Recht und Steuern

A 6 Nr. 51

Die Streitwertfestsetzung durch das Schiedsgericht verstößt nicht gegen das Verbot des Richtens in eigener Sache. Durch die Festsetzung wird der Streitwert nur im Verhältnis der Schiedsparteien untereinander, nicht zwischen den Schiedsparteien und dem Schiedsgericht festgesetzt. Er kann somit nicht Grundlage für Honorarstreitigkeiten zwischen Schiedsparteien und Schiedsrichtern vor ordentlichen Gerichten sein.

KG Berlin Beschl. v. 12.8.2010 – 20 Sch 02/10; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2011, 110 = RKS A 6 Nr. 51

Aus den Gründen:

Die Streitwertfestsetzung im Schiedsverfahren erfolgt nicht durch das staatliche, sondern durch das Schiedsgericht (OLG Dresden Beschl.v.11.12.2000 -11 SchH 1/00 zit. nach juris RKS A 6 Nr. 13). Sie verstößt nicht gegen das Verbot des Richtens in eigener Sache (BGH 7.3.1985 – III ZR 169/83 BGHZ 94, 92 = RKS A 3 Nr. 12). Durch die Streitwertfestsetzung wird der Streitwert nur für die Kostenerstattung im Verhältnis  Schiedskläger und Schiedsbeklagtem bestimmt. Da der Streitwert somit nicht Grundlage für Honorarstreitigkeiten zwischen Schiedsparteien und Schiedsrichter vor ordentlichen Gerichten ist, wird der Schiedsrichter nicht als Richter in eigener Sache tätig. Im Rahmen solcher Honorarstreitigkeiten ist der Streitwert des Schiedsverfahrens eine inzident zu klärende Vorfrage, zu deren Beantwortung das jeweils angerufene Prozessgericht zuständig ist. Die Höhe des Schiedsrichterhonorars wird durch den Schiedsspruch im Verhältnis Schiedsrichter/Partei nicht endgültig bestimmt, eine Klage auf Rückzahlung vor den staatlichen Gerichten ist dadurch nicht ausgeschlossen (OLG Dresden Beschl. v. 11.12.2000 – 11 SchH 1/00 RKS A 6 Nr. 13; Kröll SchiedsVZ 2004, 113, 119).

Zwar legt der Leitsatz des BGH-Urteils vom 25.11.1976 (III ZR 112/74 WM 1977, 319 zit. nach juris; RKS A 6 Nr. 8) nahe, der BGH habe eine Streitwertfestsetzung durch das Schiedsgericht untersagt. Das ergibt sich aus den Gründen der Entscheidung jedoch in dieser Form nicht: Der BGH stellt ersichtlich auf eine verbindliche ziffernmäßige Festsetzung der Schiedsrichtervergütung als Teil der Verfahrenskosten ab und unterstellt diese dem Verbot des Richtens in eigener Sache. Dass er die Schiedsrichter gleichzeitig hindern wollte, für das Verfahren den Streitwert festzusetzen, ergibt sich aus dem Urteil nicht. Der BGH verbietet eine bindende Festsetzung des Schiedsrichterhonorars  im Schiedsspruch, auch über den Umweg einer für die Honorarfestsetzung bindenden Streitwertentscheidung. Dass die Streitwertentscheidung für die Kostenerstattung der Parteien bindend ist, ist hiervon sorgfältig zu trennen.

Wäre die Festsetzung des Streitwerts dem Schiedsgericht generell verboten, würden Schiedsverfahren in allen Fällen, in denen nicht auf Geldleistung geklagt wird, faktisch unmöglich, da bei Uneinigkeit zwischen den Parteien über die Höhe des Streitwerts dessen Festsetzung (auch nicht vorläufig) erfolgen könnte mit der Folge, dass eine konkrete Kostenverteilung nicht möglich ist, obwohl diese auch nach der Auffassung des BGH aaO. durch das Schiedsgericht zu erfolgen hat. Auch eine vom Schiedsgericht zwingend vorzunehmende abstrakte Kostengrundentscheidung (vgl. BGH aaO.) ist ohne Streitwertfestsetzung in diesen Fällen jedenfalls dann nicht möglich, wenn eine Kostenquote zu bilden ist, da sich das Obsiegen und Unterliegen nach dem Streitwert abbildet, den das Gericht aber nicht festsetzen dürfte.

Im Übrigen hat der Antragsteller trotz offensichtlich fehlender Einigung der Parteien vom Schiedsgericht eine Streitwertfestsetzung (allerdings entsprechend seinen geringeren Angaben) erwartet, damit verstößt er gegen die Grundsätze des venire contra factum proprium, sich nach nun ihm ungünstigerer Streitwertfestsetzung darauf  zurückzuziehen, das Schiedsgericht dürfe den Streitwert gar nicht festsetzen.

16.8.2001

Anmerkung: Siehe auch OLG München Beschl. v. 12.4.2011 – 34 Sch 28/10 SchiedsVZ 2011, 230, 232:
„Soweit im Schiedsspruch im Zusammenhang mit der Kostengrundentscheidung auch die Verpflichtung der Antragsgegnerin ausgesprochen ist, der Antragstellerin die vorgeschossenen Gebühren des Schiedsrichters zu erstatten, verstößt dies nicht gegen das Verbot des Richtens in eigener Sache (BGH NJW 1985, 1903 = RKS A 3 Nr. 12). Mit dem bezifferten Kostenschiedsspruch wurde nur über den Erstattungsanspruch der Parteien untereinander entschieden (vgl. auch Senat vom 23.2.2007 - 34 Sch 031/06 = OLG-Report 2007, 684)“.