Recht und Steuern

A6 Nr. 27

A 6 Nr. 27
§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO: Schiedsgutachtenkosten keine Prozeßkosten
Die Kosten eines vertragsgemäß einzuholenden Schiedsgutachtens gehören - anders als die eines selbständigen Beweisverfahrens und u.U. die eines Privatgutachtens - grundsätzlich nicht zu den nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits.
BGH Beschl.v. 24.11.2005 - VII ZB 76/05; MDR 2006, 657 = RKS A 6 Nr. 27
Aus den Gründen:
Die Kosten eines Schiedsgutachtens gehören grundsätzlich nicht zu den nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstattenden Kosten des Rechtsstreits. Sie sind i.d.R. nicht als notwendige Kosten des Rechtsstreits anzusehen, weil die Einholung des Schiedsgutachtens mit der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nicht in unmittelbarem Zusammenhang steht (OLG München JurBüro 1989, 1123f.; OLG Düsseldorf JurBüro 1999, 367f.; OLG Koblenz JurBüro 2003, 210; Zöller/Herget ZPO 25.Aufl. § 91 Rd-Nr. 13, Schiedsgutachten; Musielak/Wolst ZPO 4.Aufl. § 91 Rd-Nr. 60; Belz in MünchKomm ZPO 2. Aufl., § 91 Rd-Nr. 85; Stein/Jonas/Bork ZPO 22.Aufl. § 91 Rd-Nr. 79 m.w.N.).
Ein Schiedsgutachten dient nicht unmittelbar der gerichtlichen Rechtsverfolgung eines bestehenden Anspruchs, sondern dazu, den Inhalt eines vertraglichen Anspruchs oder einzelner Anspruchsvoraussetzungen zwischen den Parteien verbindlich festzulegen, um nach Möglichkeit einen Rechtsstreit zu vermeiden. Mit der Einholung des Schiedsgutachtens erfüllt die Vertragspartei eine nach dem Vertrag notwendige Voraussetzung, um den Anspruch gegenüber der anderen Vertragspartei wirksam begründen zu können. Sofern die Vertragsparteien hinsichtlich eines Anspruchs oder einzelner Anspruchsvoraussetzungen eine Schiedsgutachterabrede getroffen haben, ist regelmäßig anzunehmen, daß die Einholung des Schiedsgutachtens in den im Vertrag bestimmten Fällen Anspruchsvoraussetzung ist. Daher ist eine vor Einholung des Schiedsgutachtens erhobene Klage, die auf den Anspruch gestützt wird, dessen Inhalt oder dessen Voraussetzungen durch ein Schiedsgutachten festgestellt werden sollen, als derzeit unbegründet abzuweisen (BGH Urt.v. 8.6.1988 - VIII ZR 105/87, MDR 1988, 1053 = NJW-RR 1988, 1405 m.w.N.).
Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Kosten eines Schiedsgutachtens gehörten wie diejenigen eines selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Rechtsstreits. Die Einholung des Schiedsgutachtens stellt sich nicht als vorgezogener Teil einer gerichtlichen Beweisaufnahme dar. Die Feststellung eines Anspruchs oder einzelner Anspruchsvoraussetzungen durch den Schiedsgutachter beruht auf einer entsprechenden vertraglichen Abrede der Parteien. Die Verfahrensgarantien einer gerichtlichen Beweisaufnahme gelten für die Erstattung eines Schiedsgutachtens nicht (BGH Urt.v. 25.6.1952 - II ZR 104/51 BGHZ 6, 335 [340f.]). Eine erneute Beweisaufnahme über die vom Schiedsgutachter getroffenen Feststellungen ist im Prozeß nur insoweit ausgeschlossen, als diese Feststellungen für die Parteien nach den §§ 317, 319 BGB bindend sind.
Die Kosten für die Einholung eines Schiedsgutachtens sind ferner nicht als notwendige Kosten des Rechtsstreits anzusehen, weil dem Schiedsgutachten gegenüber einem Privatgutachten, dessen Kosten unter bestimmten Voraussetzungen von der unterliegenden Partei nach § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu erstatten sind, ein höherer Beweiswert zukommt. Grundlage der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Privatgutachtens ist seine unmittelbare Prozeßbezogenheit. Der Beweiswert eines Schiedsgutachtens ist dagegen für die Frage, ob die hierfür aufgewendeten Kosten notwendige Kosten des Rechtsstreits darstellen, ohne Bedeutung.
Die für das Sachverständigengutachten angefallenen Kosten wären vom Bekl. als notwendige Kosten des Rechtsstreits auch dann nicht zu erstatten, wenn die Grundsätze Anwendung finden, die für die Erstattung der Kosten eines vorprozessual eingeholten Privatgutachtens gelten. Die Kosten eines Privatgutachtens wären danach nur erstattungsfähig, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse ohne Inanspruchnahme eines Sachverständigen zu einem sachgerechten Vortrag nicht in der Lage wäre (BGH Beschl.v.17.12.2002 - VI ZB 56/02 BGHZ 153, 235 [238] = MDR 2003, 413 m.N.).
Die Kl. waren hier ohne weiteres im Stande, zu den Mängeln vorzutragen, die den geltend gemachten Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten rechtfertigten. Zur Darlegung eines Mangels reicht es aus, die Mangelerscheinungen objektiv zu bezeichnen. Die Darlegung der Ursachen der Mangelerscheinung ist dagegen für den schlüssigen Vortrag einer auf Ersatz von Mangelbeseitigungskosten gerichteten Klage nicht erforderlich (st.Rspr.; vgl. BGH Urt.v. 17.1.2002 - VII ZR 488/00 MDR 2002, 633 = BauR 2002, 784f., =ZfBR 2002, 357f. = NZBau 2002, 335f.; v. 6.12.2001 - VII ZR 241/00 MDR 2002, 450 = BauR 2002, 613 [617] = ZfBR 2002, 345, [347] = NZBau 2002, 338 [340]). Daß die Kläger zur Darlegung der beanstandeten Mangelerscheinungen einen Sachverständigen benötigten, macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend.