Recht und Steuern

A 2 Nr. 69

A 2 Nr. 69 §§ 41, 42, 1036 Abs. 2, 1037 Abs. 2, 1052, 1062 Abs. 1 ZPO – Mitwirkung des abgelehnten Schiedsrichters  an der Entscheidung über seine Ablehnung, Rechtsvereinheitlichung.  Abweichung von Unabhängigkeitsregeln für staatliche Richter. Parteivereinbarte Anforderungen an Qualifikation eines Schiedsrichters.  Mangel an Objektivität und Neutralität gegenüber beiden Parteien?
1. Die Mitwirkung des abgelehnten Schiedsrichters an der schiedsgerichtlichen Entscheidung über seine Ablehnung ist nach h.M. und nach internationaler Praxis kein Ablehnungsgrund. Dies entspricht auch dem gesetzgeberischen Willen, das Schiedsverfahrensrecht  international zu vereinheitlichen.
2. Die Abweichung von den Unabhängigkeitsregeln für staatliche Richter lässt sich damit rechtfertigen, dass das schiedsgerichtliche Ablehnungsverfahren nur ein Vorschaltverfahren ist; endgültig entscheidet das staatliche Gericht.
3. Die gesetzlichen Ablehnungsgründe können durch Parteivereinbarung um weitere Ablehnungsgründe oder – andererseits – um Anforderungen, z.B. Alter, Zugehörigkeit zu bestimmten Berufen, Befähigung zum Richteramt, ergänzt werden.
4. Das beanstandete Verhalten des abgelehnten Schiedsrichters ist kein Ablehnungs-grund, wenn es beide Schiedsparteien gleichermaßen betrifft.
OLG München Beschl.v.5.11.2013 – 34 SchH 8/13 SchiedsVZ 2013, 334 = RKS A 2 Nr. 69
Aus den Gründen:
1. Es kommt nicht darauf an, ob der abgelehnte Schiedsrichter zu Recht oder zu Unrecht an der Entscheidung  über die Ablehnung mitgewirkt hat und ob die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Ablehnung zutreffend ist, sondern auf  die Begründetheit der Ablehnung, d.h. ob begründete Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des betreffenden Schiedsrichters bestehen (Senat v. 6.2.2005 34 SchH 10/05 = OLG-Report 2006, 271; Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. § 1037 Rd-Nr. 2). Im Übrigen entspricht die Mitwirkung des abgelehnten Richters der h.M. (Zöller/Geimer aaO. m.w.N.; Lachmann Hdb. für die Schiedsgerichtspraxis 3. Aufl. Rd-Nr. 1072; Mankowski SchiedsVZ 2004, 304/305). Aus der den staatlichen Richter betreffenden Entscheidung BVerfG v. 11.3.2013 (1 BVR 2853/11) ergibt sich nichts anderes. Nicht nur nach dem Wortlaut des § 1037 Abs. 2 ZPO, sondern auch nach dem gesetzgeberischen Willen, eine internationale Vereinheitlichung herbeizuführen, entscheidet das Schiedsgericht einschließlich des abgelehnten Schiedsrichters (Mankowski aaO.; ebenso jetzt auch Reichold in Thomas/Putzo ZPO 34. Aufl. § 1037 Rd-Nr. 4).
2. Das lässt sich entgegen der Regelung beim staatlichen Gericht damit rechtfertigen, dass es sich lediglich um ein Vorschaltverfahren handelt und die endgültige Entscheidung über das Bestehen von Ablehnungsgründen (§ 1036 Abs. 2 ZPO) beim staatlichen Gericht liegt.
3. Der abgelehnte Schiedsrichter erfüllt auch keine durch Parteivereinbarung erweiterten Ablehnungsgründe, z.B. Alter, Zugehörigkeit zu einer bestimmten Berufsgruppe, Befähigung zum Richteramt u.ä. (Reichold aaO. § 1036 Rd-Nr. 3, § 1035 Rd-Nr. 10). Eine vereinbarte Voraussetzung i.S.v. § 1036 Abs. 2 ZPO, die nicht erfüllt wird, kann nicht ein bestimmtes – von der Partei als prozesswidrig erachtetes – Verhalten im Schiedsverfahren darstellen mit der Folge, dass ein ursprünglich geeigneter Schiedsrichter nun als ungeeignet anzusehen wäre.
Als Ablehnungsgrund kommen in modifizierender Anlehnung an die Maßstäbe für staatliche Richter (§§ 41, 42 ZPO; siehe Mankowski aaO.) insbesondere Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsrichters in Betracht. Auch derartige Gründe hat die Antragstellerin nicht dargelegt (wird ausgeführt).
Abgesehen davon, dass sich aus dem Unterlassen einer Mitteilung, deren Notwendigkeit jedenfalls für den beisitzenden Schiedsrichter zweifelhaft ist und deren tatsächliche Berechtigung nicht feststeht, vom Standpunkt einer objektiv und vernünftig denkenden Partei (Reichold aaO. § 1037 Rd-Nr. 1) noch nicht ein die Ablehnung rechtfertigender Verfahrensverstoß herleiten lassen dürfte, ist nicht ersichtlich, wie sich hieraus Parteilichkeit, also ein Mangel an Objektivität und Neutralität  gerade - ausschließlich – einer Schiedspartei ergeben könnte.
4. Denn betroffen von dem inkriminierten Verhalten sind gleichermaßen beide Schiedsparteien. Dass das Verhalten des beisitzenden Schiedsrichters gerade Voreingenommenheit zu Lasten der ablehnenden Partei vermuten lässt, behauptet nicht einmal diese (wird ausgeführt).
19.1.2014