Recht und Steuern

A 4a Nr. 141

A 4 a Nr. 141 §§ 767, 769 ZPO – Zuständigkeit für Anträge auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen
Die staatlichen Gerichte sind nicht zuständig für Anträge auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus vollstreckbar erklärten Schiedssprüchen.
Zuständig ist gem. § 769 Abs. 1 ZPO das Prozessgericht des ersten Rechtszuges, das über die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 Abs. 1 ZPO zu entscheiden hat. Prozessgericht ist das Schiedsgericht. Ein Schiedsgericht kann aber nicht die staatliche Zwangsvollstreckung (auch nicht einstweilen) einstellen. Das bedeutet andererseits nicht ohne weiteres, dass das staatliche Gericht diese Entscheidung treffen kann. Das staatliche Gericht kann als Vollstreckungsgericht auch in dringenden Fällen keine einstweilige Anordnung erlassen (§ 769 Abs. 2 ZPO). Diese Lücke im Schutz des Schuldners ist eine Folge des im Abschluss eines Schiedsvertrages liegenden Teil-Verzichts auf den staatsgerichtlichen Rechtsschutz; sie muss der Schuldner hinnehmen.
OLG München Beschl.v. 18.7.2012 – 34 Sch 32/11 SchiedsVZ 2012, 344 = RKS A 4 a Nr. 141
Aus dem Sachverhalt:
Mit Beschluss vom 17.10.2011 hat der Senat einen zwischen den Parteien ergangenen Schiedsspruch vom 27.6.2011 für vollstreckbar erklärt, mit dem der Schuldner verpflichtet wurde, dem Gläubiger Auskunft über den Bestand von Bank- und Buchhaltungskonten der früher zwischen ihnen bestehenden Sozietät zu erteilen. Am 18.6.2012 hat der Senat am 18.6.2012 gegen den Schuldner ein Zwangsgeld wegen Nichterfüllung der Verpflichtung festgesetzt. Am 5.7.2012 beantragte der Schuldner Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 769 ZPO.
Aus den Gründen:
Der Antrag ist abzulehnen. Das staatliche Gericht ist nicht zuständig. Gemäß § 769 Abs. 1 ZPO kann grundsätzlich das Gericht, das über die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 Abs. 1 ZPO) zu entscheiden hat, also das Prozessgericht des ersten Rechtszuges, die Zwangsvollstreckung einstweilen einstellen. Prozessgericht ist in diesem Fall das Schiedsgericht (siehe Beschluss vom 18.6.). Dem Schuldner ist darin Recht zu geben, dass das Schiedsgericht nicht gemäß § 769 Abs.1 ZPO die staatliche Zwangsvollstreckung einstweilen einstellen kann (vgl. etwa BGH NJW 1987, 651). Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass nunmehr wieder das staatliche Gericht hierüber zu entscheiden hätte. Wenn das Schiedsgericht als Prozessgericht zu der Entscheidung nicht befugt ist, bedeutet das nicht,  dass nun ohne weiteres das Staatsgericht entscheiden kann. Die Rechtsverfolgung vor dem Schiedsgericht besitzt zwar nicht die gleiche Effektivität wie eine Vollstreckungsabwehr-klage vor dem Staatsgericht, wenn dem Schiedsgericht die die Einstellungsmöglichkeit fehlt. Dies muss der Schuldner aber hinnehmen, da es eine der im Abschluss eines Schiedsvertrages liegenden Folgen des teilweisen Verzichts auf den Rechtsschutz vor den Staatsgerichten  darstellt (BGH aaO.).
Damit kann auch in dringenden Fällen das Staatsgericht keine einstweilige Anordnung erlassen (§ 769 Abs. 2 ZPO). Dagegen spricht nämlich, dass das Vollstreckungsgericht eine Frist bestimmen muss, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei und dass nach fruchtlosem Ablauf der Frist die Zwangsvollstreckung fortgesetzt wird (§ 769 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Wenn das Schiedsgericht zu einer Maßnahme nach § 769 ZPO nicht befugt ist, kann auch eine Entscheidung unter Fristsetzung nicht erfolgen. Denn das Vollstreckungsgericht wird nur vorläufig anstelle des Prozessgerichts tätig. Zudem wäre schon wegen des langen Abwartens des Schuldners mit dem Antrag ohnehin die Dringlichkeit fraglich.
Der Antrag wäre im Übrigen auch aus sachlichen Gründen zurückzuweisen. Im Rahmen des § 769 ZPO findet eine Prüfung der Erfolgsaussicht statt. Nach dem eigenen mehrfachen Vortrag des Schuldners liegen die Erfüllungshandlungen zumindest überwiegend zeitlich vor dem Teil-Schiedsspruch. Der Schuldner hat auch im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht vorgebracht, dass die Auskunftsansprüche bereits erfüllt seien. Dann liegt nahe, dass der Schuldner mit diesen Einwendungen (§ 767 Abs. 2 ZPO) präkludiert ist.
11.2.2013