Recht und Steuern

A4a Nr.51

A4a Nr.51
Vorlageerfordernisse gem. Art. 4 Abs. 1 UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) - Schiedsklausel in völkerrechtlichem Vertrag
Art. 4 UNÜ ist als Beweismittelregelung zu interpretieren. Die Vorlage der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Schiedsvereinbarung gemäß Abs. 1 b kann nicht verlangt werden, wenn das Schiedsverfahren nicht auf einer (privatrechtlichen) Schiedsvereinbarung der Parteien, sondern auf einem völker­rechtlichen Vertrag beruht. Die Vorlage einer beglaubigten, wenn auch nicht von einer legalisierten Urschrift des Schiedsspruchs gefertigten Abschrift genügt dem Antragserfordernis des Abs. 1 a, wenn Existenz und Authentizität des Schiedsspruchs unstreitig sind.
BGH Beschluss vom 17.8.2000 - III ZB 43/99; NJW 2000, 3651 = RKS A 4 a Nr. 51
Aus dem Sachverhalt:
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin, der Republik Polen, Entschädigung für Nachteile, die ihr in Polen ansässiger Gewerbebetrieb durch ein von der Ag. erlassenes Importverbot für Papiermakulatur erlitt. Die Ag. wurde im Schiedsverfahren gem. Art. 11 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volks­republik Polen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapital­anlagen vom 10.11.1989 (BGBl. II 1990, 607) von einem Schiedsgericht in Zürich verurteilt. Das OLG hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Die Rechts­beschwerde der Ag. hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
Der Streit unterlag der Schiedsklausel des Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 Abs. 2 des deutsch-polnischen Vertrags; denn die Ast. fordert Entschädigung wegen einer der Enteignung gleichkommenden Maßnahme, und dieser Streit wurde nicht binnen sechs Monaten beigelegt. Damit stand der Ast. gem. Art. 11 Abs. 2 neben dem Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten (Art. 4 Abs. 2 S. 5 aaO.) die Schiedsklage offen.
Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs richtet sich gem. Art. 11 Abs. 4 S. 2 des Vertrags nach dem UNÜ. Nach Art. 4 UNÜ setzt die Vollstreckbarerklärung voraus, dass dessen Vorlageerfordernissen Genüge getan ist. Diese beschränken sich hier auf den Schiedsspruch. Die in Art. 4 Abs. 1 b und 2 UNÜ bestimmte Vorlage der Urschrift oder einer beglaubigten Abschrift der Schiedsvereinbarung nebst Übersetzung kann nicht verlangt werden, weil dieses Schiedsverfahren nicht auf einer (privat­recht­lichen) Schiedsvereinbarung der Parteien, sondern auf dem deutsch-polnischen Vertrag beruht.
Gemäß § 4 Abs. 1 a UNÜ hat die Ast. zugleich mit ihrem Antrag die gehörig legalisierte (beglaubigte) Abschrift des Schiedsspruchs oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Abschrift ordnungsmäßig beglaubigt ist, vorzulegen. Die Ag. macht geltend, die von der Ast. vorgelegten Urkunden seien nicht hinreichend legalisiert; damit fehle eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung.
Die Rüge ist nicht begründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob der behauptete Legalisationsmangel besteht. Denn Art. 4 UNÜ ist als bloße Beweismittelregelung zu interpretieren (Stein/Jonas/Schlosser ZPO 21. Aufl. [1994]Anh. § 1044 Rd-Nrn. 48, 52, und Bredow, in: Bülow/Böckstiegel/Geimer/Schütze, Der int. Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Stand. 1.12.1999, Art. 4 UNÜ Erl. 1). Die Vorschrift greift - im Fall des Art.4 Abs. 1 a - ein, wenn die Authentizität des Schiedsspruch bestritten ist. Dann kann der Beweis nur mit den in Art. 4 Abs. 1 a UNÜ näher bezeichneten Urkunden geführt werden.
Hier hat die Ag. nicht in Zweifel gezogen, dass der von der Ast. vorgelegten Abschrift eine damit übereinstimmende authentische Urschrift zu Grunde liegt. Es wäre eine leere Förmelei, von der Ast. dennoch zu verlangen, dass sie die - unstreitige - Existenz und Authentizität des abschriftlich mitgeteilten Schiedsspruchs zusätzlich mittels der in Art. 4 Abs. 1a UNÜ genannten Urkunden nachweist. Die Vorlage einer beglaubigten, wenn auch nicht von einer legalisierten Urschrift des Schiedsspruchs gefertigten, Abschrift muss als den Antragserfordernissen des Art. 4 Abs. 1 a UNÜ genügend angesehen werden.