Recht und Steuern

A2 Nr.23

A2 Nr.23
Feststellung der Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens; Einwand gegen die Ernennung eines Schiedsrichters; Ablehnungsverfahren; Streitwert - §§ 1032, 1037 ZPO
1. Das OLG darf die Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO nur feststellen, wenn die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist.
2. Ein Einwand gegen die Benennung eines Schiedsrichters durch einen Dritten auf Grund der Schiedsgerichtsordnung muss zuerst im Ablehnungsverfahren gemäß § 1037 ZPO vor dem Schiedsgericht erhoben werden. Auf den Einwand kann der Dritte eine bei der Benennung fehlerhaft unterlassene Ermessensausübung nachholen. Erst nach erfolgloser Durchführung des Ablehnungsverfahrens kann das OLG entscheiden.
3. Streitwert des Verfahrens zwecks Ablehnung eines von drei Schiedsrichtern ist ein Drittel des Streitwerts des Schiedsverfahrens.
OLG Dresden Beschluss v. 22.2.2001 - 11 Sch 02/01; Betriebs-Berater 2001 Beilage 6 S. 18 = RKS A 2 Nr. 23
Aus dem Sachverhalt:
Die Antragstellerin wehrt sich gegen die Besetzung des Schiedsgerichts in einem Berufungsverfahren nach der Schiedsgerichtsordnung der M.P. e.V. (SchGO). Das gesamte Berufungsschiedsgericht wurde gem. § 29 SchO von der Vorstandsvorsitzenden der Produktbörse ernannt. § 2 SchGO - Besetzung - bestimmt:
(1) ..... (2) Jede Partei benennt einen Schiedsrichter ihrer Wahl. .. als Obmann wird durch den Vorstandsvorsitzenden oder dessen Beauftragten eine sachkompetente, jedoch geschäftsneutrale Person benannt, die selbst am Markt nicht wirtschaftlich tätig ist.
§ 29 SchGO regelt die Besetzung des Oberschiedsgericht wie folgt:
(1) Das Oberschiedsgericht entscheidet in der Besetzung von drei Schiedsrichtern, von denen einer als Obmann den Vorsitz führt.
(2) Die Schiedsrichter und der Obmann werden vom Vorsitzenden oder dessen Beauftragten unter Beachtung der Regelung des § 2 Abs. 1 und 2 ernannt.
Der von der Ast. benannte Schiedsrichter M.T. wurde nicht berücksichtigt. Die Ast. beantragt, das Berufungsschiedsverfahren der Parteien und die durch die M.P.-Vorsitzende erfolgte Benennung eines Schiedsrichters für die Ast. für unzulässig zu erklären, hilfsweise, M.T. als Schiedsrichter für die Ast. zu ernennen.
Aus den Gründen:
1. Die Anträge sind sämtlich unbegründet. Nach 1032 ZPO kann das staatliche Gericht zwar auf Antrag feststellen, dass ein schiedsrichterliches Verfahren unzulässig sei, solange das Schiedsgericht noch nicht gebildet ist, § 1032 Abs. 2 ZPO. Aus der zeitlichen Bestimmung „bis zur Bildung des Schiedsgerichts” und aus dem Zusammenhang mit Abs. 1 („das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist”) folgt aber, dass die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens danach beurteilt wird, ob die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist. So etwas macht die Ast. nicht geltend, aus dem Akteninhalt ergeben sich auch keinerlei Anhaltspunkte dafür.
Ob das Verfahren rechtsstaatswidrig sein wird, kann die Ast. selbst von ihrem Rechtsstandpunkt aus noch gar nicht wissen. Für den Fall, dass der von ihr gewünschte Schiedsrichter am Verfahren teilnimmt, könnte sie aus ihrer Sicht keine Einwendungen mehr gegen das Verfahren erheben.
2. Rechtsgrundlage der Benennung der beiden Schiedsrichter und des Obmanns durch die M.P.-Vorsitzende sind §§ 1036 und 1037 ZPO und §§ 2, 29 SchGO. In der SchGO ist nichts über die Ablehnung eines Schiedsrichters durch eine Partei bestimmt, deswegen gelten §§ 1036, 1037 ZPO. Danach hat die Ast. das staatliche Gericht zu früh angerufen. Das Verfahren vor dem Schiedsgericht gem. § 1037 Abs. 2 und 3 ZPO ist noch nicht durchgeführt worden. Das Schiedsgericht hat zu den Angriffen der Ast. auf seine Besetzung noch keine Stellung genommen, auch die Schiedsrichter selbst haben dazu noch keine Gelegenheit gehabt.
Nach § 29 Abs. 2 SchGO ernennt die M.P.-Vorsitzende die Schiedsrichter des Oberschiedsgerichts. Da derselbe Absatz die Vorsitzende aber verpflichtet, die Grundsätze von § 2 Abs. 2 einzuhalten, wonach jede Partei einen Schiedsrichter ihrer Wahl benennen darf, fragt sich, wie diese beiden Bestimmungen miteinander zu vereinbaren sind. Die Vorsitzende scheint zu meinen, dass die Benennung eines Schiedsrichters durch den Berufungskläger schlechthin unbeachtlich sei. Das wäre nicht richtig. Selbstverständlich steht es der M.P.-Vorsitzenden frei, als Berufungsschiedsrichter jemanden zu ernennen, den der Berufungskläger vorgeschlagen hat, wenn er für das Schiedsrichteramt geeignet ist. Aus dem Schreiben der Vorsitzenden könnte man folgern, dass sie sich ihres Ermessens, auch einen vorgeschlagenen Schiedsrichter zu ernennen, nicht bewusst gewesen ist und dass sie deswegen ihr Ermessen falsch gebraucht hat.
Das kann für das vorliegende Verfahren aber dahinstehen, da auf jeden Fall zunächst das Schiedsgericht selbst sich mit den Einwänden der Antragstellerin gegen die Zusammensetzung des Schiedsgerichts auseinandersetzen muss.
Die M.P.-Vorsitzende kann ihr Ermessen auf die Rüge der Schiedsklägerin hier auch nachträglich noch ausüben und den vorgeschlagenen Schiedsrichter ernennen oder begründen, warum er nicht geeignet ist.
Aus dem gleichen Grund ist der Hilfsantrag, M.T. als Schiedsrichter zu benennen, jedenfalls derzeit unbegründet.
3. Die Ast. begehrt, den von ihr benannten Schiedsrichter als Mitglied des Schiedsgerichts zu sehen. M.T. wäre einer von drei Schiedsrichtern. Für die Zusammensetzung der gesamten Richterbank ist der Streitwert des Schiedsverfahrens maßgeblich, für die Zusammensetzung eines Teils der Richterbank der Bruchteil, der dem Anteil der abgelehnten Richter an der Richterbank entspricht. Das ist hier ein Drittel.