Recht und Steuern

A 6 Nr. 48

A 6 Nr. 48 §§ 110, 1032 Abs. 2, 1063 Abs. 2 ZPO – Prozesskostensicherheit und Streitwert im Verfahren auf Unzulässigerklärung eines Schiedsverfahrens. Mündliche Verhandlung, Zwischenentscheidung

(1) § 110 ZPO, der als Kläger auftretende Angehörige fremder Staaten verpflichtet, wegen der Prozesskosten Sicherheit zu leisten, gilt nur für Klagen. Es besteht daher keine Pflicht zur Sicherheitsleistung im Verfahren über einen Antrag, der auf Unzulässigkeitserklärung eines schiedsrichterlichen Verfahrens oder auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs gerichtet ist.

(2) Eine mündliche Verhandlung oder eine Zwischenentscheidung ist nicht erforderlich. Die Zurückweisung kann auch in den Gründen des Endurteils begründet werden.

(3) Der Streitwert des Antrags wird nach dem Streitwert der Hauptsache berechnet. Wenn der Antragsgegner nicht nur die im Schiedsverfahren geltend zu machende Forderung des Antragstellers bestreitet, sondern erklärt, dass er im Schiedsverfahren Gegenansprüche geltend machen werde, ist auch deren Wert einzubeziehen.

OLG Hamburg Beschluss vom 15.6.2009 – 6 SchH 2/09; Hamburger Zeitschrift für Schifffahrtsrecht 2010, 5 = RKS A 6 Nr. 48

Aus den Gründen:

(1) § 110 ZPO legt nach seinem Wortlaut die Pflicht zur Prozesskostensicherheitsleistung dem Kläger auf. Sein Anwendungsbereich wird daher ganz überwiegend auf Klagen begrenzt (Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 110 Rd-Nr. 13; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 67. Aufl. § 110 Rd-Nr. 9; Saenger/Wöstmann ZPO 2. Aufl. § 110 Rd-Nr. 3; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 29. Aufl. § 110 Rd-Nr. 3). Nach ganz allgemeiner Ansicht besteht daher keine Pflicht zur Sicherheitsleistung in Verfahren, die auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs oder eines schiedsrichterlichen Vergleichs gerichtet sind (BGHZ 52, 321 = HSG A 6 Nr. 4; Stein/Jonas/Bork a. a. O. Rd-Nr. 14; Baumbach/Lauterbach a. a. O.; Giebel in MünchKomm ZPO 3.Aufl. § 110 Rd-Nr. 35; Zöller/Herget a. a. O. Rd-Nr. 3; Saenger/Wöstmann a. a. O.). Es besteht kein Grund, dies bei einem Verfahren gem. § 1032 Abs. 2 ZPO anders zu sehen, da in einem solchen Verfahren nur ein Teil der Fragen (hier: Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung) quasi vorab geprüft wird, die auch Gegenstand einer Prüfung in einem Verfahren gem. § 1059 oder § 1060 Abs. 2 ZPO sein können. Gemäß § 1063 Abs. 1 ZPO wird im Verfahren nach § 1032 Abs. 2 durch Beschluss entschieden, wobei eine mündliche Verhandlung – da die Voraussetzungen des § 1063 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen – nicht erforderlich ist. Das Beschlussverfahren dient der Beschleunigung und soll nicht durch Sicherheitsleistung für die Prozesskosten erschwert werden (BGHZ 52, 321, 322 f = HSG A 6 Nr. 4).

(2) Der Senat hat davon abgesehen, eine Zwischenentscheidung zu treffen. Der BGH hat zwar entschieden, dass in einem Klagverfahren über die prozesshindernde Einrede der mangelnden Prozesssicherheit durch Zwischenurteil zu entscheiden ist (BGHZ 37, 264, 266; BGH NJW-RR 1990, 378), wobei in der Kommentarliteratur die Auffassung vertreten wird, dass die Zurückweisung der Einrede auch in den Gründen des Endurteils ausgesprochen werden könne (Stein/Jonas/Bork a. a. O. § 112 Rd-Nr. 1; Giebel in MünchKomm a. a. O. § 113 Rd-Nr. 6; Zöller/Herget a. a. O. § 112 Rd-Nr. 1). Für die Auffassung, dass auch im Klagverfahren eine Zwischenentscheidung nicht zwingend vorgeschrieben ist, spricht § 280 Abs. 1 ZPO, wonach eine Anordnung über die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage im Ermessen des Gerichts steht, also erfolgen kann, aber nicht muss. Das kann aber letztlich dahinstehen, weil eine § 280 ZPO vergleichbare Vorschrift für das Antragsverfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO, in dem – wie ausgeführt – ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden werden kann, fehlt.
(3) Als Streitwert nimmt der Senat 1/3 des möglichen Hauptsachewertes an. In dem vorliegenden Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO (hierzu siehe RKS A 1 Nr. 181) geht es nicht nur um die Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit des Verfahrens, das durch die Antragstellerin eingeleitet wird (auf Rückzahlung eines Teilbetrages der in Anspruch genommenen Bankgarantie), sondern auch um ein Verfahren, das ggf. durch die Antragsgegnerin eingeleitet wird. Diese hat im Schriftsatz vom 22.5.2009 ausgeführt, dass sie nicht nur die Rückzahlung des aus der Bankgarantie gezogenen Betrages verweigere, sondern weitere Zahlungsansprüche gegen die Antragstellerin geltend machen werde. Die AGg. hat in der E-Mail vom 20.2.2009 Zusatzleistungen in Höhe von 482.433 € behauptet, die ASt. hat in der Antragsschrift Zusatzleistungen von 178.408 € für gerechtfertigt gehalten. Die Differenz von 304.025 € dürfte dem möglichen Hauptsachestreitwert entsprechen, 1/3 hiervon ist 101.341 €.