Recht und Steuern

A 4a Nr. 148

A 4 a Nr. 148 §§ 767, 1059, 1060 ZPO – Zulässigkeit sachlich-rechtlicher Einwendungen  über die gesetzlichen Aufhebungsgründe für Schiedssprüche hinaus – gegen die Erstattung von Anwalts- und Schiedsrichterhonoraren im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs
1. Im Vollstreckbarerklärungsverfahren können – über die gesetzlichen Aufhebungsgründe für inländische Schiedssprüche (§ 1060 Abs. 2, § 1059 Abs. 2 ZPO) hinaus – sachlich-rechtliche Einwendungen gegen den in einem Schiedsspruch festgestellten Anspruch geltend gemacht werden, falls entsprechend § 767 Abs. 2 ZPO  die Gründe, auf denen die Einwendungen beruhen, nach dem Schiedsverfahren entstanden sind. Dabei kommt es nur darauf an, ob zum maßgeblichen Zeitpunkt die objektiven Voraussetzungen für die Einwendungen vorgelegen haben, nicht dagegen darauf, ob diese dem Schuldner bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen.
2. Die Rechtsprechung zur staatlichen Kostenfestsetzung nach 103 ff. ZPO, bestimmte materiell-rechtliche Einwendungen seien dem Verfahren der Vollstreckungsgegenklage vorbehalten, ist auf das Schiedsverfahren nicht übertragbar. Vielmehr ist i.d.R. das Schiedsgericht selbst umfassend zuständig.    
BGH Beschl.v. 18.12.2013 – III ZB 92/12 WM 2014, 316 = RKS A 4 a Nr. 148
Aus den Gründen:
1. Siehe Senat  Beschl.v. 30.9.2010 = WM 2010, 2236 = RKS A 4 a Nr. 128; 21.5.1973 BGHZ 61,25, 26 f. = WM 1973, 778; Beschl.v. 6.5.2004 NJW-RR 2004, 1422, 1423. Der Ausschluss von vor dem Abschluss des Schiedsverfahrens entstandenen Einwendungen gilt allerdings nicht ausnahmslos. Ist ein Einwand bereits vor dem Schiedsgericht geltend gemacht worden, hat sich dieses aber einer Entscheidung darüber enthalten, weil es sich – zu Recht oder Unrecht – bezüglich der Entscheidung über den Einwand für unzuständig erachtet hat, steht nichts im Wege, diesen Einwand vor dem ordentlichen Gericht geltend zu machen (vgl. zur Aufrechnung mit einer Gegenforderung BGH 21.11.1962 BGHZ 38, 257, 264 ff. = WM 1963, 196). Gleiches gilt, wenn der Einwand zwar vor dem Schiedsgericht erhoben wurde, aber feststeht, dass das Schiedsgericht sich damit mangels Zuständigkeit nicht befasst hätte (BGH 7.1.1965 WM 1965, 293 = NJW 1965, 1138, 1139 = HSG/RKS A 4 a Nr. 1) 
2. Zu Unrecht rügt der Schiedskläger, das Kammergericht sei seinem Vortrag nicht nachgegangen, dass die Anwaltskosten nicht entstanden bzw. nicht i.S.v. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO notwendig gewesen seien. Auch hierbei handelt es sich um Einwendungen, deren Gründe bereits vor dem nach § 767 Abs. 2 maßgeblichen Zeitpunkt entstanden sind. Diese Einwendungen sind auch nicht deshalb im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung zulässig, weil das Schiedsgericht die Auffassung vertreten hat, bestimmte materiell-rechtliche Einwendungen könnten nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens sein. Das Schiedsgericht hat insoweit darauf Bezug genommen, dass im staatlichen Kostenfestsetzungsverfahren nach § 103 ff. ZPO die Klärung streitiger Tatsachen und komplizierter Rechtsfragen nicht vorgesehen und der Betroffene insoweit auf den Weg der Vollstreckungsgegenklage zu verweisen sei (BGH 23.3.2006 WM 2006, 1698 = NJW 2006, 1962 und 22.11.2006 NJW-RR 2007, 422).     
Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass es unpraktikabel und einem Betroffenen nicht zumutbar wäre, ihm im Verfahren der Vollstreckbarerklärung vor dem OLG einen materiell-rechtlichen Einwand abzuschneiden, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären und den Betroffenen auf die Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, für die als staatliches Gericht wiederum das OLG zuständig wäre (Senat 30.9.2010 WM 2010, 2236 = RKS A 4 a Nr. 128).
Die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte und damit des OLG für eine Vollstreckungsgegenklage ist aber dann nicht gegeben, wenn das Schiedsgericht, weil der geltend gemachte Einwand in seine Zuständigkeit fällt, zur Entscheidung berufen ist  (Senat aaO). Nach § 1057 Abs. 1, Abs. 2 S.1 ZPO hat nicht das staatliche, sondern das Schiedsgericht, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, über den Grund (Quotelung) und die betragsmäßige Höhe der Kostentragung zu entscheiden (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. Kap. 33 Rd-Nr. 3 ff; BT-Drucks. 13/5274, S. 57f.).
Die Auffassung, bestimmte materiell-rechtliche Einwendungen seien – wie bei der staatlichen Kostenfestsetzung – dem Verfahren der Vollstreckungsgegenklage vorbehalten, ist nicht überzeugend. Die diesbezügliche Rechtsprechung zur staatlichen Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff ZPO beruht entscheidend darauf, dass dieses Verfahren auf die formale Prüfung der Kostentatbestände und die Klärung einfacher Rechtsfragen zugeschnitten und insofern auch dem Rechtspfleger übertragen ist, weshalb darüber hinausgehende materiell-rechtliche Einwendungen durch das Prozessgericht im Verfahren nach § 767 ZPO zu klären sind (BGH Beschl.v. 23.3.2006 WM 2006, 1698 = NJW 2006, 1962 und 22.11.2006 NJW-RR 2007, 422). Eine vergleichbare Situation liegt im Schiedsverfahren nicht vor. Eine dem Verfahren vor dem Rechtspfleger entsprechende Einrichtung gibt es im Schiedsverfahren nicht (vgl. auch BT-Drucks. aaO.); vielmehr ist das Schiedsgericht selbst insoweit umfassend zuständig. Deshalb ist es zumindest sinnvoller, wenn ein Schiedsgericht sämtliche in seine Zuständigkeit fallenden Einwendungen bereits im Kostenschiedsspruch erledigt, ungeachtet dessen, dass wegen des Verbots der révision au fond gegenteilige Entscheidungen eines Schiedsgerichts grundsätzlich hinzunehmen sind. Dass das Schiedsgericht nicht so verfahren ist, führt nicht dazu, dass der Schiedskläger nunmehr seine materiell-rechtlichen Einwendungen im Verfahren der Vollstreckbarerklärung vor den staatlichen Gerichten geltend machen könnte. Das wäre nur dann der Fall, wenn das Schiedsgericht – gleichgültig ob zu Recht oder Unrecht – eine Behandlung der Einwendungen, so sie bereits vor ihm geltend gemacht worden sind,  mangels Zuständigkeit abgelehnt hätte, oder, so sie erstmals vor dem staatlichen Gericht geltend gemacht worden sind, feststeht, dass das Schiedsgericht sich mit ihnen mangels Zuständigkeit nicht befassen würde.
11.3.2014