Recht und Steuern

A 6 Nr. 60

A 6 Nr. 60 Art. V Abs. 1 + 2 UNÜ, § 1057, Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts über Streitwert, Erstattung vorgeschossener Verfahrenskosten einschließlich Schiedsrichterhonorar. Kostenhöhe: révison au fond, ordre public, Begründungserfordernis
Die Grundsätze zur Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts über die Streitwert-festsetzung und die Erstattung der vorgeschossenen Verfahrenskosten einschließlich des darin enthaltenen Schiedsrichterhonorars (vgl. BGH 28.3.2012 - III ZB 63/10 - RKS A 6 Nr. 55) gelten entsprechend in internationalen Schiedsverfahren. Unerheblich ist hierbei, dass nach der vereinbarten Schiedsordnung dem Schiedsgericht über die Streitwertfestsetzung hinaus ein Ermessensspielraum bei der Bestimmung seines Honorars eingeräumt ist. Diese Festsetzung ist im Hinblick auf das Verbot des Richtens in eigener Sache nur im Verhältnis der Schiedsparteien zueinander verbindlich.
Ob die Entscheidung über die Parteiauslagen dem Begründungserfordernis der vereinbarten Schiedsordnung bereits durch den Verweis auf Aktenlage und Komplexität des Sachverhalts genügt, ist nur auf Antrag (Art. V Abs. 1 UNÜ) zu prüfen.
Die Höhe der vom Antragsgegner zu erstattenden Kosten ist vom Gericht wegen des Verbots der révision au fond jedenfalls dann nicht zu prüfen, wenn die vereinbarte Schiedsordnung dem Schiedsgericht diesbezüglich einen erheblichen Ermessensspielraum einräumt und es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Kosten dem deutschen ordre public widersprechen.
OLG München Beschl.v. 21.6.2012 – 34 Sch 04/12 SchiedsVZ 2012, 287 = RKS A 6 Nr. 60
Aus dem Sachverhalt:
Der Antragsgegner war alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co KG. Im Oktober 2009 übernahm eine tschechische S.R.O. (die einer deutschen GmbH entspricht) einen Teilkommanditanteil. Seinen verbleibenden Kommanditanteil übertrug er in zwei Teilen an die Antragstellerinnen 1 und 2. Als der Antragsgegner sich weigerte, vertragsgemäß bei der Hnadelsregisteranmeldung mitzuwirken, erhoben die Antragstellerinnen entsprechend der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Schiedsabrede Schiedsklage beim Schiedsgericht der Zürcher Handelskammer. Es verurteilte den Antragsgegner antragsgemäß zur Mitwirkung bei der Anmeldung und zur Zahlung der Kosten. Dieser beantragt die Ablehnung der Vollstreckbarerklärung, soweit die geltend gemachten Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig waren.
Aus den Gründen:
Das Schiedsgericht ist bei der Entscheidung, welche Partei die Kosten zu tragen hat, von der Grundregel der vereinbarten Verfahrensordnung (Internationale Schiedsordnung der Schweizerischen Handelskammern, abgedruckt z.B. bei Schütze Internationale Schiedsgerichtsbarkeit 2. Aufl. V. Kap. S. 309 ff; im folgenden: SchO) ausgegangen, nach deren Art. 40 die Kosten des Schiedsverfahrens grundsätzlich von der unterliegenden Partei zu tragen sind. Dies unterliegt keinen Bedenken, zumal die deutsche Regelung in § 91 ZPO von demselben Grundsatz ausgeht. Den Ausgang der Hauptsache selbst hat der Senat angesichts des beschränkten Antrags nicht zu prüfen. Das Schiedsgericht hat auch die Verpflichtung des Antragsgegners ausgesprochen, den Antragstellerinnen die – vollständig – vorgeschossenen Verfahrenskosten des Schiedsgerichts zu erstatten. Dies verstößt, bezogen auf das darin enthaltene Schiedsrichterhonorar, nicht gegen das Verbot des Richtens in eigener Sache (BGH 7.3.1985 –III ZR 169/83 NJW 1985, 1903 = RKS A 3 Nr. 12). Denn entschieden wird insoweit nur über den Erstattungsanspruch der Parteien untereinander (BGH NJW 2012, 1811 = RKS A 6 Nr. 55; Senat 23.2.2007 – 34 Sch 031/06 = OLG-Report 2007, 685; Schütze, Schiedsgericht und Schiedsverfahren 5. Aufl. Rd-Nr. 467 f.).
Der Senat verkennt nicht, dass sich die neueste Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2012, 1811 = RKS A 6 Nr. 55) auf § 1057 ZPO und auf ein inländisches Schiedsverfahren bezieht. Indessen gelten für das internationale Schiedsverfahren vergleichbare Regeln (siehe schon Senat vom 23.2.2007, 34 Sch 031/06). Die zum inländischen Recht ergangene Entscheidung des BGH passt sich insoweit der internationalen Praxis an (Wolff SchiedsVZ 2006, 131, 133). Auf der Grundlage der vereinbarten Verfahrensregeln (siehe 38ff. SchO) ist eine umfassende Festlegung der Kosten wie der Kostentragungspflicht ausdrücklich vorgesehen.
Abweichendes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Schiedsgericht hier – über die Festsetzung des Streitwerts hinaus – nach Art. 39 SchO mit Appendix B (Kostenverordnung) einen Ermessensspielraum bei der Bestimmung seines Honorars hat. Auch insoweit erweist sich die konkrete Bestimmung durch das Schiedsgericht als nur im Verhältnis der Schiedsparteien zueinander verbindlich.
Anerkennungshindernisse, die nur auf Antrag berücksichtigt werden können (Art. V Abs.1 UNÜ), sind nicht geltend gemacht. Es kann daher dahinstehen, ob die Entscheidung über die Parteiauslagen der Regelung in Art. 32 Abs. 3 SchO, wonach der Schiedsspruch zu begründen ist, bereits dadurch genügt, dass auf Aktenlage und Komplexität des Sachverhalts verwiesen wird.
Soweit der Antragsgegner lediglich die Höhe der von ihm zu erstattenden Kosten rügt, ist der Senat wegen des Verbots der révision au fond an der Prüfung, ob die zugestandenen Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren bzw. angemessen sind (Art. 38e SchO) gehindert. Dem Schiedsgericht kommt hier ein nicht unerheblicher Ermessensspielraum zu (Schütze/Karrer Art. 38 Rd-Nr. e).
Gründe, die gemäß Art. V Abs. 2 UNÜ von Amts wegen zu berücksichtigen wären, sind nicht ersichtlich. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass die angeordnete Kostenerstattung, namentlich die Höhe der Kosten, dem deutschen ordre public widersprechen würde.