Recht und Steuern

A2 Nr. 49

A 2 Nr. 49
§§ 1035 Abs. 4, 1039 Abs. 1 S. 2, 1056 Abs. 1, 1059, 1060 ZPO
Keine Ersatzschiedsrichterbestellung nach Aufhebung des abschließenden Schiedsspruchs
1. Eine Ersatzschiedsrichterbestellung durch das staatliche Gericht kommt nicht mehr in Betracht, nachdem das Schiedsgericht durch einen Schiedsspruch endgültig über alle mit der Schiedsklage erhobenen Ansprüche entschieden hat und damit auch das Amt der Schiedsrichter beendet ist.
2. Dies gilt auch, wenn der Schiedsspruch durch das staatliche Gericht aufgehoben wurde; in diesem Fall lebt im Zweifel die Schiedsvereinbarung nach dem Willen der Parteien wieder auf, und sie können wegen der möglicherweise noch bestehenden Ansprüche erneut ein Schiedsverfahren nach dieser Vereinbarung einleiten.
OLG Frankfurt/M. Beschl.v. 2.11.2007 - 26 SchH 3/07; NJW-RR 2008, 590 = RKS A 2 Nr. 49
Aus den Gründen:
Nach § 1039 Abs. 1 S. 2 ZPO kommt eine Ersatzschiedsrichterbestellung durch das staatliche Gericht in Betracht, wenn ein Schiedsrichter nach Konstituierung des Schiedsgerichts ausgefallen ist und die Partei, die für die Benennung des ausgeschiedenen Schiedsrichters zuständig war, ihrer diesbezüglichen Verpflichtung zur Benennung eines neuen Schiedsrichters nicht nachkommt. Diese Voraussetzungen liegen hier indes nicht vor, dass das schiedsgerichtliche Verfahren durch den Schiedsspruch vom 29.4.2005 beendet wurde und damit auch das Amt der Schiedsrichter endete (§ 1056 Abs. 1 und 2 ZPO). Denn das Schiedsgericht hat nicht nur über einen Teil der geltend gemachten Forderungen entschieden, sondern endgültig über die mit der Schiedsklage erhobenen Ansprüche. Das ergibt sich schon aus dem Vergleich der im Tatbestand wiedergegebenen Anträge des Antragstellers mit dem Tenor des Schiedsspruches. Zwar mag die Abwicklung der ehemaligen Anwaltssozietät in der Rechtsform einer BGB-Gesellschaft noch nicht vollständig erfolgt sein, hinsichtlich des dem Schiedsverfahren zu Grunde liegenden Streitgegenstandes ist jedoch eine abschließende Entscheidung ergangen.
Da der Senat in dem Beschluss vom 30.3.2006 weder von der Möglichkeit des § 1059 Abs. 4 ZPO Gebrauch gemacht hat noch die in § 1056 Abs. 3 ZPO genannten Ausnahmen vorliegen, ist das Schiedsverfahren beendet und kann nicht mehr ohne Weiteres mit den bisherigen Schiedsrichtern bzw. einem nach §§ 1039. 1035 Abs. 4 ZPO zu bestellenden Ersatzschiedsrichter fortgesetzt werden. Vielmehr ist ein neues Schiedsgericht entsprechend der in der Schiedsvereinbarung getroffenen Regelung zu bilden. Ungeachtet der Frage, ob das alte Schiedsgericht befugt wäre, gem. § 1040 Abs. 1 ZPO über die Beendigung des Verfahrens und der Schiedsrichterämter zu befinden der Senat neigt dazu, diese Frage zu verneinen, da sich das Verfahren nunmehr im Stadium vor der Bildung des Schiedsgerichts befindet und deshalb § 1032 Abs. 2 und nicht § 1040 ZPO einschlägig sein dürfte , ist der Senat jedenfalls im Rahmen der beantragten Ersatzschiedsrichterbestellung nicht an der Klärung der Frage gehindert, in welchem Stadium sich das Schiedsverfahren befindet. Davon hängt nämlich ab, ob und unter welchen Voraussetzungen überhaupt eine Schiedsrichterbestellung durch das staatliche Gericht erfolgen kann.
Dass allein diese Sichtweise vorzugswürdig ist, wird auch durch folgende Überlegung deutlich: Da im vorliegenden Fall das Schiedsverfahren beendet ist, würde die Ergänzung des nicht ausreichend besetzten Schiedsgerichts durch einen vom staatlichen Gericht zu bestellenden Schiedsrichter nur dazu dienen, dem Schiedsgericht die Möglichkeit zu eröffnen, darüber befinden zu können, ob das alte Verfahren fortgesetzt werden muss oder ein neues Schiedsgericht zu bilden ist. Da nur letztere Entscheidung der Rechtslage entspricht, wäre eine gegenteilige Entscheidung des Schiedsgerichts entweder in dem Verfahren gem. § 1040 Abs. 3 ZPO oder im Rahmen eines Verfahrens nach §§ 1059, 1060 ZPO aufzuheben. Dass ein solches Verfahren wenig prozessökonomisch erscheint, liegt auf der Hand. Vor diesem Hintergrund kann der ASt. jedenfalls nicht die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters gem. §§ 1039 Abs. 1, 1035 Abs. 4 ZPO verlangen. Nur das hat er aber ausdrücklich geltend gemacht, so dass sein Begehren auch nicht in einen Antrag nach § 1035 Abs. 4 ZPO im Rahmen eines neu einzuleitenden Schiedsverfahrens umgedeutet werden kann.
2. Ein solches Verfahren ist nach wie vor möglich. Nachdem der Antrag auf Vollstreckbarerklärung mit Beschluss vom 30.3.2006 unter Aufhebung des Schiedsspruchs vom 29.4.2005 überwiegend zurückgewiesen wurde, dürfte die alte Schiedsvereinbarung der Parteien wieder aufgelebt sein (§§ 1060 Abs. 2 S. 1, 1059 Abs. 5 ZPO). Angesichts des eindeutigen Wortlauts der zwischen den Parteien zu Stande gekommenen Schiedsvereinbarung, wonach sämtliche im unmittelbaren und mittelbaren Zusammenhang mit der Auflösung der Sozietät auftretenden Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht entschieden werden sollen, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die abweichend von der gesetzlichen Vermutung auf einen anderen Willen der Beteiligten schließen lassen könnten, wobei der Begriff „Zweifel” auf den Inhalt der ursprünglichen Schiedsabrede zu beziehen ist (vgl. Musielak/Voit ZPO 5. Aufl. § 1058 Rd-Nr. 42).
Soweit der AGg. seinerseits festgestellt wissen will, dass das vom ASt. eingeleitete Fortsetzungsverfahren unzulässig ist, ist sein dahingehender Antrag zulässig. Insbesondere ist ein entsprechendes Rechtsschutzinteresse des AGg. anzuerkennen, da der ASt. die Fortsetzung des Verfahrens vor dem „alten” Schiedsgericht bereits beantragt hat und dieses auch schon tätig geworden ist. Aus den oben genannten Gründen ist der ASt. nicht darauf zu verweisen, eine Entscheidung des „alten” Schiedsgerichts abzuwarten, um ggf. dann eine Entscheidung des staatlichen Gerichts nach § 1040 Abs. 3 ZPO herbeizuführen.
Der Antrag ist aus den ebenfalls bereits dargelegten Gründen auch begründet, wobei der Senat zur Klarstellung noch einmal darauf hinweist, dass lediglich die Fortsetzung des „alten” Schiedsverfahrens mit den bisher bestellten Schiedsrichtern unzulässig ist, die Parteien jedoch nicht gehindert sind, wegen der möglicherweise noch bestehenden Ansprüche im Zusammenhang mit der ehemals zwischen ihnen bestehenden BGB-Gesellschaft erneut ein Schiedsverfahren einzuleiten.