Recht und Steuern

A 2 Nr. 68

A 2 Nr. 68 § 42 Abs. 2, §§ 1036, 1037, 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
1. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf Entscheidung über die Ablehnung eines Schiedsrichters entfällt grundsätzlich nicht, wenn vor der Entscheidung des staatlichen Gerichts ein Schiedsspruch in der Hauptsache erlassen wird.
2. Für die Beurteilung der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters gelten im Wesentlichen die gleichen Maßstäbe wie für die Befangenheit eines staatlichen Richters.
3. Unzulängliche Stellungnahmen eines Richters zum Ablehnungsgesuch können ebenso wie unsachliche Stellungnahmen die Besorgnis der Befangenheit begründen.
OLG München, Beschl.v. 03.01.2014 - 34 SchH 7/13 = RKS A 2 Nr. 68
Aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Laufzeit eines zwischen ihnen am 6.11.1986 abgeschlossenen Pachtvertrages, dessen Gegenstand der Betrieb eines Thermalbads ist; dieses hat die Antragstellerin der Antragsgegnerin, einer niederbayerischen Gemeinde, verpachtet.
1. Die Antragstellerin ist Inhaberin von Wasserrechten an der Therme I in F. und aufgrund eines Nießbrauchs berechtigt, das Grundstück, zu dem die Wasserrechte gehören, sowie ein benachbartes Grundstück – beide stehen im Eigentum der Familie O. - zur Tiefenwasserförderung, Errichtung und Betrieb von Anlagen zu nutzen. Die Antragsgegnerin hatte im vergangenen Jahrhundert dort ein Kurhaus errichtet und die Anlagen mehrmals erweitert. Nach wiederholten Streitigkeiten zwischen den Parteien wurde mit Vertrag vom 6.11.1986 eine neue Regelung getroffen, wonach die Antragstellerin an die Antragsgegnerin die Therme I und deren Einrichtungen verpachtet.
In dem Vertrag (§ 15) ist folgendes vereinbart:
(1) Für Streitigkeiten, die sich aus dem Vertrag ergeben, ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ausgeschlossen.
(2) Die Entscheidung über Rechtsstreitigkeiten aus diesem Vertrag erfolgt durch ein Schiedsgericht nach näherer Maßgabe des beiliegenden Schiedsvertrages, der wesentlicher Bestandteil dieses Vertrages ist.
Der zugleich abgeschlossene Schiedsvertrag enthält zum Verfahren des Schiedsgerichts folgende Regelung (§ 3 Abs. 1):
Das Schiedsgericht kann nur aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden. Es soll eine gütliche Beilegung des Streitfalles erstreben. Es ist befugt, rechtsgestaltende Regelungen festzusetzen, wenn dies zur sachgerechten Entscheidung des Streitfalles geboten ist.
Am 17.11.1986 traf die Antragsgegnerin in Absprache mit der Antragstellerin eine Vereinbarung mit den Erben (im Folgenden: V.) eines ehemaligen Gesellschafters der Antragstellerin, denen 40% aus der Schüttung der Therme I zustehen. Hiernach verpflichtete sich die Antragsgegnerin, V. ein Entgelt für die Nutzung des Wassers zu entrichten.
Anfang 2008 ersuchte die Antragsgegnerin die Antragstellerin, die Erben V. sowie die Familie O. wegen beabsichtigter Investitionen um eine Verringerung der Pacht. Familie O. und V. lehnten dies ab. Die Antragstellerin wäre zwar zu einer Reduzierung der Pacht bereit gewesen, man konnte sich aber auf die Modalitäten nicht einigen. Die Antragsgegnerin berief sich nun darauf, dass der Pachtvertrag vom 6.11.1986 infolge eines Formmangels nicht bis 31.12.2031 fest abgeschlossen sei, sondern auf unbestimmte Zeit laufe und jederzeit gekündigt werden könne.
Im Dezember 2010 erhob die Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin Schiedsklage und begehrte festzustellen, dass das Pachtverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ist.
Die von den beiden Parteien benannten Schiedsrichter verständigten sich auf die Richterin Dr. K. als Obfrau.
Das Schiedsgericht am Schiedsort Wolfratshausen traf am 20.12.2012, nachdem mehrere Vergleichsbemühungen gescheitert waren, folgende Verfügung (A6):
1. Termin zur mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf …
2. Das Schiedsgericht könnte sich vorstellen, dass eine auf Dauer befriedigende Lösung zu erreichen wäre, wenn die Familie O. und die Rechtsnachfolger nach Familie V. in die Verhandlungen mit einbezogen werden. In der Verhandlung am 9.1.2013 bietet das Schiedsgericht die Plattform für derartige Gespräche. Voraussetzung dieser Gespräche ist die Teilnahme aller vier Beteiligten (Klägerin, Beklagte, Rechtnachfolger V., Familie O. – jeweils ein Verhandlungsbevollmächtigter ist ausreichend) an diesem Termin. Die Parteien des Verfahrens werden gebeten, insoweit Kontakt zu den Familien O. und Z. aufzunehmen. Sollte Interesse an einem solchen Gespräch bestehen, ist das Schiedsgericht in Falle der Verhinderung eines Beteiligten gerne bereit, eine neue Terminabsprache zu treffen. Das Schiedsgericht bittet um Äußerung bis spätestens 4.1.2013. Andernfalls wird am 9.1.2013 ein Schiedsspruch verkündet werden. In diesem Fall genügt die Anwesenheit der anwaltlichen Vertreter.
3. Das Schiedsgericht geht davon aus, dass der angeforderte Vorschuss vollständig bis spätestens 4.1.2013 eingegangen ist.
2. Mit Schriftsatz vom 3.1.2013 lehnte die Antragstellerin die Obfrau des Schiedsgerichts wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Ihr Verfahrensbevollmächtigter begründete dies u.a. folgendermaßen:
Schließlich ist hier von Relevanz, dass die Klägerin und Herr Bürgermeister A. B. – wie gehabt – bereits vor dem 24.12.2012 über die Absichten des Schiedsgerichtes informiert waren und in Bad F. verlautbarten, dass das Schiedsgericht im Termin vom 9.1.2013 einen Schiedsspruch verkünden würde, wenn nicht neuerliche Vergleichsverhandlungen stattfinden und zum Ergebnis führen würden. … Ich habe den Zweck des Termins vom 9.1.2013 dann erst am 27.12.2012 mit Zugang des Schreibens vom 21.12.2012 nebst Beschluss vom 20.12.2012 erfahren. Die Gegenseite kannte ihn aber bereits vor Weihnachten (siehe oben)! Der Unterfertigte hatte schon mit Schriftsatz vom 31.10.2012 … für die Beklagte beklagt, dass Herr Bürgermeister B. sich regelmäßig über die Absichten des Schiedsgerichts informiert gezeigt hatte, die der Beklagten bis dahin unbekannt waren, was denknotwendig voraussetzte, dass er solche Informationen auch tatsächlich erhalten hatte. …
Die abgelehnte Richterin gab am 9.1.2013 zu dem Gesuch folgende Stellungnahme ab:
1. Es besteht kein Anlass, von meinem Amt als Vorsitzende des Schiedsgerichts zurückzutreten.
2. Der Beschluss vom 20.12.2012 war das Ergebnis einer mehrstündigen Beratung des gesamten Schiedsgerichts. Er wurde in Anwesenheit aller Schiedsrichter gemeinsam verfasst und am nächsten Tag durch Verfügung der Vorsitzenden an die Parteien versandt.
3. Mit Herrn Bürgermeister B. (= Vertreter der Antragsgegnerin) hatte ich zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 9.5.2012 Kontakt.
Unter dem 10.1.2013 hat die Antragstellerin die Obfrau des Schiedsgerichts erneut abgelehnt, weil deren Stellungnahme vom 9.1.2013 in Ziffer 3 nicht der Wahrheit entspreche. Tatsächlich habe noch nach der Sitzung vom 9.5.2012 Kontakt zu Bürgermeister B. bestanden. Zur Erklärung dazu führte die Vorsitzende in ihrer weiteren Stellungnahme vom 15.1.2013 aus:
Meine Stellungnahme vom 9.1.2013 bezog sich ausschließlich auf die in dem Befangenheitsantrag der Schiedsbeklagten vom 3.1.2013 gegen meine Unparteilichkeit erhobenen Vorwürfe, insbesondere, ich hätte mit der Schiedsklägerin oder deren Vertreter der Schiedsbeklagten nicht bekannte Gespräche geführt. Derartige Gespräche fanden nicht statt.
Das Schiedsgericht wies mit Beschluss vom 6.2.2013 den Ablehnungsantrag zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus:
7. … Die Äußerung der Vorsitzenden, mit Herrn Bürgermeister B. seit dem Termin vom 9.5.2012 keinen Kontakt mehr gehabt zu haben, bezog sich auf den Vorwurf der Schiedsbeklagten, die Schiedsklägerin vorab und einseitig über Fortgang und Ausgang des Verfahrens informiert zu haben. Sich in der dienstlichen Stellungnahme zu dem der Schiedsbeklagten bekannten Kontakt am 25.6.2012 zu verhalten, hatte die Vorsitzende keinen Anlass. Dieser Kontakt betraf die – wie der Schiedsbeklagten bekannt ist - seinerzeitigen Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien, insbesondere den Wunsch der Schiedsbeklagten, Personalunterlagen zu erhalten, für deren Übersendung sich die Vorsitzende verwenden wollte. Dieses Gespräch wurde somit im Interesse der Schiedsbeklagten geführt und wurde von der Vorsitzenden – selbstverständlich – niemals geleugnet. Im Gegenteil findet sich in den Akten der Vorsitzenden über dieses Gespräch ein Aktenvermerk. …
3. Die Antragstellerin hat am 27.2.2013 gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung beantragt und zur Begründung u.a. vorgebracht:
a) Bereits mit der Bestimmung des Streitwerts und der Kostenanforderung für die Schiedsrichter habe das Gericht unterstellt, dass ein Vergleich geschlossen werde. Die Verhandlungen vor dem Schiedsgericht hätten sich auch immer um einen möglichen Vergleich gedreht. Die Obfrau habe im ersten Termin am 2.3.2011 – ohne die Beisitzer – getrennte Vergleichsgespräche mit den Parteien geführt, allerdings ohne Ergebnis. Im Termin vom 5.5.2011 habe die Obfrau aufgrund von Zahlen, die die Antragsgegnerin vorgegeben habe, anhand eines Schaubildes einen Vergleichsvorschlag entwickelt, den die Antragstellerin jedoch abgelehnt habe. Daraufhin habe die Obfrau ein Gespräch mit deren Geschäftsführer ohne Beteiligung des Anwalts führen wollen, was ebenso abgelehnt worden sei. Um das Verfahren nicht schon in diesem Stadium zu belasten, habe die Antragstellerin seinerzeit auf einen Befangenheitsantrag verzichtet.
b) Mit Beschluss vom 5.7.2011 habe das Schiedsgericht die Anhörung von Zeugen angeordnet und die Antragsgegnerin aufgefordert, zu diesem Termin O. und V. „zum Zwecke der Abklärung einer gütlichen Erledigungsmöglichkeit zu stellen“. Sie sei hierzu nicht befragt worden und habe sich dem widersetzt; u.a. deswegen, weil gegen den Grundsatz der Vertraulichkeit verstoßen werde. Bei einer Öffnung des Verfahrens für Dritte sei nämlich die Zustimmung beider Parteien erforderlich. Der Beschluss sei stillschweigend nicht ausgeführt worden.
c) Das Gericht habe mit Verfügung vom 22.8.2011 den Parteien einen neuen Vergleichsvorschlag unterbreitet, auf den diese sich aber nicht hätten einigen können. Ähnliches habe sich im Termin vom 9.5.2012 wiederholt.
d) Mit Beschluss vom 15.10.2012 habe das Schiedsgericht bei den Parteien angefragt, ob Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren bestehe, was bejaht worden sei. Am 30.11.2012 habe das Schiedsgericht einen neuerlichen Verhandlungstermin für den 9.1.2013 angekündigt. Mit Beschluss vom 20.12.2012, der Antragstellerin zugegangen am 27.12.2012, habe das Schiedsgericht den Termin bestimmt und gleichzeitig angeregt, weitere an der Therme Beteiligte zu dem Termin mitzubringen. Andernfalls werde das Gericht einen Schiedsspruch verkünden. Aus dieser Anordnung ergebe sich, dass die Obfrau nicht bereit sei, die für das Schiedsverfahren erforderliche Vertraulichkeit zu beachten, und nicht mehr unparteilich entscheiden könne. Es ergebe sich der Verdacht, dass die Vorsitzende hierbei auch eigene Interessen verfolge, nämlich die bei einem Vergleichsabschluss fällige höhere Vergütung zu erzielen.
Der Antragstellerin sei auch bekannt geworden, dass der Vertreter der Antragsgegnerin von diesem Beschluss bereits während der Weihnachtsfeiertage Kenntnis gehabt habe, so dass wieder einmal jene zuvor in Kenntnis gesetzt worden sei.
e) Die Obfrau habe in Ziffer 3 ihrer Stellungnahme vom 9.1.2013 eine nachweislich falsche Erklärung abgegeben. Sie habe nämlich noch im Juni 2012 mit Bürgermeister B. telefoniert, was sie auch in einem damaligen Telefongespräch gegenüber den Verfahrensbevollmäch-tigten der Antragstellerin erwähnt habe. Warum die Obfrau diese Rücksprache in Abrede gestellt habe, sei nicht nachvollziehbar. Es nähre aber die Furcht, dass sie nicht unvoreingenommen handle.
4. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten und hat – soweit für die Entscheidung relevant – ausgeführt:
a) Wie sich aus dem Schiedsvertrag ergebe, sei es Aufgabe des Schiedsgerichts, auf eine gütliche Einigung des Streitfalls hinzuwirken. Da die Beendigung des Pachtvertrags auch unmittelbare Auswirkungen auf Dritte habe, sei es doch sinnvoll, eine Einigung unter Hinzuziehung nicht am Verfahren Beteiligter anzustreben. Eine Voreingenommenheit lasse sich daraus nicht ableiten. Ebenso wenig lasse sich aus dem Beschluss vom 20.12.2012 die Drohung mit einem Schiedsspruch herleiten. Vielmehr sei nicht verwunderlich, dass das Schiedsgericht im Hinblick auf den Schiedsvertrag versucht habe, sämtliche Möglichkeiten einer gütlichen Streitbeilegung auszuloten.
b) Die Stellungnahme der Obfrau vom 9.1.2013 gebe keine Zweifel an deren Unvoreingenommenheit. Diese habe nur klarstellen wollen, dass der Vorwurf, die Antragsgegnerin sei vor der Antragstellerin von dem Beschluss vom 20.12.2012 informiert worden, unzutreffend sei. Dass die in Ziffer 3 abgegebene Erklärung zu den tatsächlichen Gegebenheiten nicht passe, stelle die Unparteilichkeit nicht infrage. Denn es sei bei der Erklärung nur darum gegangen, die Vorhaltungen der Antragstellerin, die Gegenseite sei bereits vor dem 24.12.2012 über die Absichten des Schiedsgerichts informiert gewesen, zu entkräften. In dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 3.1.2013 seien andere angebliche Kontakte zwischen der Obfrau und der Antragsgegnerin nicht thematisiert, so dass sich diese in ihrer Stellungnahme ersichtlich ausschließlich mit dem letzten behaupteten Kontakt habe auseinandersetzen müssen. Der unbefangene Beobachter lese hieraus, dass sie habe mitteilen wollen, keineswegs im Zusammenhang mit dem Beschluss vom 20.12.2012 Kontakt mit dem Vertreter der Antragsgegnerin gehabt zu haben, sondern dass der letzte Kontakt schon sehr lange zurückliege. Es komme in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der letzte Kontakt tatsächlich in der Sitzung vom 9.5.2012 stattgefunden habe, oder kurz vor dem 25.6.2012. Überdies habe die Antragstellerin davon Kenntnis gehabt; es könne keine Rede davon sein, dass die Obfrau einen Kontakt zur Gegenseite vorsätzlich verschwiegen habe.
5. Der Senat hat der abgelehnten Schiedsrichterin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Diese hat mit Schreiben vom 11.3.2013 ergänzend zu ihren Äußerungen vom 9. und 15.1.2013 u.a. ausgeführt, es sei nach dem Schiedsvertrag ihre Aufgabe, stets auf eine gütliche Beilegung hinzuwirken. Vorschuss für eine Einigungsgebühr sei weder angefordert noch bezahlt worden. Die erwähnten Verfügungen und Beschlüsse seien sämtlich das Ergebnis von Beratungen des gesamten Schiedsgerichts.
6. Das Schiedsgericht erließ am 10.4.2013 einen abschließenden Schiedsspruch. Mit ihm wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien aufgrund Pachtvertrags vom 6.11.1986 bestehende Pachtverhältnis als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gilt. Die Antragstellerin – Schiedsbeklagte – hat am 15.5.2013 beim Oberlandesgericht München beantragt, den Schiedsspruch aufzuheben (Az. 34 Sch 7/13). Hierüber ist noch nicht entschieden.
Aus den Gründen:
Das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin, über das der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (vgl. § 1063 Abs. 1 i. V. m. § 128 Abs. 4 ZPO), hat Erfolg.
1. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts München ergibt sich aus § 1025 Abs. 1, § 1037, § 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1043 Abs. 1 ZPO – Wolfratshausen) liegt im Bezirk dieses Gerichts. Die Parteien haben zwar, was vorrangig zu berücksichtigen wäre, noch unter dem früheren (vor dem 1.1.1998 geltenden) Rechtszustand als zuständiges Gericht das Landgericht Passau bezeichnet. Indessen ist die Eingangszuständigkeit der Oberlandesgerichte nach § 1062 (Abs. 1 bis 3) ZPO derogationsfest (Senat vom 21.11.2011, 34 SchH 11/11; Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. § 1062 Rn. 1).
2. Die formellen Voraussetzungen für den Antrag auf gerichtliche Entscheidung über die Ablehnung der Vorsitzenden sind erfüllt. Der Schiedsvertrag enthält hierfür keine speziellen Regelungen, sondern verweist in § 6 auf §§ 1025 ff. ZPO. Die abgelehnte Obfrau ist nicht zurückgetreten. Mit Beschluss vom 6.2.2013 hat das Schiedsgericht über die Ablehnungsgesuche entschieden (vgl. § 1037 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist form- und fristgerecht gestellt worden (§ 1037 Abs. 3 Satz 1 ZPO), die Antragstellerin mithin auch nicht präkludiert.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nicht deshalb unzulässig, weil das Schiedsgericht am 10.4.2013 einen Schiedsspruch in der Hauptsache getroffen hat, dessen Aufhebung beantragt ist (vgl. Az. 34 Sch 7/13). Denn es steht damit keineswegs fest, dass mit dem Schiedsspruch das Verfahren in jeder Hinsicht bereits beendet ist (vgl. § 1056 Abs. 1, 3 ZPO i. V. m. § 1057 Abs. 2, § 1058 ZPO). Aufgrund des Aufhebungsantrages ist es überdies nicht ausgeschlossen, dass das Schiedsgericht erneut mit der Sache befasst werden kann (vgl. § 1059 Abs. 4 ZPO). Dann aber besteht das Amt der Schiedsrichter ohne Neubestellung fort (vgl. Zöller/Geimer § 1059 Rn. 88; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. Rn. 2391). Ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin an der begehrten Feststellung ist daher über den abschließenden Schiedsspruch hinaus vorhanden und das Ablehnungsverfahren ist fortzusetzen (siehe BGHZ 40, 342; OLG Frankfurt SchiedsVZ 2008, 96 = RKS A 2 Nr. 48; Hk-ZPO/Saenger 5. Aufl. § 1037 Rn. 6).
Nach einem Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofs vom 19.9.2013 (MDR 2013, 1362 = RKS A 1 Nr. 228) kann das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Zwischenentscheid (§ 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO) entfallen, wenn vor der Entscheidung des staatlichen Gerichts ein Schiedsspruch in der Hauptsache erlassen wird. Dafür sprechen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs besonders auch verfahrensökonomische Überlegungen (siehe Rz. 11). Anders als bei einer Entscheidung über einen Zwischenentscheid ist bei einem Antrag auf Ablehnung eines Schiedsrichters gesetzlich aber bereits nicht sichergestellt, dass für beide Entscheidungen dasselbe Gericht zuständig ist. Denn nach § 1025 Abs. 3 ZPO kann, wenn das Ablehnungsgesuch bereits vor Bestimmung des Orts des schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt wird, das für den Befangenheitsantrag örtlich zuständige Oberlandesgericht ein anderes sein als das für die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung bzw. die Aufhebung des Schiedsspruchs. Schon deshalb spricht vieles für die auch nach neuem Recht fortbestehende Unabhängigkeit beider Verfahren. Dass das Schiedsgericht gemäß § 1037 Abs. 3 Satz 2 ZPO einschließlich des abgelehnten Schiedsrichters das Verfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch erlassen kann, beschreibt deshalb auch nicht den Regelfall (siehe MüKo/Münch ZPO 4. Aufl. § 1037 Rn. 26 bei Fn. 65), sondern will diesem ein Mittel gegen Verfahrenssabotage an die Hand geben. Bei einer Entscheidung über die Aufhebung des Schiedsspruches muss zudem nicht stets über die Frage der Befangenheit eines Schiedsrichters mitentschieden werden. Denn wenn andere Gründe vorliegen, die die Aufhebung des Schiedsspruchs rechtfertigen, muss nicht zwangsläufig auch die Befangenheitsfrage einer Klärung zugeführt werden. Dies kann ein neuerliches Schiedsverfahren zur Folge haben, ohne dass über die zuvor bereits gerichtlich anhängig gemachte Frage, ob das Schiedsgericht zuständig ist, entschieden worden wäre. Hinzu kommt der Gesichtspunkt, dass – anders als in den Verfahren nach § 1040 ZPO sowie § 1059, §§ 1060 ff. ZPO (siehe § 1062 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 ZPO) – im Ablehnungsverfahren (§ 1037 ZPO) die Rechtsbeschwerde nicht stattfindet (§ 1065 Abs. 1 ZPO; siehe auch OLG Frankfurt SchiedsVZ 2008, 96/99 = RKS A 2 Nr. 48).          
Soweit das Oberlandesgericht Stuttgart (SchiedsVZ 2003, 84/87) über die Ablehnung zugleich im Rahmen eines Aufhebungsverfahrens entschieden hat, lag dem zugrunde, dass das Befangenheitsgesuch erst nach Verkündung des Schiedsspruchs angebracht wurde. Das Oberlandesgericht Dresden hatte sich im Beschluss vom 26.7.2012 (3 SchH 04/12 = SchiedsVZ 2012 Heft 5 VI) mit einer Fallgestaltung zu befassen, dass der gerichtliche Antrag nach § 1037 Abs. 3 ZPO zugleich mit dem Aufhebungsantrag gestellt wurde, nachdem die schiedsgerichtliche Entscheidung nach § 1037 Abs. 2 ZPO zugleich mit dem Schiedsspruch getroffen worden war. Insoweit ist das Gericht von fehlendem Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Ablehnungsverfahrens ausgegangen. Mit diesen Verfahrenssituationen ist die vorliegende nicht vergleichbar, in der das Verfahren nach § 1037 Abs. 2 Satz 2 ZPO durchlaufen und der gerichtliche Antrag nach § 1037 Abs. 3 Satz 1 ZPO geraume Zeit vor Erlass des Schiedsspruchs gestellt worden war.
3. Das Ablehnungsgesuch ist in der Sache begründet.
Die Antragstellerin hat Gründe dargelegt, die geeignet sind, berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit der Schiedsrichterin aufkommen zu lassen (§ 1036 Abs. 2 ZPO). Für die Beurteilung gelten trotz unterschiedlicher gesetzlicher Fassung im Wesentlichen die gleichen Maßstäbe wie für die Befangenheit eines staatlichen Richters (vgl. § 42 Abs. 2 ZPO; KG SchiedsVZ 2010, 225 = RKS A 2 Nr. 58; OLG Frankfurt SchiedsVZ 2008, 96/99 = RKS A 2 Nr. 48; MüKo/Münch ZPO § 1036 Rn. 30; Hk-ZPO/Saenger § 1036 Rn. 7 ff.).
a) Der Schiedsrichter ist dementsprechend verpflichtet, die für jeden Richter geltenden Gebote, insbesondere der Neutralität, Objektivität und der Wahrung der Ausübung der Parteirechte, zu beachten. Dabei rechtfertigen allerdings nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Schiedsrichter stehe dem Schiedsverfahren nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber, eine Ablehnung, wobei es nicht darauf ankommt, dass der Schiedsrichter tatsächlich befangen ist (siehe Zöller/Vollkommer § 42 Rn. 9). Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden berechtigen hingegen nicht zur Ablehnung (KG SchiedsVZ 2010, 225 = RKS A 2 Nr. 59).
b) Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien hat die Antragstellerin noch ausreichende Umstände vorgetragen, die auch nach Meinung einer „ruhig und vernünftig denkenden Partei“ Anlass zu einem subjektiven Misstrauen geben.
(1) Objektiv unzutreffend ist die Tatsachenmitteilung der Vorsitzenden in ihrer Stellungnahme vom 9.1.2013, sie habe zuletzt im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 9.5.2012 Kontakt zu dem Vertreter der Klägerin gehabt. Tatsächlich hatte die Richterin noch später, nämlich um den 25.6.2012, wie ausdrücklich in einem zeitnahen Telefonat mit dem Antragstellervertreter offengelegt wurde, unmittelbaren Kontakt mit dem Vertreter der Schiedsklägerin. Dies wird von keiner Seite in Abrede gestellt. Auch die Schiedsrichterin selbst hat in ihrer Stellungnahme vom 15.1.2013 ihre Erklärung vom 9.1.2013 dahingehend eingeschränkt, dass diese sich ausschließlich auf die Vorwürfe in dem Antrag vom 3.1.2013 bezogen hätte; sie habe keine der Schiedsbeklagten nicht bekannten Gespräche mit der Klägerseite geführt.
(2) Auch wenn man die Erklärung vor dem Hintergrund des Ablehnungsgesuchs (S. 3 letzter Absatz: „Schließlich ist hier von Relevanz, …“) würdigt, kann sie nicht als belangloser Irrtum verstanden werden, der keinen Grund zur Annahme der Voreingenommenheit böte (vgl. OLG Naumburg SchiedsVZ 2003, 134/138). Im Mittelpunkt standen zwar Kontakte der Vorsitzenden im Zusammenhang mit der von der Antragstellerin vermuteten vorzeitigen Information der Gegenseite über den Inhalt des Beschlusses vom 20.12.2012. Darum ging es jedoch nicht allein. Vielmehr berief sich die Antragstellerin in ihrem Gesuch ausdrücklich auch auf einen vorangegangenen – vom Schiedsgericht unbeantwortet gebliebenen – Schriftsatz vom 31.10.2012 („vgl. dort S. 1/2“). An der bezeichneten Stelle wurde aus bekannt gewordenen Äußerungen von Vertretern der Gegenseite – jedenfalls in umschriebener Form:
Die Beklagte und der Unterfertigte können und wollen sich nicht vorstellen, dass das Schiedsgericht oder Mitglieder des Schiedsgerichts gegenüber der Klägerin und/oder ihrem Protagonisten Äußerungen getätigt haben, die die zitierten Annahmen rechtfertigen
– der Verdacht geäußert, das Schiedsgericht behandle die Parteien im Informationsfluss ungleich, nämlich die Klägerseite bevorzugt, weil in gerichtlichen Verhandlungsterminen derartige Äußerungen wie die von der Gegenseite zum voraussichtlichen Verfahrensausgang in Umlauf gebrachten nicht gefallen seien. Insoweit umfasste die Stellungnahme aus Sicht der Partei einen ersichtlich weiter gefassten Rahmen als nur den Zeitraum zwischen Erlass und Bekanntgabe des Beschlusses vom 20.12.2012 und war auch nicht auf solche nach dem 9.5.2012 beschränkt, die der Antragstellerin unbekannt sein mussten.
(3) Unzulängliche Stellungnahmen eines Richters zum Ablehnungsgesuch können ebenso wie unsachliche Stellungnahmen die Besorgnis der Befangenheit begründen (OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 858; Zöller/Vollkommer § 42 Rn. 24 m.w.N.). Dazu zählen auch objektiv unrichtige Darstellungen, die den Schluss zulassen, der Richter arbeite nicht mit der nötigen Sorgfalt (vgl. OLG Frankfurt MDR 1978, 409; siehe auch OLG Köln OLGZ 1994, 210/213). Dabei spielt es keine Rolle, dass der Antragstellerin der weitere Kontakt mit Bürgermeister B. im Juni 2012 bekannt war. Denn das subjektive Misstrauen einer Partei genügt, wenn der Ablehnende Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Schiedsrichter ihm gegenüber eine Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit und seine Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann (BGH BeckRS 2012, 19562). Dafür genügen Umstände, die geeignet sind, der Partei Anlass zu begründeten Zweifeln zu geben, weil es darum geht, bereits den bösen Schein einer fehlenden Unvoreingenommenheit oder Objektivität zu vermeiden (BGH BeckRS 2012, 19562). Derartige Umstände liegen hier vor. Die Antragstellerin kann bei besonnener und vernünftiger Würdigung der Sachlage die Befürchtung hegen, dass die Obfrau des Schiedsgerichts, die ihre Stellungnahme zu einem Befangenheitsantrag derart unpräzise formuliert und einen wichtigen Kontakt – der sich noch dazu aus einem Aktenvermerk ergibt – nicht erwähnt, auch sonst unsorgfältig verfährt, dies jedenfalls im Verhältnis zur Antragstellerin. Gerade in Bezug auf das Gleichbehandlungsgebot (§ 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO) - dieses zählt zu den bedeutsamsten Prinzipien im Schiedsverfahrensrecht (MüKo/Münch § 1042 Rn. 1) - kann insoweit kein großzügiger Maßstab angelegt werden.
Auf die weiteren zur Befangenheit vorgetragenen Gründe kommt es bei dieser Sachlage nicht an.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 91 ZPO. Der Streitwert (§ 3 ZPO) entspricht dem Bruchteil (ca. 1/3) des Wertes der Hauptsache.
12.1.2014