Recht und Fair Play

A 2 Nr. 58

§ 1035 Abs. 4 ZPO - Weigerung des schiedsvertraglich mit der Schiedsrichterbenennung betrauten Dritten: Bestellung durch das Gericht
Ist laut Schiedsvertrag der Schiedsrichter vom Vorstand einer Organisation zu benennen und weigert sich dieser, so steht dies der Wirksamkeit des Schiedsvertrages nicht entgegen. Gerade für den Fall, dass das von den Parteien vereinbarte Bestellungsverfahren scheitert, sieht das Gesetz die Heranziehung des staatlichen Gerichtes vor, um dem Schiedsvertrag zum Erfolg zu verhelfen („Reservefunktion“).
Die Bestellung des Schiedsrichters erfolgt durch das zuständige ordentliche Gericht. Dieses ist an die von den Parteien geforderte Qualifikation gebunden.
OLG München Beschl. v. 29.1.2010 – 34 SchH 11/09; SchiedsVZ 2010, 168 = RKS A 2 Nr. 58
Die Partner einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis hatten in ihrem Schiedsvertrag u. a. vereinbart:
„Das Schiedsgericht besteht aus je einem von den Vorständen der zuständigen Ärztekammer und der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung zu benennenden Arzt als Schiedsrichter, sowie aus einem von den Schiedsrichtern zu benennenden Vorsitzenden, der die Befähigung zum Richteramt haben muß.“
Beide Organisationen lehnten die Benennung ab. Die Antragsgegnerin hält den Schiedsvertrag für unwirksam, er sei unter der Bedingung geschlossen worden, dass die vorgenannten Organisationen je einen Arzt als Schiedsrichter benennen.
Aus den Gründen:
Die Weigerung der Landesärztekammer sowie der Kassenärztlichen Vereinigung, einen Schiedsrichter zu benennen, steht der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nicht entgegen (§ 1035 Abs. 4 ZPO). Denn gerade für den Fall, dass das von den Parteien vereinbarte Bestellungsverfahren scheitert, sieht das Gesetz die ersatzweise Heranziehung des staatlichen Gerichts vor, um dem Schiedsvertrag zum Erfolg zu verhelfen („Reservefunktion“ vgl. BayObLGZ 2000, 187/189; Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 1035 Rd-Nr. 19). Dass ein Ersatzbestellungsverfahren nach § 1035 Abs. 4 ZPO nach dem maßgeblichen Willen der Parteien ausgeschlossen sein soll, ist der Schiedsabrede nicht zu entnehmen.
Das zwischen den Parteien vereinbarte Bestellungsverfahren ist insoweit gescheitert, als die maßgeblichen Gremien nicht bereit sind, einen Schiedsrichter zu benennen. Eine Einigung der Parteien, die Schiedsrichter anderweit zu bestimmen, ist nicht erfolgt.
Unter diesen Voraussetzungen greift nicht das gesetzliche Bestellungsverfahren des § 1035 Abs. 3 ZPO. Vielmehr hat gemäß § 1035 Abs. 4 ZPO das staatliche Gericht auf Antrag einer Partei die erforderlichen Maßnahmen vorzunehmen. Das ist hier die gerichtliche Bestellung der beiden beisitzenden Schiedsrichter, da die Auslegung der Schiedsvereinbarung ergibt, dass die beiden beisitzenden Schiedsrichter durch einen neutralen Dritten bestimmt werden sollen.
An die von den Parteien geforderte Qualifikation ist das Gericht gebunden, § 1035 Abs. 5 S. 1 ZPO. Der Senat ist nicht berechtigt, davon abzuweichen und etwa auf Grund der Streitigkeit statt Ärzten Juristen auszuwählen. Zudem sieht die Schiedsklausel für den Obmann vor, dass er die Befähigung zum Richteramt aufweisen muss. Dadurch ist der von der Antragstellerin angesprochene juristische Sachverstand zur Entscheidung über die im Raum stehenden rechtlichen Fragen schon nach dem Parteiwillen auch im Schiedsgericht verankert.
Die Aufhebung der Kosten rechtfertigt sich aus einer entsprechenden Anwendung des § 92 Abs. 1 ZPO. Dass das vereinbarte Bestellungsverfahren für die beisitzenden Schiedsrichter gescheitert ist, hat keine der Parteien zu vertreten. Alleine der Umstand, dass die Antragstellerin die Initiative zur Bestellung der Schiedsrichter ergriffen hat, rechtfertigt es nicht, die Antragsgegnerin als unterlegene Partei zu behandeln, auch wenn diese der Bestellung entgegengetreten ist.