Recht und Steuern

A2 Nr.29

A 2 Nr. 29
§§ 1035, 1062 ZPO - Frist zur Schiedsrichterernennung: Ausschlußfrist, spätere Gesetzesänderung, Form „Einschreiben mit Rückschein”
Die Monatsfrist des § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO oder eine an deren Stelle vereinbarte abweichende Frist zur Schiedsrichterbenennung ist keine Ausschlußfrist. Die aufgeforderte Partei kann noch bis zur rechtskräftigen Entscheidung im gerichtlichen Benennungsverfahren nach § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ihren Schiedsrichter benennen, weil auch die verspäteten Benennung durch die Partei noch den Zweck des gerichtlichen Verfahrens erreicht.
Wenn eine Schiedsvereinbarung bezüglich der Frist für die Schiedsrichterbenennung in allen Einzelheiten die derzeitige gesetzliche Regelung nachstellt, ist sie nach einer Gesetzesänderung dahin auszulegen, daß die Parteien die nunmehr geltende Monatsfrist vereinbart hätten, wenn sie bei Vertragsschluß die künftigen Gesetzesänderungen zur Anpassung des nationalen Rechts an die Grundsätze der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit sowie zur Erleichterung der Ausübung privater Schiedsgerichtsbarkeit gekannt hätten.
Die vereinbarte Form „Einschreiben mit Rückschein” soll im Zweifel nicht konstitutiv wirken, sondern nur den Nachweis des Zugangs der Aufforderung sichern und damit den Beginn der Frist dokumentieren. Auch ein Fax kann die Frist in Lauf setzen, falls sein Zugang nachgewiesen werden kann.
Wenn der Antragsgegner zugleich mit der rechtzeitigen Benennung seines Schiedsrichters die Besorgnis der Befangenheit des vom Antragsteller benannten Schiedsrichters äußert, muß darüber zunächst das Schiedsgericht entscheiden.
OLG Naumburg Beschl. v.19.5.2003 - 10 SchH 01/03; Zeitschrift für Schiedsverfahrensrecht 2003 S. 235 = RKS A 2 Nr. 29
Aus den Gründen:
Der Ag. hat sein Recht zur Auswahl und Benennung eines Schiedsrichters rechtzeitig ausgeübt. Nach der bis zur Reform des Schiedsverfahrensrechts herrschenden und auch danach vertretenen Auffassung ist die Monatsfrist des § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO n.F. bzw. eine an deren Stelle vereinbarte abweichende Frist für die Benennung eines Schiedsrichters keine Ausschlussfrist. Eine Partei könne noch bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Antragsverfahren nach §§ 1062 Abs. 1 Nr. 1, 1063 Abs. 1 ZPO einen Schiedsrichter benennen, weil auch mit der verspäteten Benennung durch die Partei dem Zweck des gerichtlichen Verfahrens Rechnung getragen werde und zugleich der erhebliche Eingriff in die Position einer Partei vermieden werde, der daraus resultiere, nicht selbst einen Schiedsrichter benennen zu können (OLGR Koblenz 2002, 115f., auch Voit in Musielak ZPO 3. Aufl. 2002 § 1035 Rd-Nr. 3).
Demgegenüber wird unter Berufung insbesondere auf die Begründung des Regierungsentwurfs für die Reformierung des Schiedsverfahrensrechts auch die Auffassung vertreten, daß die vorgenannte Frist eine Ausschlussfrist sei, weil nur dadurch Rechtsklarheit, beispielsweise hinsichtlich des Fristablaufs zur Bestimmung eines Obmanns, erreichbar sei (vgl. BayObLGZ 2002, 17-20 = NJW-RR 2002, 933f. = RKS A 2 Nr. 28; als Zwischenlösung: bis zum Antrag auf gerichtliche Ersatzbestellung - siehe Geimer in Zöller ZPO 23. Aufl. 2002 § 1035 Rd-Nr. 17).
Der Senat neigt der erstgenannten Auffassung zu, auch deshalb, weil die Schiedsvereinbarung der Parteien regelmäßig so auszulegen sein wird, daß nicht jede (u.U. nur geringfügige) Verzögerung a priori zur Undurchführbarkeit des vereinbarten Bestellungsverfahrens führen soll, sondern daß die Inanspruchnahme staatlicher Gerichte im Bestellungsverfahren auf solche Konfliktlagen beschränkt bleiben soll, die ohne deren Anrufung nicht auflösbar sind. Indessen kann die Frage hier offen bleiben; denn der Ag. hat die Frist zur Benennung eines Schiedsrichters jedenfalls eingehalten.
Die Frist beträgt einen Monat. Zwar ist im Gesellschaftsvertrag eine Zwei-Wochen-Frist vereinbart. Die Vereinbarung wurde jedoch zu einer Zeit geschlossen, als diese Zwei-Wochen-Frist noch der gesetzlichen Regelung entsprach, deren ergänzende Geltung die Parteien ausdrücklich vereinbart haben. Der Senat schließt aus dem Umstand, daß die Schiedsvereinbarung in allen Einzelregelungen die gesetzliche Regelung nachstellt, daß die Parteien, wenn sie bei Vertragsschluss die künftigen Gesetzesänderungen zur Anpassung des nationalen Rechts an die Grundsätze der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit sowie zur Erleichterung der Ausübung privater Schiedsgerichtsbarkeit gekannt hätten, eine Monatsfrist vereinbart hätten.
Die Monatsfrist hat frühestens am 23. 12. 2002 begonnen, einen früheren Zugang seiner Aufforderung zur Schiedsrichterbenennung beim Ag. hat der Ast. nicht nachweisen können. Zwar geht der Senat davon aus, daß die Vereinbarung der Form „Einschreiben mit Rückschein” nicht konstitutiv wirken, sondern lediglich der Sicherung eines Nachweises des Zugangs der Aufforderung zur Dokumentation des Beginns der Monatsfrist dienen soll. Eine Telefax-Mitteilung ist danach grundsätzlich geeignet, ein Schiedsverfahren einzuleiten und zum Fristlauf zu führen, wenn der Zugang des Faxes unstreitig ist oder der Ast. ihn nachweisen kann. Anderenfalls verwirklicht sich gerade das Nachweisrisiko, welches Hintergrund für die Vereinbarung zur Sicherung der urkundlichen Nachweisbarkeit des Zugangs war. Der Zugang der Aufforderung ist für den 23.12.2002 nachgewiesen.
Wenn der Ag. zugleich mit der rechtzeitigen Benennung seines Schiedsrichters die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem vom Ast. benannten Schiedsrichter geäußert hat, hat hierüber zumindest zunächst das Schiedsgericht selbst in dem Verfahren gem. § 1037 ZPO zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts des Bestellungsverfahrens findet ihre Grundlage in §§ 12 Abs. 1 S. 1, 25 Abs. 2 S.1 GKG i.V.m.3 ZPO. Der Wert des Verfahrens auf Bestimmung eines Schiedsrichters bemisst sich nach einem Bruchteil des Wertes der Hauptsache (Herget in Zöller ZPO 23. Aufl. 2002 § 3 Rd-Nr. 16 Stichwort „Schiedsrichterliches Verfahren”), den der Senat regelmäßig auf ein Fünftel festsetzt.