Recht und Steuern

A 2 Nr. 66

A 2 Nr. 66 § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO – Zu kurz befristete Aufforderung zur Bestellung eines Schiedsrichters, rechtzeitige Nachholung der Bestellung
Die Aufforderung zur Bestellung eines Schiedsrichters gem. § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO ist nicht deshalb unwirksam, weil die auffordernde Schiedspartei der anderen Schiedspartei eine kürzere Frist als einen Monat gesetzt hat. Vielmehr setzt die Aufforderung die gesetzliche Monatsfrist gem. § 1035 Abs. 3 ZPO S. 3 in Lauf.
Die andere Schiedspartei kann ihren Schiedsrichter bis zur rechtskräftigen Bestellung eines Schiedsrichters durch das Gericht bestellen. Die nachträgliche Bestellung führt zur Erledigung des gerichtlichen Bestellungsverfahrens mit einer Kostenentscheidung  analog § 91a ZPO.
KG Beschl.v. 13.5.2013 – 20 SchH 14/12 – MDR 2013, 931 = RKS A 2 Nr. 66   
Der Senat hatte, nachdem die Beteiligten das Verfahren auf Bestellung eines Schiedsrichters in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, in entsprechender Anwendung des § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Danach hat i.d.R. derjenige die Kosten zu tragen, dem sie nach den allgemeinen kostenrechtlichen  Bestimmungen nach dem zu erwartenden Verfahrensausgang ohne die Erledigung aufzuerlegen gewesen wären (Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. § 91a Rd-Nr. 24, m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieses Grundsatzes waren der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Denn der Antrag auf Bestellung eines Schiedsrichters gem. § 1035 Abs. 3 ZPO wäre ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen.
Der Wirksamkeit der Aufforderung zur Schiedsrichterbestellung steht nicht entgegen, dass die ASt. der AGg. statt der in § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO lediglich eine zweiwöchige Frist bis zum 8.12.2012 gesetzt hatte. Denn läuft bei in der Aufforderung unterlassener Fristsetzung die gesetzliche Monatsfrist, ohne dass es eines Hinweises auf diese bedarf (OLG München Beschl.v. 25.4.2007 -34 SchH 10/06 Rz. 23 juris; BayObLG Beschl.v. 16.1.2002 – 4 Z SchH 9/01 Rz.10 NJW-RR 2002, 933 =RKS A 2 Nr. 28 juris), so ist es für die Wirksamkeit der Aufforderung auch unschädlich, wenn die eine Partei der anderen eine kürzere als die gesetzliche Frist setzt. In diesem Fall läuft ungeachtet der gesetzten kürzeren Frist die gesetzliche Monatsfrist (so auch Kröll SchiedsVZ 2004, 113, [116]).
Der Antrag vom 12.11. wäre ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses begründet gewesen. Denn die AGg. hatte nach Ablauf der Monatsfrist keinen Schiedsrichter bestellt. Allerdings war das Recht der AGg. auf Schiedsrichterbestellung mit der Stellung des Antrages vom 12.11. nicht auf den Senat übergegangen, so dass sie Herrn Dr. S. wirksam zum Schiedsrichter bestellt hat. Insoweit folgt der Senat der Auffassung, wonach die säumige Schiedspartei auch nach Ablauf der Frist des § 1035 Abs. 3  S. 3 ZPO und bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem Antragsverfahren nach § 1062 Abs. 1 Nr. 1, § 1063 Abs. 1 ZPO einen Schiedsrichter benennen kann. Der Senat sieht in der Regelung des § 1035 Abs. 3 S. 3 ZPO nicht die Bestimmung einer Ausschlussfrist. Vielmehr wird das Benennungsrecht der Schiedspartei erst durch den Gerichtsbeschluss surrogiert und führt die nachträgliche Benennung zur Erledigung des gerichtlichen Bestellungsverfahrens mit Kostenfolge (Münch in  MüKo ZPO Bd. 3, 3. Aufl. 2008, § 1035 Rd-Nr. 45; Martinek FS Ishikawa 2001, S. 269 [276f.]; OLG Dresden Beschl.v. 20.2.2001 – 11 SchH 2/00 = RKS A 2 Nr. 23, DIS-Datenbank). Nicht bereits durch die Fristversäumung, sondern erst durch den Gerichtsbeschluss  verliert die säumige Partei ihr Ernennungsrecht endgültig (Schwab/Walter Schiedsgerichtsbarkeit 7. Aufl. 2005 Kap.10 Rd-Nr. 21). Die Schiedsrichterbestellung kann daher bis zur gerichtlichen Bestellung nachgeholt werden (Voit in Musielak ZPO 9. Aufl. 2012 § 1035 Rd-Nr. 10; Schlosser in Stein/Jonas ZPO Bd. 9, 22. Aufl. § 1035 Rd-Nr. 4).
Nach § 1035 Abs. 3 ZPO ist der Schiedsrichter auf Antrag einer Partei durch das Gericht zu bestellen, wenn eine Partei den Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach entsprechender Aufforderung durch die andere Partei bestellt hat. Der fruchtlose Ablauf der Frist bewirkt, dass die betreibende Partei die Ernennung des Schiedsrichters der säumigen Partei durch das Gericht erwirken kann (Schwab/Walter aaO., Lachmann Schiedsgerichts-praxis , 3. Aufl. 2008 Rd-Nr. 905). Die Anordnung einer gesetzlichen Ausschlussfrist ist dem Wortlaut der Vorschrift hingegen nicht zu entnehmen, zumal die gesetzliche Monatsfrist der Disposition der Parteien unterliegt, mithin einvernehmlich verkürzt oder verlängert werden kann  (vgl. dagegen den RegE BT-Drucksache 13/5274 v. 12.7.1996 S. 40; zur einvernehmlichen Abkürzung und Verlängerung der Monatsfrist vgl. Münch aaO.). Der Sinn und Zweck des gerichtlichen Bestellungsverfahrens wird auch noch dann erfüllt, wenn die Partei der Aufforderung zur Schiedsrichterbestellung nachträglich nachkommt (wie hier OLG Naumburg Beschl.v. 19.5.2003 – 10 SchH 1/03 RKS A 2 Nr. 29 DIS-Datenbank; OLG Koblenz Beschl.v. 22.10.2001 2 SchH 1/01 Rz. 10, juris, Voit aaO.). Zugleich wird dem erheblichen Eingriff in die privatautonome Disposition der Partei, wie ihn die ersatzweise Schiedsrichterbestellung durch das Gericht darstellt und für den nach der Benennung eines Schiedsrichters durch die Vertragspartei kein Anlass mehr besteht, vermieden (Martinek,Voit aaO.,OLG Koblenz 22.10.2001 aaO.). Denn die Einschaltung des Gerichts soll der Förderung des Verfahrens und nicht der Ahndung der säumigen Partei dienen (Lachmann aaO. Rd-Nr. 905). Darüber hinaus ist auch die Kostentragungspflicht für das gerichtlich eingeleitete Verfahren geeignet, einer möglichen Verzögerungs- und Blockadetaktik der säumigen Partei vorzubeugen und zur Rechtsklarheit und Rechtssicherheit  beizutragen, zumal die Gründe für eine Fristversäumung vielschichtig sein können und nicht gleichsam automatisch auf eine Verzögerungs- und Blockadetaktik  der säumigen Partei schließen lassen müssen. Auch die Gefahr, dass die säumige Partei einen ungeeigneten Schiedsrichter bestellt, folgt aus der Tatsache der Säumnis mit der Schiedsrichterbestellung nicht automatisch (zur Gegenansicht BayObLG Beschl.v. 16.1.2002 -4 Z SchH 9/01 Rz. 11f., NJW-RR 2002, 933 = RKS A 2 Nr. 28 = juris; OLG Koblenz Beschl.v. 20.2.2003 – 2 SchH 1/03  DIS-Datenbank; OLG Köln Beschl.v. 9.12.2002 -9 Sch 17/02, DIS-Datenbank; OLG München Beschl.v.26.4.2006 – 34 SchH 4/06 RKS A 2 Nr. 40 DIS-Datenbank; Hartmann in B/L/A/H ZPO 71. Aufl. 2013 § 1035 Rd-Nr. 9; Reichold in Thomas/Putzo ZPO 33. Aufl. 2012 § 1035 Rd-Nr. 8; Kröll SchiedsVZ 2004, 113, [116] und 2006, 203 [207]).  Die hier vertretene Ansicht, wonach die säumige Partei die Schiedsrichterbenennung bis zur Entscheidung des Gerichts nachholen kann, bietet auch den Vorteil, dass keine Notwendigkeit besteht, den staatlichen Eingriff in die Privatautonomie der säumigen Partei dadurch abzumildern bzw. zu kompensieren, dass das Gericht dazu angehalten wird, den von der AGg. nachträglich benannten Schiedsrichter zu bestellen (Münch aaO.).
22.8.2013