Recht und Steuern

A4a Nr. 80

A 4 a Nr. 80
§ 1060 ZPO - Vollstreckung aus Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut einschließlich Schiedsklausel
Jedenfalls dann, wenn ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut im Hinblick auf Folgestreitigkeiten eine Schiedsklausel enthält, sind materiellrechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht zu prüfen.
Ob ein Schiedsspruch eine vollstreckbare Verurteilung enthält, ist im Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel, nicht im Vollstreckbarerklärungsverfahren zu prüfen.
OLG München Beschl.v.22.2.2006 - 34 Sch 002/06 RKS A 4 a Nr. 80
Aus dem Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin ist eine in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebene Sozietät von Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern. Der Antragsteller ist ein ehemaliger Gesellschafter.
In dem zwischen den Parteien geführten Schiedsverfahren erließ das Schiedsgericht am 4.4.2005 einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut. Der Antragsteller hat beantragt, den Schiedsspruch in Ziff. 2 (Zahlung), Ziff. 4 (Satz 1: Freistellung von Darlehnsverpflichtungen; Satz 2: Zahlung bei Verzug mit der Erfüllung der Freistellungsverpflichtung) und Ziff. 8 (Freistellung von gemeinsamen Schulden gem. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB) für vollstreckbar zu erklären.
Die Antragsgegnerin widersetzt sich dem Antrag, soweit er sich auf Ziff. 4 und 8 des Schiedsspruchs bezieht. Ziff. 4 habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Ziff. 4 Satz 2 sei außerdem mangels Verzug nicht für vollstreckbar zu erklären; denn der Antragsteller habe seine sich aus Ziff. 6 des Schiedsspruchs ergebenden Verpflichtungen (Erstattung von Leasingraten und Rückgabe des geleasten Fahrzeugs) nicht erfüllt, so dass die Einrede des nicht erfüllten Vertrages bestehe; der Antragsteller habe das Leasingfahrzeug nicht vertragsgemäß, sondern beschädigt (Schadensschätzung Dekra: 3.950 Euro) zurückgegeben. Schließlich bestehe eine Gegenforderung auf Erstattung der Versicherungsprämie für das Fahrzeug über 1.255,94 Euro. Ferner vertritt die Antragsgegnerin die Ansicht, dass Ziff. 8 des Schiedsspruchs ebenfalls keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe.
Aus den Gründen:
Die vom Antragsgegner geltend gemachten Einwendungen stehen der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 4.4.2005 nicht entgegen (§ 1060 Abs. 2 ZPO).
Ob die Antragsgegnerin mit der Erfüllung der in Ziff. 4 des Schiedsspruchs festgelegten Freistellungsverpflichtung ganz oder teilweise länger als eine Woche nach dem Fälligkeitszeitpunkt in Rückstand gelangt ist, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Auf die Wirkungen der Verfallklausel (vgl. Putzo in Thomas/Putzo ZPO 27. Aufl. §726 Rd-Nr. 3) im Einzelnen kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an.
Einwendungen des Antragsgegners gegen den Eintritt des Verfalls sind grundsätzlich solche nach § 767 ZPO (Zöller/Stöber ZPO 25. Aufl. § 726 Rn. 14). Ob solche Einwendungen im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zu prüfen sind oder die Entscheidung hierüber einer gesonderten Vollstreckungsabwehrklage vorbehalten bleibt, ist umstritten (vgl. BayObLGZ 2000, 124/128 = RKS A 4 a Nr. 54; OLG Stuttgart Beschl.v. 4.10.2000 1 Sch 13/99 MDR 2001, 595; Reichold in Thomas/Putzo § 1060 Rd-Nr. 3 einerseits; OLG Hamm NJW-RR 2001, 1362 = RKS A 4 a Nr. 53; Zöller/Geimer § 1060 Rd-Nr. 4; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 22. Aufl. § 1063 Rd-Nr. 4; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 27 Rd-Nr. 12 andererseits). Die Frage kann aber auf sich beruhen. Denn Ziffer 11 des Schiedsspruchs vom 4.4.2005 weist Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit dem im Schiedsspruch enthaltenen Vergleich unter Ausschluss des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten ausschließlich dem Schiedsgericht zu. Diese Regelung, die ihrerseits wieder eine Schiedsabrede beinhaltet, schließt die Beachtlichkeit von materiellrechtlichen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch im Vollstreckbarkeitsverfahren vor dem staatlichen Gericht aus. Ziffer 11 des Schiedsspruchs bringt vielmehr den Willen der Parteien zum Ausdruck, dass Folgestreitigkeiten aus dem Schiedsspruch allein durch das Schiedsgericht entschieden werden. Diese Bestimmung würde unterlaufen, würde sich der Senat hier mit den von der Antragsgegnerin erhobenen Einwendungen befassen (vgl. auch OLG München OLG-Report 2005, 592).
Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Schiedsspruch in Ziffer 4 Satz 1 und Ziffer 8 eine vollstreckbare Verurteilung enthält. Dies ist nämlich erst im Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu prüfen (BayObLG 27.7.1999 4 Z Sch 31/99 BB 1999, 1948; Senat, Beschluss vom 7.9.2005, 34 Sch 21/05 und Beschluss vom 28.11.2005, 34 Sch 19/05 = RKS A 4 a Nr. 79).
Die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung ist nicht Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung (Schwab/Walter Kap. 26 Rn. 7). Davon, dass es sich insbesondere bei dem Ausspruch zu Ziffer 8 um eine der Rechtskraft nicht fähige Zwischenentscheidung oder eine Bestimmung ohne Regelungsgehalt innerhalb des Schiedsspruchs handelt, kann nach Aktenlage nicht ausgegangen werden. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Stellung von Ziffer 8 nach der Abgeltungsklausel. Dass die Regelung im Streitfall der Ausfüllung bedürfte, ist daher im gegebenen Zusammenhang letztlich ohne Bedeutung.