Recht und Steuern

A6 Nr. 37

A 6 Nr. 37
§§ 767 Abs. 1, 795, 794 Abs. 1 Nr. 2, 1060 Abs. 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO Vollstreckungsabwehrklage gegen Kostenfestsetzungsbeschluss im Vollstreckbarerklärungsverfahren.
1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts als Prozessgericht erster Instanz erstreckt sich auch auf die im Vollstreckbarerklärungsverfahren anschließenden Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Gerichts.
2. Mit dem in einem Schiedsspruch titulierten Kostenerstattungsanspruch kann aufgerechnet werden, ohne dass der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wurde; es genügt, dass der Anspruch unstrittig oder rechtskräftig festgestellt ist.
OLG München Urteil vom 12.11.2007 - 34 Sch 010/07; RKS A 6 Nr. 37
Aus den Gründen:
1. Gemäß § 767 Abs. 1 ZPO sind Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, im Wege der Klage bei dem Prozessgericht erster Instanz geltend zu machen. Prozessgericht ist das Gericht des Verfahrens, in dem der Vollstreckungstitel geschaffen worden ist (BGH NJW 1980, 188/189). Bei Schiedssprüchen bildet der Beschluss, der den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt, den Vollstreckungstitel, § 1060 Abs. 1 ZPO. Dieser wird in dem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung gemäß §§ 1060, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO durch das Oberlandesgericht geschaffen (Herget in Zöller ZPO 26. Aufl. § 767 Rn. 10; siehe auch Schlosser in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 1063 Rn. 4; Münchner Kommentar/Münch ZPO 2. Aufl. § 1060 Rn. 15;Wagner JZ2000, 1171; JZ2001, 598f.; str.; a.A. Peters JZ 2001, 598). Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts als Prozessgericht erster Instanz erstreckt sich auch auf die sich im Verfahren anschließenden Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Gerichts, die gem. § 795 ZPO, § 794 Abs. 1 Nr. 2 ZPO einen Titel im Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO darstellen.
Das Rechtschutzbedürfnis für die Vollstreckungsgegenklage entfällt nicht bereits dadurch, dass die Beklagte erklärt hat, bis zum Erlass eines Urteils in dieser Sache, hilfsweise bis zum Abschluss dieses Verfahrens, nicht zu vollstrecken. Solange sich der Titel noch in der Hand des Gläubigers befindet, vermag selbst ein Verzicht des Gläubigers auf Zwangsvollstreckung das Rechtschutzinteresse für eine Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners nicht zu beseitigen (BGH NJW 1984, 2826/2827; Herget in Zöller § 767 ZPO Rn. 8). Erst recht lässt daher die bloße Absichtserklärung der Beklagten, für einen gewissen Zeitraum auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu verzichten, das Rechtschutzinteresse nicht entfallen.Mit der Klage kann auch der Antrag auf Herausgabe des Schuldtitels verbunden werden (OLG Karlsruhe OLGReport 2007, 412/413).
Die Klage ist auch begründet. Der Anspruch der Beklagten aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss 4.4.2007 ist durch Aufrechnung erloschen, § 389 BGB. Deshalb ist die Zwangsvollstreckung für unzulässig zu erklären und der Titel an den Kläger herauszugeben. Es kann dahinstehen, ob der Kläger am 1.6.2007 wirksam mit seinem Kostenerstattungsanspruch aus dem Schiedsspruch vom 28.7.2006 trotz fehlender Kostenfestsetzung aufrechnen konnte, da jedenfalls die Aufrechnung des Klägers vom 24.9.2007 mit seinem Anspruch auf Kostenerstattung aus dem Ergänzungsschiedsspruch vom 22.8.2007 den Anspruch der Beklagten zum Erlöschen gebracht hat. Die Aufrechnung scheitert insbesondere nicht an der fehlenden Gegenseitigkeit der Forderungen. Zwischen der Gläubigerin aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4.4.2007, der Gesellschaft bürgerlichen Rechts .... und der Schuldnerin aus dem Ergänzungsschiedsspruch vom 22.8.2007, der Erwerbergemeinschaft Labor Dr. Sch., Gesellschaft bürgerlichen Rechts,....besteht Identität. In der Schiedsklage der Erwerbergemeinschaft Labor Dr. Sch. vom 3.10.2005 gegen den Kläger trägt diese selbst vor, identisch mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ...., also mit der Beklagten und Partei des Kaufvertrages mit dem Kläger vom 21.6.1999 zu sein. Es habe sich lediglich der Name der Gesellschaft und der Bestand der Gesellschafter geändert. Auf die Tatsache, dass der Kläger im zweiten Schiedsverfahren der Erwerbergemeinschaft Labor Dr. Sch. gegen ihn seinerseits die Identität beider Gesellschaften bestritten hat, kann sich die Beklagte nicht berufen, da sie selbst am besten in der Lage ist, darzulegen, ob eine Identität beider Gesellschaften besteht und dies in der oben dargelegten Weise getan hat. Gegen die Richtigkeit dieser Darstellung hat sie auch in der mündlichen Verhand­lung, hiermit konfrontiert, nichts Gegenteiliges vorgebracht.
Die nunmehr anerkannte Rechts- und Parteifähigkeit der Außengesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. insoweit grundlegend BHGZ 146, 341 ff) hat zur Folge, dass die Gesellschaft durch die Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet und ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluss auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat (BGH, a.a.O. S. 345). Dies gilt erst recht, wenn sich die Gesellschaft lediglich einen neuen Namen gibt.
2. Die Tatsache, dass der Ergänzungsschiedsspruch vom 22.8.2007, der den Kostenerstattungsanspruch des Klägers zum Gegenstand hat, bislang nicht für vollstreckbar erklärt wurde, steht der Aufrechnung ebenfalls nicht entgegen. Mit einem Kostenerstattungsanspruch kann aufgerechnet werden, wenn er unstrittig oder rechtskräftig festgestellt ist (BGH NJW 2006, 443/446, Grüneberg in Palandt BGB 66. Aufl. § 387 Rn. 11). Gemäß § 1055 ZPO hat ein Schiedsspruch unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils. Dies gilt auch dann, wenn die Frist für den Aufhebungsantrag nach § 1059 Abs. 3 ZPO noch nicht abgelaufen ist (Geimer in Zöller § 1055 Rn. 5).
Anhaltspunkte dafür, dass der Ergänzungsschiedsspruch nichtig wäre, liegen nicht vor. Soweit die Beklagte geltend macht, der Ergänzungsschiedsspruch sei unbeachtlich, werden lediglich Gründe vorgetragen, die zur Aufhebbarkeit des Ergänzungsschiedsspruchs führen könnten. Denn selbst schwerste Verstöße gegen das Verfahren oder den ordre public führen nicht zur Nichtigkeit des Schiedsspruchs (Geimer in Zöller ZPO 26.Aufl. § 1059 Rn. 15). Aufhebungsgründe können einredeweise nur im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung geltend gemacht werden, ansonsten sind sie unbeachtlich (a.a.O. Rn. 18).Solange der Schiedsspruch somit nicht durch die rechtsgestaltende Entscheidung eines Gerichts aufgehoben wurde, entfaltet er seine Wirkungen, insbesondere auch die des § 1055 ZPO.
Eine Präklusion des Klägers gemäß § 767 Abs. 2 ZPO kommt unabhängig von der Frage, wann die Aufrechnung erklärt wurde bzw. die Aufrechnungslage entstanden ist, nicht in Betracht, da im gerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren keine Gelegenheit besteht, solche Einwendungen geltend zu machen (BGH NJW 1994, 3292/3293).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 3 ZPO. Die Wertberechnung richtet sich nach dem Nennbetrag des zu vollstreckenden An­spruchs, soweit die Vollstreckung hieraus verhindert werden soll (Heinrich in Musielak ZPO 5. Aufl. § 3 Rn. 39 Stichwort ”Zwangsvollstreckung–), hier also in der vollen Höhe. Obwohl das Urteil nur hinsichtlich der Kosten einen vollstreckbaren Inhalt hat, ist es wegen § 775 Nr. 1 ZPO insgesamt und nicht nur wegen der Kosten für vorläufig yoll­streckbar zu erklären. Der Wert der Forderung, wegen der die Beklagte nicht mehr vollstrecken kann, ist in die vom Kläger, hier nach § 709 ZPO, zu leistende Sicherheit mit aufzunehmen (Lackmann in Musielak § 767 Rn. 45).