Recht und Steuern

A6 Nr.19

A6 Nr.19
§§ 1043, 1054, 1057 ZPO - Schiedsspruch ohne Angabe des Schiedsverfahrensorts. Kostengrundentscheidung und Kostenfestsetzung im Schieds- und im Vollstreckbarerklärungsverfahren. Voraussetzungen für die Kostenfestsetzung
Die fehlende Angabe des Ortes des schiedsrichterlichen Verfahrens macht einen Schiedsspruch jedenfalls dann nicht unwirksam, wenn der Ort durch Auslegung festgestellt werden kann.
Bei der Kostenfestsetzung ist die Kostengrundentscheidung unkorrigierbar bindend. Dies gilt auch im Schiedsverfahren. Die Wirksamkeit eines Schiedsspruchs, der die Kostengrundentscheidung enthält, ist im Verfahren zur Vollstreckbarkeitserklärung eines Ergänzungsschiedsspruchs, der die Kosten festsetzt, nicht mehr zu überprüfen.
Gemäß § 1057 Abs. 2 ZPO ist über die Höhe der Kosten nach Beendigung des Schiedsverfahrens zu entscheiden, u.U. in einem Ergänzungsschiedsspruch. Voraussetzung für die Kostenfestsetzung im Ergänzungsschiedsspruch ist aber nicht, daß der die Kostengrundentscheidung enthaltende Schiedsspruch rechtskräftig vollstreckbar erklärt ist.
OLG Stuttgart Beschl. v. 4.6.2002 - 1 Sch 22/01; NJW-RR 2003, 1438 = RKS A 6 Nr. 19
Aus den Gründen:
Mit dem Schluß-Schiedsspruch vom 11.9.2001 liegt ein Schiedsspruch vor, der den Vorschriften des § 1054 Abs. 1 ZPO entspricht. Das Fehlen der nach § 1054 Abs. 3 ZPO vorgeschriebenen Ortsangabe ist unschädlich, weil unstreitig ein inländischer Schiedsspruch vorliegt und die Auslegung im Zusammenhang mit dem vorangegangenen Schiedsspruch vom 15.11.2000 als Schiedsort nach § 1043 Abs. 1 ZPO Stuttgart ergibt. Das Fehlen der Ortsangabe macht einen Schiedsspruch nicht unwirksam (Musielak/Voit ZPO 3. Aufl. § 1054 Rand-Nr. 7; Zöller/Geimer ZPO 23. Aufl. § 1054 Rd-Nrn. 9 und 10), jedenfalls wenn wie hier durch Auslegung der Schiedsort festgestellt werden kann (so wohl auch Münch in MünchKomm ZPO 2. Aufl. § 1054 Rd-Nr. 22).
Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Die Wirksamkeit des Schiedsspruchs vom 15.11.2000 ist im Verfahren zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom 11.9.2001 nicht mehr zu überprüfen. Bei der Kostenfestsetzung ist die Kostengrundentscheidung im Festsetzungsverfahren unkorrigierbar bindend (Zöller/Herget ZPO § 104 Rd-Nr. 21 - „Bindung”, m.w.Nachw.). Das muß auch für das Verhältnis des schiedsrichterlichen Urteils und der schiedsrichterlichen Kostenfestsetzung gelten, weil sonst Aufhebungsgründe gegen ein schiedsrichterliches Urteil trotz Ablaufs der Frist nach § 1059 Abs. 3 ZPO im Verfahren gegen die schiedsrichterliche Kostenfestsetzung geltend gemacht werden könnten. Zwar steht nicht fest, daß das Schiedsurteil vom 15.11.2000 bestehen bleibt. Der Aufhebungsantrag ist aber zurückgewiesen worden, so daß es nach wie vor existent ist und nach § 1055 die Wirkungen eines bindenden Urteils zwischen den Parteien entfaltet. Sonst entstünden auch Schwierigkeiten, wenn das Schiedsurteil vom 15.11.2000 im Rechts-beschwerdeverfahren bestätigt würde, der Senat jetzt aber die Kostengrundentscheidung für anfechtbar hielte. Wenn der Senat von der Wirksamkeit der Kostengrundentscheidung ausgeht, sie aber aufgehoben wird, entstehen diese Schwierigkeiten nicht, weil dann eine Voraussetzung für die Kostenfestsetzung entfiele und damit wie bei abgeänderten Urteilen (Zöller/Herget § 104 Rd-Nr. 21 - „Wegfall des Titels”) die Kostenfestsetzung ihre Wirkung verliert. Im Verhältnis des Schiedsurteils mit der Kostengrundentscheidung zum Schiedsurteil mit der Kostenfestsetzung gilt dieser allgemeine Grundsatz ebenfalls (Münch aaO. § 1057 Rd-Nr. 14). Bei einer Aufhebung des Schiedsspruchs mit der Kostengrundentscheidung muß dann auch die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs mit der Kostenfestsetzung ihre Wirkung verlieren.
Wenn entgegen der Auffassung des Senats die Kostengrundentscheidung im Schiedsspruch vom 15.11.2000 zu überprüfen wäre, wäre von ihrer Wirksamkeit auszugehen. Der Schiedsspruch vom 15.11.2000 ist nicht aufzuheben (siehe OLG Stuttgart Beschl. v. 12.7.2001 - Sch 1/01) und enthält zu Recht einen Kostenausspruch. § 1057 hat ausdrücklich eine Verpflichtung des Schiedsgerichts zum Erlaß einer Kostenentscheidung normiert. Im Gegensatz zum alten Recht, das eine solche Vorschrift nicht kannte und sich mit einer konkludenten Einigung der Parteien zu einer Kostenentscheidung durch das unzuständige Schiedsgericht behelfen mußte (BGH NJW1973, 191 = HSG A 6 Nr. 6), ist danach auch das unzuständige Schiedsgericht zu einer Kostenentscheidung verpflichtet (Münch a.a.O. § 1057 Rd-Nr. 11; Raeschke-Kessler/Berger, Recht und Praxis des Schiedsgerichtsverfahrens, 1999, Rd-Nr. 890; unklar Zöller/Geimer § 1057 Rd-Nr. 2 a.E.; a.A. Thomas/Putzo ZPO 24. Aufl. § 1057 Rd-Nr. 9 und widersprüchlich in § 1040 Rd-Nr. 9; Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit Kap. 33 Rd-Nr. 4; Musielak/Voit § 1057 Rd-Nr. 2). Nach dem früheren Recht fehlte es an der Kompetenz des unzuständigen Schiedsgerichts für die Kostenentscheidung, wenn sich die Parteien einer Entscheidung durch ein unzuständiges Schiedsgerichts gerade nicht unterworfen hatten. Das Gesetz sieht die Entscheidung in § 1057 aber jetzt vorbehaltlich einer anderen Vereinbarung der Parteien für jedes Schiedsgericht vor. Wenn, wie hier, die Vorschriften der deutschen ZPO auf das Schiedsverfahren anwendbar sind, verleiht das Gesetz in § 1057 ZPO auch dem unzuständigen Schiedsgericht die Kompetenz zu einer Kostenentscheidung.
Der Ergänzungsschiedsspruch durfte ergehen, obwohl über die Aufhebung des ursprünglichen Schiedsspruchs noch nicht rechtskräftig entschieden ist. §1057 Abs. 2 ZPO sieht die Entscheidung über die Höhe der Kosten nach Beendigung des schiedsrichterlichen Verfahrens vor. Sie kann sogar im ursprünglichen Schiedsurteil erfolgen, wenn die Höhe feststeht. Die Vollstreckbarerklärung oder gar die Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs sind nicht Voraussetzung der kostenfestsetzungsähnlichen Entscheidung. Daß § 1056 Abs. 2 ZPO die Beendigung des schiedsrichterlichen Verfahrens erst mit dem „endgültigen” Schiedspruch vorsieht, bedeutet nicht, daß das schiedsrichterliche Verfahren erst mit der Überprüfung durch ein staatliches Gericht oder ab dem Zeitpunkt, zu dem diese Überprüfung nicht mehr möglich ist, beendet ist und erst dann eine Kostenfeststellung möglich ist. § 1056 Abs. 1 ZPO grenzt vom „endgültigen” Schiedsspruch den Teilschiedsspruch ab.