Recht und Steuern

A2 Nr. 21

A2 Nr. 21
Gescheiterte Bestellung des vertragsgemäßen Dreierschiedsgerichts. Weigerung des ersatzweise vereinbarten Einzelschiedsrichters. Gerichtliche Bestellung eines Einzelschiedsrichters - § 1035 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1, § 1062 Abs. 1, Abs. 5 ZPO n.F.
Hat laut Schiedsklausel über Streitigkeiten aus dem Vertrag ein (Dreier-)Schiedsgericht, bei unterlassener Mitwirkung einer Partei an der Ernennung des Schiedsgerichts der Präsident der zuständigen Industrie- und Handelskammer zu entscheiden, und hat der Präsident die Übernahme des Schiedsrichteramtes abgelehnt, so kann das zuständige Oberlandesgericht ersatzweise einen Einzelschiedsrichter ernennen.
Es kann die vom Präsidenten vorgeschlagene Person zum Schiedsrichter ernennen, obwohl die Parteien dem Präsidenten kein Vorschlags- oder Benennungsrecht eingeräumt hatten.
BayObLG Beschluss vom 16.9.1998 NJW-RR 1999, 1085 = RKS A 2 Nr. 21
Aus dem Sachverhalt:
Laut § 12 der Satzung der Antragsgegnerin, einer GmbH, soll über Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis ein Schiedsgericht, hilfsweise der Präsident der zuständigen IHK entscheiden. Der Antragsteller beantragt, im gerichtlichen Verfahren ein Schiedsgericht zu bestellen. Er habe die Ag. mit Schreiben vom 12.1.1998 erfolglos aufgefordert, einen Schiedsrichter zu benennen. Der Präsident habe die Übernahme des Schieds­richter­amtes aus zeitlichen und fachlichen Gründen abgelehnt und statt seiner Herrn A als Schiedsrichter benannt. Dieser sei mit seiner Benennung grundsätzlich einverstanden, meint aber, dass § 12 der Satzung kein Benennungsrecht des Präsidenten enthalte.
Die Ag. hat zu dem Antrag nicht Stellung genommen. Der Senat hat den Parteien seine Rechtsauffassung und seine Absicht mitgeteilt, den von dem Präsidenten vorgeschlagenen Herrn A als Einzelschiedsrichter zu bestellen. Die Parteien haben innerhalb der gesetzten Frist keine Einwendungen erhoben. Der Senat hat Herrn A zum Einzelschiedsrichter bestellt.
Aus den Gründen:
Der Antrag ist zulässig. Der Senat ist gem. § 1062 Abs. 1 und 5 ZPO n.F. in Verbindung mit § 6a der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz zuständig. Die Ag. hat ihren Sitz in Bayern.
Der Antrag ist auch gemäß § 1035 Abs. 4 ZPO n.F. begründet. § 12 der Satzung sieht vor, dass primär zur Entscheidung ein Schiedsgericht berufen ist, bei dem die Anzahl der Schiedsrichter nicht bestimmt ist, so dass nach der gesetzlichen Regelung des § 1034 Abs. 1 S. 2 ZPO n.F. deren Zahl drei beträgt. Mangels einer abweichenden Vereinbarung hätte daher im vorliegenden Fall jede Partei einen Schiedsrichter zu bestellen, die ihrerseits den dritten Schiedsrichter als Vorsitzenden des Schiedsgerichts bestimmen (§ 1035 Abs. 3 S. 2 ZPO n.F.). An dieses Verfahren hat sich die Ag. nicht gehalten. Sie hat trotz Aufforderung durch den Ast. keinen Schiedsrichter bestellt. Für diesen Fall haben die Parteien eine vorrangige Ersatzregelung getroffen, nämlich dass hilfsweise der Präsident der zuständigen IHK über die Streitigkeit als Einzel­schieds­richter entscheidet. Der Präsident hat jedoch die Übernahme des Schieds­richter­amts mit der Begründung abgelehnt, er sei zeitlich hierzu nicht in der Lage und verfüge nicht über das juristische Fachwissen. Damit kommt auch die von den Parteien vor­ge­sehene Ersatzregelung nicht zum Tragen. Gemäß § 1035 Abs. 4 ZPO n.F. kann deshalb - da ein Dritter seine ihm von den Parteien übertragene Aufgabe nicht erfüllt - das Gericht auf den Antrag einer Partei unter Beachtung der Grundsätze des § 1035 Abs. 5 ZPO n.F. den Schiedsrichter bestimmen.
Der Senat bestellt A als Einzelschiedsrichter. Wie die in § 12 der Satzung getroffene Ersatzregelung zeigt, entspricht es dem Parteiwillen, dass bei Nichtzustandekommen eines einvernehmlichen Schiedsgerichts ein Einzelschiedsrichter entscheiden soll. Die Bestellung von A ist sachgerecht. Für Zweifel an seiner Unabhängigkeit und Un­partei­lich­keit sind keine Umstände ersichtlich. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Ast. ist A für die in der vorliegenden Schiedssache zu lösenden Streitfragen hoch­qualifiziert und teilweise auch schon mit der Problematik des Falles vertraut. Beide Parteien haben gegen die ihnen mitgeteilte Absicht des Senats, A als Einzel­schieds­richter zu bestellen, innerhalb der gesetzten Frist auch keine Einwendungen erhoben.
Hinweis:
Nach dem bis zum 31.12.1997 geltenden Recht trat der Schieds­vertrag außer Kraft, wenn ein als Schieds­richter oder zur Ernennung eines Schieds­richters berufener Dritter sich weigerte (§ 1033 Nr. 1 ZPO a.F. - hierzu OLG Köln 16.4.1997 RKS A 2 Nr. 20). Die Neu­regelung ist weiter­gehend als das bisherige Recht bemüht, den Schieds­vertrag aufrecht­zu­erhalten (siehe Anmerkung aaO.).