Recht und Steuern

A4a Nr.38

A4a Nr.38
Art. 103 GG, §§ 139, 1041 ZPO Nichtbeachtung von Beweisanträgen. Verletzung der Aufklärungspflicht –
Wenn das Schiedsgericht einen erheblichen Beweisantrag nicht berücksichtigt, kann der Schiedsspruch aufgehoben werden. Eine Aufhebung kommt nicht in Betracht, wenn das Schiedsgericht den Antrag mit schlüssiger Begründung abgelehnt hat.
Ein Verstoß gegen die Pflicht des Schiedsgerichts, auf aus seiner Sicht erhebliche Gesichtspunkte hinzuweisen, verletzt nicht grundsätzlich den Anspruch auf rechtliches Gehör.
Wenn das Schiedsgericht eine Rechtsgrundlage übersehen hat, ist das ein einfacher rechtlicher Fehler und damit kein Aufhebungsgrund i.S.d. § 1041 ZPO. Darauf, ob das Ergebnis des Schiedsspruchs richtig ist, kommt es im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung nicht an.
Hanseatisches Oberlandesgericht Urteil vom 4.12.1996 – 8 U 113/96; RKS A 4 a Nr. 38 = Hamburger Seerechts-Report 1997 S. 17
Aus dem Sachverhalt:
Ein verchartertes Schiff war mit einem Grim–schen Leitrad ausgerüstet. Während der Laufzeit des Vertrages ließ der Reeder das Leitrad entfernen. Nach der Rückgabe des Schiffes rechnete der Charterer vor dem vereinbarten Schiedsgericht gegenüber dem Chartergeld-Anspruch des Reeders mit einem Schadensersatzanspruch auf: Infolge der Entfernung des Rades habe das Schiff erheblich mehr Treibstoff verbraucht. Die vom Schiedsgericht befragten Sachverständigen erklärten, die durch das Rad erzielbare Treibstoffersparnis lasse sich nicht theoretisch abschätzen, sondern nur im praktischen Schiffsbetrieb über vergleichende Langzeitaufzeichnungen ermitteln. Der Charterer beantragte daraufhin, anhand der Energieeinsparung bei einem anderen Schiffstyp über die zu erwartenden Einsparungen an Treibstoff bei Schiffen vom Typ des vercharterten Schiffes Beweis zu erheben. Die Sachverständigen hatten bereits klargestellt, dass die Energieersparnis nicht der Treibstoffersparnis entspreche. Das Schiedsgericht erhob den Beweis nicht, weil eine abstrakte Berechnung der Ersparnis nicht möglich sei. Eine Schätzung sei nur anhand konkreter Daten möglich, zudem könnten bestimmte während des Schiffsbetriebs auftretende Umstände die Wirkung des Leitrades auf Null reduzieren. Außerdem könnten lediglich Annäherungswerte ermittelt werden, die für eine Schadensschätzung nicht ausreichten.
Das Schiedsgericht wies die Gegenansprüche des Charterers zurück und verurteilte ihn zur Zahlung. Im Verfahren zur Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs beanstandete der Charterer, dass das Schiedsgericht (1) den von ihm gestellten Beweisantrag übergangen und (2) nicht erwogen habe, dass durch die Entfernung des Leitrades ein Mindestschaden entstanden sein müsse. Das Landgericht hob den Schiedsspruch auf, das Oberlandesgericht erklärte ihn für vollstreckbar.
A u s d e n G r ü n d e n:
Wenn das Schiedsgericht einen erheblichen Beweisantrag einer Partei nicht berücksichtigt hat, kommt die Aufhebung des Schiedsspruchs in Betracht. Im vorliegenden Fall ist allerdings kein erheblicher Beweisantrag des Charterers übergangen worden, insbesondere nicht der Antrag, der sich auf die Umrechnung der bei dem anderen Schiffstyp ermittelten Energieersparnis bezog. Die Entscheidung des Schiedsgerichts beruhte darauf, dass erforderliche konkrete Daten des Schiffsbetriebes nicht vorlagen; mit ihr ist hinreichend auf den Beweisantrag des Charterers eingegangen worden. Auch dass das Schiedsgericht den Charterer nicht darauf hingewiesen hat, Ausführungen bezüglich eines möglichen abstrakten Mindestschadens zu machen, rechtfertigt nicht die Aufhebung des Schiedsspruches. Ein Verstoß gegen die Pflicht des Schiedsgerichts, Hinweise zu aus seiner Sicht maßgeblichen Gesichtspunkten zu geben, verstößt nicht grundsätzlich gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Zwar ist der in Art. 103 Abs. 1 GG geregelte Anspruch auf rechtliches Gehör einer der Grundpfeiler des heutigen Schiedsgerichtswesens. Das Grundrecht garantiert allerdings lediglich eine „verfassungs- rechtliche Mindestausstattung”. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines abstrakten Mindestschadens lagen nicht vor, insbesondere nachdem das Schiedsgericht vergeblich versucht hat, zumindest Grundlagen für eine Schadensschätzung zu erarbeiten. Abgesehen davon hat sich das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung nicht auf den Gesichtspunkt des abstrakten Mindestschadens gestützt. Wenn jedoch das Schiedsgericht selbst hieran nicht gedacht hat, konnte es keinen entsprechenden Hinweis geben. Soweit das Schiedsgericht eine Rechtsgrundlage übersehen haben sollte, liegt allenfalls ein einfacher rechtlicher Fehler vor, der nicht unter die Aufhebungsgründe des § 1041 ZPO fällt. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass der anwaltlich vertretene Charterer überhaupt eines solchen Hinweises bedurfte. Die mit einer Schadensschätzung zusammenhängenden Fragen sind mit den Sachverständigen ausgiebig diskutiert worden. Darauf, ob das Ergebnis des Schiedsspruchs richtig ist, kommt es im Verfahren der Vollstreckbarerklärung nicht an.