erst im Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu prüfen.
OLG München Beschl.v. 31.1.2008 - 34 Sch 013/07; RKS A 4 a Nr. 109
Aus dem Sachverhalt:
Der Antragsteller ist Stukkateurmeister und hat Putz- sowie Trockenbauarbeiten am Wohnhaus des Antragsgegners durchgeführt. Für Streitigkeiten aus dem Bauvertrag wurde eine Schiedsvereinbarung getroffen. Die Parteien streiten über Werklohnforde­rungen des Antragstellers. Am 19.6.2007 erging durch das Schiedsgericht ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, der auf einem Vergleich der Parteien vom 16.5.2007 beruht.
Dieser hat folgenden Inhalt:
„1. Der Beklagte zahlt an den Kläger noch einen Betrag in Höhe von brutto 14.268 Euro.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Damit sind alle Ansprüche finanzieller Natur, nicht die Gewährleistung, erledigt.
Dieser Vergleich beruht auf der Annahme, dass der Beklagte die unter Anlage B 3 - unter der Rubrik ”bereits bezahlt” - aufgeführten Beträge tatsächlich bezahlt hat. Es handelt sich um den in Klammern aufgeführten Betrag in Höhe von 6.982, 42 Euro netto, wobei dieser Betrag bei der Berechnung des Vergleichsbetrags mit ca. 7.000 Euro in Ansatz gebracht wurde. Sollte diese Zahlung tatsächlich nicht geleistet worden sein, erhöht sich - und darüber sind sich die Parteien völlig einig - die zu zahlende Summe unter Ziffer 1. um brutto 8.120 Euro bzw. falls Teilbeträge bezahlt worden sind, um die nicht bezahlten Teilbeträge.”
Unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs hat der Antragsteller die Vollstreckbarerklärung beantragt und klargestellt, dass diese nur hinsichtlich eines noch offenen Teilbetrags in Höhe von 8.120 Euro begehrt werde.
Der Antragsgegner wendet ein, eine Vollstreckbarerklärung sei insoweit nicht möglich, weil es sich lediglich um eine der Höhe nach unbestimmte Ver­rechnungsposition und nicht um einen festgelegten Vergleichsbetrag gehandelt habe und dem Antragsteller ein Zahlungsanspruch in dieser Höhe nicht zustehe. Die gegen die Forderung bestehenden Einwendungen könnten im Verfahren auf Vollstreckbarer­klärung des Schiedsspruchs einredeweise geltend gemacht werden, weil sie erst nach Abschluss des Schiedsverfahrens entstanden seien.
Der Schiedsspruch wurde - ausgenommen Ziffern 2 und 3 - mit der Maßgabe für vollstreckbar erklärt, dass auf die in Ziffer 1 zugesprochene Forderung 14.268 Euro bezahlt sind.
Aus den Gründen.
Dem Antrag ist stattzugeben. Das Oberlandesgericht München ist zuständig für die Entscheidung über den An­trag auf Vollstreckbarerklärung des in Augsburg ergangenen Schiedsspruchs (§ 1025 Abs. 1, § 1053 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 16.11.2004, GVBl S. 471). Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts ist jedenfalls zwingend (Reichold in Tho­mas/Putzo ZPO 28. Aufl. § 1062 Rn. 1), die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Landgerichts für die den ordentlichen Gerichten vorbehaltenen Entscheidungen durch Ziffer 6 des Schiedsvertrags ist unwirksam (vgl. Zöller/Geimer ZPO 26. Aufl. § 1062 Rn. 1). Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im vorgegebenen Umfang hat Erfolg.
Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung hat der Antragsteller durch Vorlage des Schiedsspruchs in anwaltlich beglaubigter Abschrift erfüllt (vgl. § 1064 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Schiedsspruch selbst erfüllt die förmlichen Voraussetzungen der § 1054, § 1053 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Insbesondere ist er auch endgültig und bildet eine abschließende Entscheidung, nachdem die Vergleichswiderrufsfrist am 1.6.2007 abgelaufen war.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners steht der Inhalt des Schiedsspruchs einer Vollstreckbarerklärung nicht entgegen.
Zu Unrecht bezweifelt der Antragsgegner die Zulässigkeit der Vollstreckbarerklärung mit der Begründung, es habe sich bei dem im Vergleich aufgerundeten Betrag von 8.120 Euro brutto nur um eine Verrechnungsposition gehandelt, deren Höhe völlig unbestimmt geblieben sei. Damit werde lediglich die in Ziffer 1 zuerkannte Position der Berechnung nach erläutert. Der Schiedsspruch sei insoweit schlechthin wirkungslos.
Ein wirkungsloser Schiedsspruch kann nicht für vollstreckbar erklärt werden (BGH JZ 1962, 287). Wirkungslos ist ein Schiedsspruch dann, wenn das, was er anordnet, nach geltendem Recht nicht durchgeführt werden kann (BGH a.a.O.) oder er widersinnig ist (Lachmann Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Kap. 26 Rn 2399).
Beide Fallgestaltungen liegen nicht vor. Mit dem Schiedsspruch ist die Ungewissheit über die Berechtigung einer Forderung des Schiedsklägers in dieser zusätzlichen Höhe, wenn sie sich möglicherweise auch aus verschiedenen Einzelpositionen zusammensetzt, vergleichsweise beseitigt worden. Offen geblieben ist lediglich, ob erfüllt ist. Dies ergibt die Auslegung des Schiedsspruchs, wonach sich der Anspruch des Schiedsklägers von 14.268 Euro gemäß der Ziffer 1 um einen bestimmten Betrag erhöht, wenn der Schiedsbeklagte nicht bereits 6.982,42 Euro netto zuzüglich Mehrwertsteuer bezahlt hat. Weitere Voraussetzungen oder Bedingungen, die dem zusätzlichen Anspruch entgegenstehen, sind, sieht man von der ausgeklammerten Gewährleistung in Ziffer 3 ab, nicht aufgeführt. Die Tatsache, dass die im Schiedsspruch erwähnte Anlage B 3 nicht in diesen aufgenommen ist, ändert hieran nichts, da (...). [Anm. der Redaktion: weitere Ausführungen wurden nicht übermittelt].