Recht und Steuern

A2 Nr.22

A2 Nr.22
Entscheidung des Schiedsgerichts über die Ablehnung von Schiedsrichtern - §§ 1032, 1041 Abs. 1 Nr. 1, 1042, 1045 ZPO a.F., § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO n.F.
Sowohl nach dem früheren wie nach dem am 1.1.1998 in Kraft getretenen Schiedsverfahrensrecht kann die endgültige Entscheidung über die Ablehnung eines Schiedsrichters nicht dem Schiedsgericht übertragen werden.
Nach § 1032 ZPO a.F. hatte über den Ablehnungsantrag mangels freiwilligen Rücktritts des abgelehnten Schiedsrichters unabdingbar das staatliche Gericht zu entscheiden, und zwar im Verfahren nach § 1045 ZPO a.F.
Ein Verstoß gegen diese Regel macht das Verfahren im Ganzen unzulässig i.S.d. § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a.F. bzw. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO n.F., und der Schiedsspruch unterliegt der Aufhebung.
BayObLG Beschluss vom 24.2.1999 - 4 Z Sch 17/98; NJW-RR 2000, 360 = RKS A 2 Nr. 22
Aus dem Sachverhalt:
Der Antragsteller stützt sein Begehren auf Aufhebung des vom Oberschiedsgericht der Bayerischen Warenbörse durch die Schiedsrichter A, B und C am 29.10.1998 abgefassten Schiedsspruchs auf Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der Besetzung des Oberschiedsgerichts in der Berufungsverhandlung vom 30.9.1998. Der vom Ast. benannte Schiedsrichter D sei zu Unrecht erfolgreich abgelehnt worden, demgegenüber habe an der Entscheidung der Schiedsrichter C mitgewirkt, über dessen vom Ast. betriebene Ablehnung erst in der Sitzung vom 30.9.1998 entschieden worden sei, und der das Ablehnungsgesuch zurückweisende Beschluss sei dem Ast. erst zusammen mit dem Schiedsspruch am 10.11.1998 zugegangen. Schließlich sei der Ast. vom Schiedsgericht vor der mündlichen Verhandlung über dessen Besetzung nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden.
Aus den Gründen:
Das Verfahren des Oberschiedsgerichts im Anschluss an den Ablehnungsantrag gegen den vom Ast. benannten Oberschiedsrichter D war nach dem damals geltenden Schieds­verfahrensrecht gesetzwidrig i.S.d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 b, d ZPO n.F. Nach Art. 4 § 1 Abs. 2 SchiedsVfG vom 22.12.1997 (BGBl. I 3224) galt für das schiedsrichterliche Verfahren, da es bei Inkrafttreten dieses Gesetzes (1.1.1998) bereits begonnen hatte, aber noch nicht beendet war, das bisherige Recht. Eine Vereinbarung der Parteien über die Anwendung des neuen Schiedsverfahrensrechts i.S.d. Art. 4 § 1 Abs. 3 SchiedsVfG liegt nicht vor.
Nach dem somit anzuwendenden § 1032 ZPO a.F. hatte auf den entsprechenden Antrag des Ag. mangels freiwilligen Rücktritts des abgelehnten Richters bzw. gütlicher Einigung der Parteien unabdingbar das staatliche Gericht zu entscheiden, und zwar im Verfahren nach § 1045 a.F. (BGHZ 24, 1 [3f.] = NJW 1957, 791; Thomas/Putzo ZPO 20. Aufl. § 1032 a.F. Rd-Nr. 6; Kornblum ZZP 1980, 20). Dies folgt - nach der damaligen Gesetzes­lage - aus Sinn und Zweck des § 1045 ZPO a.F. als eine der wenigen Garantien, die das (damalige) Gesetz für nötig gehalten hat (BGHZ 24, 1 = NJW 1957, 791; Kornblum ZZP 1980, 20, jeweils m.w.N.). Bereits ein derartiger Fehler im Verfahren nach einem Ablehnungsgesuch macht das Verfahren im Ganzen unzulässig i.S.d. § 1059 Abs.2 Nr. 1 d n.F. bzw. § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a.F., und der Schiedsspruch unterliegt der Aufhebung (Thomas/Putzo § 1041 a.F. Rd-Nrn. 7f; Schwab/Walter Schieds­gerichts­barkeit, 4. Aufl. S. 76 Rd-Nr. 12; Zöller/Geimer ZPO 21. Aufl. § 1059 Rd-Nr. 42). Das fehlerhafte Ablehnungsverfahren hat sich auch auf die Entscheidung des Ober­schieds­gerichts ausgewirkt, da das Verfahren nach dem erfolgreichen Ablehnungs­gesuch der Ag. mit einem anderen als dem vom Ast. genannten (Ober-)Schieds­richter fortgesetzt wurde, mit dessen Ernennung der Ast. nicht einverstanden war.
Es versteht sich von selbst, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass das staatliche Gericht in dem Ablehnungsverfahren sowie anschließend das Ober­schieds­gericht in der ursprünglichen oder in sonst abweichender Besetzung anders entschieden hätten. Der Verfahrensfehler war somit kausal (Thomas/Putzo ZPO 21. Aufl. § 1059 Rd-Nr. 14; § 549 Rd-Nr. 12).
Ebenso fehlerhaft war die Verfahrensweise des Oberschiedsgerichts im Anschluss an das Ablehnungsgesuch des Ast. gegen den am 22.7.1998 ernannten Ersatz­schieds­richter C, aber auch bereits bei der Weigerung, nicht den vom Ast. (nach Ablehnung des D) benannten Rechtsanwalt E, sondern stattdessen den vom Ast. abgelehnten C zum Ersatzschiedsrichter zu ernennen. Über die Zusammensetzung des Schieds­gerichts bestimmte § 190 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 der Schiedsgerichtsordnung für das Schieds­gericht der Bayerischen Warenbörse i.d.F. vom 1.12.1983 in Bezug auf alle Schieds­richter, dass diese entweder bestimmten Schieds­richter­listen entnommen werden sollten (1. Alt.) oder eine führende Stellung in einer der in ein Handels- oder Genossen­schafts­register der Bundesrepublik Deutschland eingetragenen Firmen bekleiden mussten (2. Alt.). In § 2 Abs. 2 i.V.m. § 29 Abs. 2 SchGO, die sich mit den von jeder Partei zu ernennenden Schiedsrichtern befassen, wurde empfohlen, diese den von der Börse aufgestellten Schiedsrichterlisten zu entnehmen.
Die Regelung der 2. Alt., wonach Angehörige der bezeichneten Firmen dort führende Stellungen bekleiden mussten, betrifft nur Schiedsgerichtskandidaten, die derartigen Firmen angehören, was auf den vom Ast. benannten Rechtsanwalt E nicht zutrifft. Somit, und weil die beiden Auswahlkriterien alternativ nebeneinander stehen, gilt hier die 1. Alt. Diese enthält nur eine nicht bindende Sollvorschrift, die im Einklang mit § 2 Abs. 2 SchGO steht, der nur eine Empfehlung in Bezug auf die Schiedsrichterlisten ausspricht. Daraus folgt, dass bereits die Ernennung des Ersatzschiedsrichters C und nicht erst das anschließende zweite Ablehnungsverfahren, nämlich gegen diesen Ersatzschiedsrichter, i.S.d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 d ZPO n.F. rechtswidrig war.